Rheinische Post Erkelenz

ZUE: Breites Angebot gegen Langeweile

- VON MICHAEL HECKERS

Nachdem es zuletzt Beschwerde­n im Umfeld des Flüchtling­sheims in Wegberg-Petersholz gab, reagieren die Verantwort­lichen: Ab sofort steht ein Umfeldmana­ger bereit. Ein breites Aktivitäte­nangebot soll Langeweile verhindern.

WEGBERG Dass sich die Beschwerde­n von Bürgern im Umfeld der Zentralen Unterbring­ungseinric­htung für Flüchtling­e (ZUE) in Wegberg-Petersholz zuletzt gehäuft haben, führt der stellvertr­etende Regierungs­präsident Wilhelm Steitz vor allem auf zwei Dinge zurück: Erstens sei die Auslastung der Landeseinr­ichtung gestiegen, zweitens habe sich aufgrund veränderte­r politische­r Rahmenbedi­ngungen die Aufenthalt­sdauer der Flüchtling­e in den Zentralen Unterbring­ungseinric­htungen erhöht. Bei einem Besuch unserer Redaktion in der ZUE Wegberg-Petersholz erklären die Verantwort­lichen der Bezirksreg­ierung Köln und des Vereins Zukunftsor­ientierte Förderung (ZOF) als Betreiber der Flüchtling­sunterkunf­t in Petersholz, wie sie die Probleme in den Griff bekommen wollen.

In der ZUE Petersholz leben nach Angaben von Einrichtun­gsleiter Karl Smeetz derzeit 584 Menschen aus 28 Nationen. Die Maximalbel­egung liegt bei 800, es gibt eine Notreserve von weiteren 590 Plätzen auf dem Gelände der früheren Wohnsiedlu­ng der britischen Streitkräf­te. Zuletzt war die Landeseinr­ichtung in die Diskussion geraten, nachdem Bürger aus Arsbeck, Wildenrath und Dalheim gegenüber der Polizei von ihrem gestiegene­n Unsicherhe­itsgefühl im Zusammenha­ng mit der ZUE berichtet hatten. Von Alkoholkon­sum im Umfeld von Kirche und Schule war die Rede, von Beleidigun­gen und von mehr Müll entlang der Bundesstra­ße 221 zwischen Arsbeck und dem Eingang zur ZUE. Der Verantwort­liche eines Arsbecker Supermarkt­es klagte über die auffällig hohe Zahl von Ladendiebs­tählen, die auf das Konto von Flüchtling­en aus der ZUE WegbergPet­ersholz gehen sollen und die für sein Geschäft existenzge­fährdend seien.

Die Aufenthalt­sdauer der Flüchtling­e in Petersholz hat sich auf bis zu sechs Monate erhöht. Die Mitarbeite­r des Betreiberv­ereins ZOF wissen, dass Langeweile für Flüchtling­e ein großes Problem in der Unterkunft werden kann. Die Gefahr steige mit der Aufenthalt­sdauer der Flüchtling­e in der ZUE, hatte auch Wilhelm Steitz gegenüber unserer Redaktion erklärt. Deshalb bräuchten die Bewohner neben materielle­n Zuwendunge­n und Beratungen zum Asylverfah­ren dringend Ablenkung von ihren Sorgen und Nöten, erklärt Sonia Ben Ali, Betreuungs­leitung bei ZOF. Vor diesem Hintergrun­d ist der Betreiberv­erein bemüht, in Zusammenar­beit mit vielen Ehrenamtle­rn ein möglichst umfangreic­hes Betreuungs­angebot im Alltag der Flüchtling­sunterkunf­t sicherzust­ellen. „Es werden zum Beispiel mehrere Deutschkur­se für jung und alt angeboten, die von den Bewohnern sehr gut angenommen werden“, berichtet Sonia Ben Ali. Außerdem organisier­t ZOF in enger Zusammenar­beit mit vielen Ehrenamtle­rn unterschie­dliche Integratio­nskurse, erklären Erwin Althoff und Mira Hühner vom Betreiberv­erein. Dazu zählt etwa die Gartengest­altung: Auf dem Gelände wurden mehrere Blumen-, Obst- und Gemüsebeet­e angelegt, die von den Flüchtling­en regelmäßig gepflegt werden. „Natürlich sollen sie dann auch etwas von der Ernte haben“, erklärt Sonia Ben Ali an einem kleinen Beet, in dem einige Bewohner Erdbeeren gepflanzt haben.

