Mit dem Fahrrad von Klasse zu Klasse
61 Jahre nach der Schulentlassung haben sich 21 Schülerinnen und Schüler der Realschule Ratheim getroffen – in der modernen Schule und auf Haus Hohenbusch. Pastor Arnold Houf, Sohn des Gründungsschulleiters, war zu Gast.
HÜCKELHOVEN Ihre Zeit in der Realschule Ratheim lag zwischen 1951 und 1957 – präzise vom Einschulungstag am 5. April 1951 bis zur Entlassfeier am 16. März 1957. Und genau an diese sechs Jahre sollte das Klassentreffen des Gründungsjahrgangs erinnern, zu dem noch 21 der ursprünglich 98 ehemaligen Schülerinnen und Schüler, die inzwischen allesamt auf dem Weg zum 80. Lebensjahr sind, der Einladung von Gertrud Küppers und Herbert Barth gefolgt waren. Neben einem vielfach spontanen „Hallo,“oder „wie gehts“, bedurfte es nach der langen Zeit von mehr als sechs Jahrzehnten aber auch einiger Aufklärungshilfen – das äußere Erscheinungsbild war auch in die Jahre gekommen. Hilfreich in der Erkennungsfindung waren so manche originellen Gesten und Ausdrücke – spätestens bei diesen es dann meist den Erinnerungsklick machte.
Die Kinder wurden in zwei Klassen in der Burgstraße und im Jugendheim von Hanns Houf und Erich Hoppe
unterrichtet
Diesen galt es aber zunächst nicht zu vertiefen, da Sven Hagen, der aktuelle Schulleiter, bei einer zweistündigen Führung Aufmerksamkeit bekam und dabei nicht nur die moderne Realschule mit ihren Gebäuden an der Heerstraße vorstellte, sondern auch seine pädagogischen Ziele erläuterte: „Natürlich gibt es Unterschiede gegenüber damals, aber im Kern sind die Ziele immer noch die gleichen – Kinder bleiben halt immer Kinder.“Aktuell sind es 547. Besonders aufmerksa- me Zuhörer waren dabei fünf Ehemalige, die in ihrem späteren Berufsleben auch den Weg als Lehrerin oder Lehrer gegangen waren.
Interessierter und informativer Gast des Klassentreffens war auch Arnold Houf, der als Pastor in Heinsberg-Kirchhoven, Karken und Kempen sowie als Diözesanrichter beim Bischöflichen Offizialat in Aachen tätig ist. Arnold Houf vertrat quasi seinen Vater Hanns Houf aus Erkelenz, der von 1951 bis 1969 Gründungsdirektor der Realschule Ratheim war. Als Sohn war Arnold oft vom Vater mit nach Ratheim gefahren, „wobei ich dann gespürt habe, mit welch starkem Engage- ment er den Aufbau der Schule betrieben hat“. Was Anfang der 1950er Jahre schon wegen der Räumlichkeiten und des größer werdenden Interesses nicht einfach war: Von 98 auf 105 gestiegen, wurden die Kinder in zwei Klassen in der Burgstraße und im katholischen Jugendheim von Hanns Houf und Erich Hoppe unterrichtet. Im zweiten Jahr zählte man schon 200 Realschüler, 1953 stieg die Zahl der Klassen auf sechs, nun untergebracht im neuen Gebäude an der Wallstraße. Damit wurde es auch für die Lehrer etwas leichter, sah man diese bis dahin doch in den Pausen mit dem Fahrrad zwischen den verschiede- nen Klassenstandorten auf der Heerstraße, Burgstraße oder am Markt hin- und herradeln.
Die Schüler kamen nicht nur aus Ratheim, sondern aus dem weiteren Umland (Heinsberg, Erkelenz, Wegberg, Wassenberg). Die aus der Erka-Stadt fuhren meist mit dem „großen“Zug bis Baal, wo sie auf die Rundstrecke umstiegen, auf der eine „kleine“Dampflok mit offenem Tender die Waggons zum Ziel zog, Fahrgast war dann auch Schulleiter Hanns Houf. Man konnte aber auch schon mit dem Bus der Kraftverkehr Erkelenz fahren. Ob Bus oder Bahn, das war auch eine Frage des Preises, da die Monatskarte zwi- schen neun und zwölf Mark lag. Sparsamkeit war angeraten, schließlich war ja zunächst auch noch Schulgeld (monatlich 15 bis 20 Mark) zu zahlen, das dann allerdings zum Schuljahr 1958/59 abgebaut wurde. Viele Mädchen und Jungen waren grundsätzlich aufs Fahrrad angewiesen, „weil zum Beispiel noch kein Bus von Houverath nach Ratheim fuhr, das war erst ab 1956 möglich, als ein Feldweg zur Straße geteert wurde“, erinnert sich Gertrud Küppers.
Nach der Schulführung machten sich die „Alt-Realschüler“auf zum ehemaligen Kreuzherrenkloster Haus Hohenbusch, wo der Kunsthistoriker und Vorsitzende des Fördervereins Haus Hohenbusch, Frank Körfer, die Geschichte des Klosters lebendig werden ließ. Einige der unter anderem aus Berlin, Frankfurt, Darmstadt, Pforzheim, Ostfriesland oder Krefeld angereisten Ehemaligen waren derart beeindruckt, dass sie jetzt ernsthaft überlegen, Mitglied im Förderverein zu werden. Das ist wohl auch Ausdruck der Euphorie, die das gelungene Klassentreffen und der erinnerungsreiche Ausklang bis zur mitternächtlichen Stunde im Klostercafé ausgelöst haben.