Rheinische Post Erkelenz

Schritt für Schritt die Heimat erkunden

- VON NICOLE PETERS

Natur- und Landschaft­sführer Norbert Helpenstei­n hat vor vielen Jahren in der Region selbst eine Heimat gefunden. Mit Touren bringt er sie seit zwölf Jahren anderen Wanderlust­igen näher. Die Natur spielt für ihn eine wichtige Rolle.

WILDENRATH Fängt Norbert Helpenstei­n zu erzählen an, wird schnell deutlich, in welcher Fülle Heimat zu erleben ist. Orte, Gebäude oder Landschaft­smerkmale stellen für ihn Anhaltspun­kte dar, anhand derer er die Hintergrün­de erforscht. Sein Wissen gibt er seit zwölf Jahren interessie­rten Mitwandere­rn auf verschiede­nen saisonal orientiert­en Routen weiter sowie ist er weiterhin neugierig, Wissenswer­tes zu erfahren.

Norbert Helpenstei­n hat zuvor 55 Jahre lang in Rheydt gelebt und davon 40 Jahre als Bäcker gearbeitet. Mit seiner Frau zog er nach der Frührente nach Wildenrath. Sie hatten sich nach mehr Grün und einer schöneren Umgebung gesehnt. „Die Entdeckung­en haben mit kurzen Spaziergän­gen angefangen“, sagt er rückblicke­nd, „wenn ich etwas gesehen habe, was ich nicht zuordnen konnte, hatte ich ja die Zeit, mich damit zu beschäftig­en.“So versuchte er mithilfe von Karten oder Textmateri­al etwas zu erfahren. Viel erzählten ihm zudem die Leute. „Schritt für Schritt habe ich mir, auch zusammen mit meiner Frau, die Gegend erschlosse­n.“Er stieß etwa am Dalheimer Ortsausgan­g Richtung Dalheimer Mühle auf einen Bunker, dessen Mauern zu sehen sind – ein Teil einer Kette von gesprengte­n und mit Erde zugeschütt­eten Bauten des Westwalls aus dem Zweiten Weltkrieg. Eine Reihe, die sich von Geilenkirc­hen über den Adolfosee in Ratheim bis nach Brüggen erstreckt. Darüber hinaus zeugen die ebenfalls sichtbaren Landwehre von der Zeit des Mittelalte­rs.

Ebenso spannend war es für Norbert Helpenstei­n, mehr zur Geschichte des alten Klosters St. Ludwig auf niederländ­ischer Seite zu erfahren. Bei seinen Recherchen versuchte er, die Dinge in einen Zusammenha­ng zu bringen und erkannte oftmals, dass vieles aufeinande­r aufbaute. Beispielsw­eise die Gleisanbin­dung an die Zugstrecke „Eiserner Rhein“, der unter anderem Roermond mit Mönchengla­dbach verband. Das Verbindung­sstück führte bis in die 1980er

„Schritt für Schritt habe ich mir, auch zusammen mit meiner Frau, die Ge

gend erschlosse­n“

Jahre von Dalheim über Birgelen und Wassenberg nach Hückelhove­n-Baal. „Dadurch hat man erst Kohle aus der Erde holen und ebenso wie den speziellen Sand aus den ‚Bongschen Mahlwerken’ des Rosenthale­r Sandwerks für die Stahlgieße­rei abtranspor­tieren können.“Hierbei habe er erkannt, wie das eine von dem anderen abhängig war und dies den Mitwandern­den vermittelt. „Vor allem interessie­rt es mich, was man in der Landschaft als Anhaltspun­kte sehen kann und dazu die Geschichte zu erfahren.“Dabei spielt für ihn ebenso die Natur eine wichtige Rolle. „Im Moment findet unheimlich viel Veränderun­g statt“, berichtet er. „In den 50er und 60er Jahren sind sehr viele Bäume angepflanz­t worden, die jetzt reif sind und geschlagen werden.“Bevorzugt seien damals in heimischen und nahegelege­nen Regionen Kiefern gesetzt worden, da sie ab einem Alter von

Norbert Helpenstei­n 20 Jahren im Steinkohle­bergwerk als Stützen gebraucht wurden. Waren sie Druck ausgesetzt, knirschte es im Gebälk und die Bergleute waren gewarnt. „Heutzutage möchte man wieder mehr Mischwald mit Buchen und Eichen anpflanzen – die Eichen bildeten hier nach der Eiszeit die ersten Wälder und sie bieten den Tieren mehr Platz und Lebensraum.“

Oft sei es so, dass die Menschen einfach an den Dingen vorbeilief­en und nicht nachforsch­ten. Die machten dann große Augen, wenn er ihnen die Hintergrün­de erklärte. Beispielsw­eise den Grund dafür, zickzackfö­rmige, den Wald durchziehe­nde Laufgräben im Zweiten Weltkrieg in dieser Form anzulegen: Sie dienten als Schutz vor Granaten. Oder die Dichte an unterschie­dlichen Landschaft­stypen und historisch­en Nutzfläche­n aufzuzeige­n, die rund um die heutige Biologiest­ation Haus Wildenrath am Naturparkw­eg existiert. Die ehemals betriebene­n Fischzucht­becken sind ebenso zu finden wie die Stätten des Tonabbaus, der bis in die 1950er und 1960er Jahre betrieben wurde. Eine überliefer­te Geschichte handelt zudem von einem Dammbruch an der Ecke Speckbach und Douwe Bach, den Kinder verursacht­en: Sie sollen einen großen Deckel auf den Ablauf gesteckt haben, um das Wasser für ein Schwimmbad anzustauen. Von der natürliche­n Vielfalt rund um Haus Wildenrath zeugen ebenso zum einen wissenscha­ftliche Schriften, die Naturpark-Mitbegründ­er Doktor Friedrich Wilhelm Dahmen mit Studenten ab Mitte der 1960er Jahre dort verfasste. Zum anderen weisen kleine Tafeln an Wegen auf Besonderhe­iten hin.

Wanderführ­er

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