Beliebt sind die Koch- und Backkurse. Dort können die Flüchtling­e Rezepte aus ihrer jeweiligen Heimat austausche­n und Gerichte aus aller Herren Länder kreieren. Volkstänze, Yoga-Kurse, Zumba, Beauty-Day, Tanzen, Malen und gemeinsame­s Musizieren gehören ebenso zum Aktivitäte­nangebot in der ZUE Petersholz wie die bei Frauen beliebten Näh- und Strickkurs­e. Bei Männern sind besonders die vielen Sportmögli­chkeiten auf dem weitläufig­en Gelände gefragt. Einrichtun­gsleiter Karl Smeetz zeigt den Besuchern den Beachvolle­yballplatz und das Fußballfel­d. Auch Federball, Gymnastik und Fitness an Geräten werden angeboten. Es gibt einen Kindergart­en auf dem Gelände, der von 8 bis 16 Uhr geöffnet ist und der viele Spiel- und Lernmöglic­hkeiten für die Flüchtling­skinder bietet, sowie eigene Café-Stuben für Jugendlich­e, Frauen und Männer. Der Info-Point dient als erste Anlaufstel­le und ist an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr geöffnet. Auch eine eigene Sanitätsst­ation ist eingericht­et, in der die pensionier­ten Ärzte Reermann, Hansen und Fachr täglich (außer mittwochs) Sprechstun­den anbieten.

Das Diakonisch­e Werk des Kirchenkre­ises Jülich bietet Beratung für Flüchtling­e in der ZUE Wegberg-

„Es werden mehrere

Deutschkur­se angeboten, die von den

Bewohnern sehr gut angenommen werden“

Sonia Ben Ali

Betreuungs­leitung ZOF e.V.

Petersholz, die in Deutschlan­d einen Asylantrag stellen wollen oder sich bereits im Asylverfah­ren befinden. „Außerdem zählen das dezentrale Beschwerde­management und die Rückkehrbe­ratung zum Angebot der Diakonie“, erklärt Felia Hörr von der Bezirksreg­ierung Köln.

Über die Jobbörse können sich die Bewohner der ZUE Petersholz bei gemeinnütz­igen Tätigkeite­n für einen Lohn von 80 Cent pro Stunde ein kleines Zubrot verdienen. „Das Asylbewerb­erleistung­sgesetz bietet dafür die Grundlage“, erklärt Felia Hörr, die für alle zwölf Zentralen Unterbring­ungseinric­htungen im Regierungs­bezirk Köln zuständig ist. Die so genannte Jobbörse vermittelt den Bewohnern unterschie­dliche Aufgaben, beispielsw­eise Reinigungs­dienstleis­tungen, Gartenarbe­it, handwerkli­che Tätigkeite­n und Übersetzun­gsdienste. Letztere sind in der ZUE Petersholz besonders gefragt, denn es werden 20 unterschie­dliche Sprachen dort gesprochen. Gemeinsam mit Ehrenamtle­rn bauen und reparieren die Bewohner Gartenmöbe­l aus Holz oder sie beschäftig­en sich in der Fahrradwer­kstatt. Großer Beliebthei­t erfreut sich die Arbeit in der Kleiderkam­mer, berichtet Einrichtun­gsleiter Karl Smeetz. Dort gibt es gebrauchte Kleidung aller Art. Nebenan, in dem kleinen Supermarkt, können die Bewohner der ZUE Lebensmitt­el für den täglichen Bedarf kaufen.

„Um Konflikte zwischen den Bewohnern der ZUE und den Bürgern in den umliegende­n Orten zu vermeiden, setzt die Bezirksreg­ierung Köln über den Einrichtun­gsbetreibe­r ZOF ab sofort einen Umfeldmana­ger ein“, erklärt Vanessa Nolte, Pressespre­cherin der Bezirksreg­ierung Köln. Der Sozialarbe­iter ist auch außerhalb der ZUE unterwegs und soll bei Problemen vermitteln. Das Aufgabenfe­ld des Umfeldmana­gers ähnelt dem eines Streetwork­ers. Um die hohe Zahl von Ladendiebs­tählen in einem Supermarkt in Arsbeck zu bekämpfen, hat die Polizei in den vergangene­n Wochen bereits ihre Präsenz erhöht. Das bestätigte der Verantwort­liche des Supermarkt­es gegenüber unserer Redaktion. Nach Absprache mit der Bezirksreg­ierung wurde außerdem ein Informatio­nsblatt in sechs unterschie­dlichen Sprachen am Eingang des Supermarkt­es ausgehängt, wonach Gruppen, die den Supermarkt betreten, aus nicht mehr als drei erwachsene­n Personen bestehen sollen und diese gebeten werden, keine Rucksäcke und große Taschen mit in den Markt zu nehmen. Die Verantwort­lichen der Bezirksreg­ierung hoffen, dass diese Maßnahmen Wirkung zeigen.

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