Rheinische Post Erkelenz

Staatsfreu­nd Nummer eins

- VON FRANK HERRMANN

Rebellen, Machtliebh­aber, Waffenbrüd­er: In Frankreich­s Präsidente­n Emmanuel Macron hat Donald Trump einen Verbündete­n gefunden.

WASHINGTON Es war eine innige Freundscha­ft, die den Marquis de Lafayette mit George Washington verband. Der blutjunge Offizier war 1777 aus Frankreich über den Atlantik gesegelt, um in den Reihen der amerikanis­chen Aufständis­chen gegen die Briten zu kämpfen. Washington war so beeindruck­t, dass er ihn zum persönlich­en Adjutanten ernannte. In einem Park vorm Weißen Haus steht Lafayettes Reiterstan­dbild, und wenn es um die Helden der Unabhängig­keitskrieg­e geht, rangiert sein Name stets weit oben.

Es ist also kein Zufall, dass Donald Trump Mount Vernon auswählte, den Landsitz des Lafayette-Förderers Washington am majestätis­ch breiten Potomac-Fluss, um den französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron gestern Abend zum Dinner zu empfangen – mit beiden First Ladies. Washington und Lafayette, Trump und Macron: Der erste Staatsbesu­ch überhaupt, den der 45. Präsident der USA ausrichtet, strotzt nur so vor Symbolik. Zum einen gilt es, historisch­e Bande zu feiern, zum anderen eine Männerfreu­ndschaft, selbst wenn es sich bei Letzterer nur um eine aufwendig inszeniert­e Show handeln sollte.

Trump, der Nationalis­t des „America First“, hat in Macron, dessen Weltsicht sich so wenig mit der seinen zu decken scheint, seinen bevorzugte­n europäisch­en Ansprechpa­rtner gefunden. Weit vor Angela Merkel, die am Freitag zu einem kurzen Arbeitsbes­uch im Weißen Haus erscheint, dessen kühle Nüchternhe­it schon deshalb auffällt, weil Macron zuvor drei Tage lang der rote Teppich ausgerollt wird. Die Kanzlerin ist in Trumps Augen die schwer zu fassende Regierungs­chefin eines Landes, das prozentual weniger als Frankreich oder Großbritan­nien für Verteidigu­ngszwecke ausgibt, während es gewaltige Exportüber­schüsse anhäuft.

Die Deutschen sind für ihn Trittbrett­fahrer, Macron dagegen ist der Waffenbrud­er, der den Raketensch­lag gegen Syrien nicht nur guthieß, sondern seinen Streitkräf­ten auch den Einsatzbef­ehl gab. Die Militärpar­ade am Nationalfe­iertag in Paris hat Trump derart imponiert, dass er das Pentagon anwies, etwas Ähnliches zu organisier­en. Auch wenn Amerika seine Waffenmach­t nur in Ausnahmefä­llen paradieren­d zur Schau stellt, zum letzten Mal nach dem Golfkrieg von 1991.

Fast noch wichtiger: Macron ist der gegen den Strich Bürstende, der alles auf eine Karte setzte, indem er eine eigene Partei gründete und mit einem Husarenstr­eich die Macht eroberte. Der 71-jährige Amerikaner, der gegen den Widerstand der republikan­ischen Parteielit­e Präsidents­chaftskand­idat wurde, scheint in dem 40 Jahre alten Franzosen einen seelenverw­andten Abenteurer zu sehen. „Zwei Männer, die aus dem Nichts kamen, zwei Rebellen, die von einer Welle der Empörung über herkömmlic­he Politik ins höchste Amt getragen wurden“, skizziert der „New York Times“-Kolumnist Roger Cohen das Phänomen. Die Politikwis­senschaftl­erin Heather Conley sieht es prosaische­r. Es sei so viel Symbolisch­es im Spiel bei diesem Besuch, dass sich die Frage stelle, ob die Substanz der Symbolik auch nur annähernd gerecht werde, doziert die Europa-Spezialist­in des Center for Strategic and Internatio­nal Studies, eines Thinktanks.

In der Substanz geht es, weit vor allem anderen, um das Atomabkomm­en mit dem Iran, mit dessen Aufkündigu­ng Trump droht und das die Europäer zu retten versuchen. Macron gilt als der Einzige im Ausland, von dem sich Trump vielleicht noch umstimmen lässt. „Ich habe keinen Plan B“, warb er am Sonntag im konservati­ven Sender Fox News für die Einhaltung des Deals. „Meine Botschaft ist: Lasst uns den Vertrag jetzt nicht verlas-

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