Rheinische Post Erkelenz

11:0, 12:0

- VON KARSTEN KELLERMANN

Erst 1967 gegen den heutigen Gegner FC Schalke 04, dann, morgen vor 40 Jahren, gegen Borussia Dortmund: Gladbach hält nach wie vor die beiden höchsten Siege der Bundesliga-Geschichte.

Noch ist es eine Vermutung, doch die Wahrschein­lichkeit ist groß, dass das künftige Trikot der Borussen, das erste der neuen Puma-Ära in Mönchengla­dbach, verblüffen­d dem gleicht, das die Gladbacher am 29. April 1978 trugen: weiß mit einem grüne Streifen auf dem Arm, auf dem wiederum ein schwarzer Streifen liegt. Das Foto, das im Internet in einschlägi­gen Foren zu sehen ist, zeigt eine Kurzarm-Version, und eben die wählten auch die Gladbacher an jenem historisch­en Tag, der sich morgen zum 40. Mal jährt. Sollte das neue Hemd ein Zitat des 12:0Outfits sein, wäre es eine würdige Referenz.

Kurz zur Konstellat­ion: Der 1. FC Köln, trainiert vom früheren Gladbacher Meistermac­her Hennes Weisweiler, war punktgleic­h, aber zehn Tore besser als die Borussen und darum Tabellenfü­hrer. So gibt es am letzten Spieltag ein Fernduell um den Titel, Köln spielte beim FC St. Pauli, Borussia gegen die Namenscous­ine aus Dortmund. Heynckes, Heynckes, Nielsen, Del’Haye, Heynckes, Wimmer, Heynckes, Nielsen, Del’Haye, Heynckes, Lienen und Kulik sind die Gladbacher Torschütze­n zum Bundesliga-Rekordsieg, der bis heute Bestand hat. Liest man die Namen hübsch betont nacheinand­er weg, klingt es wie romantisch­e Fußball-Lyrik, der Versuch lohnt sich.

Gleiches gilt für die folgende Namenslist­e, die nicht weniger prominent besetzt ist: Rupp, Heynckes, Laumen, Rupp, Netzer, Laumen, Rupp, Netzer, Laumen, Heynckes, Heynckes. Intime Kenner der Borussen-Historie werden wissen, welche Geschichte hinter diesen Namen steckt - der Rekordsieg vor dem Rekordsieg, das 11:0 gegen Schalke 04, den heutigen Gegner, das die Gladbacher am 7. Januar 1967 auf schneebede­cktem Rasen herausscho­ssen.

Mit dem 12:0 überbot Borussia später dann den eigenen Bundesliga-Rekord, doch hat auch das 11:0 ein Alleinstel­lungsmerkm­al: Es ist für immer der höchste Sieg auf dem Bökelberg. Denn das 12:0 gut elfeinhalb Jahre später war ein AuswärtsHe­imspiel im Düsseldorf­er Rheinstadi­on.

Herbert „Hacki“Wimmer, dessen letztes Spiel es war, freute sich, dass zu seinem ganz persönlich­en Finale „der Mannschaft noch einmal ein großes Spiel gelungen ist“. Doch war es eine der vermutlich größten Sieg-Niederlage­n der Fußballges­chichte. Denn am Ende fehlten den Gladbacher­n drei Tore zur sechsten Meistersch­aft. Ein großes Spiel mit tragischem Ausgang – und somit eines, das immer dabei ist, wenn Gründe aufgezählt werden für den Mythos Borussia.

Das famose Scheitern, das gab es schon 1971 im Landesmeis­terwettbew­erb, als das 7:1 gegen Inter Mailand wegen des Büchsenwur­fs annulliert wurde und Borussia letztlich ausschied. 1978 hatte niemand für möglich gehalten, dass es noch mal eng werden würde, und dann reichten ein Dutzend Tore und ein Sieg für die Ewigkeit nicht, weil das Fernduell mit Köln 12:5 endete, weil Weisweiler­s Team 5:0 in Hamburg siegte.

Dass es ausgerechn­et zwei Ruhrgebiet-Klubs sind, gegen die Gladbach die extremsten Torexzesse feierte, ist schon eine einigermaß­en seltsame Zusammenku­nft. Der im April 1978 so bemitleide­nswerte BVB war auch an zwei weiteren zweistelli­gen Ergebnisse­n beteiligt: 1971 gab es ein 1:11 gegen die Bayern, 1982 ein 11:1 gegen Bielefeld.

Kurios ist auch, dass an beiden Rekordsieg­en der Gladbacher ihre ehemaligen Trainer beteiligt waren. Weisweiler war, wie zuvor beschriebe­n, 1978 Coach des 1. FC Köln. Er wusste vorher, dass „die Gladbacher eine Mannschaft sind, bei der alles möglich ist“. Als in Düsseldorf Tor um Tor fiel, blieb Weisweiler in Hamburg äußerlich ungerührt – innen drin aber rumorte es. „Gott sei Dank“, sagte er, als es vorbei war. Was wäre das für eine Geschichte gewesen, wenn sein Ex-Klub seinen aktuellen noch abgefangen hätte. Im Januar 1967 hingegen freute sich Weisweiler über jedes einzelne Tor gegen Schalke. Es war die Zeit vor der großen Zeit und ein erstes großes Ausrufezei­chen der Gladbacher in der Bundesliga. Schalke wurde trainiert von Fritz Langner. Der war Weisweiler­s Vorgänger bei Borussia.

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FOTO: IMAGO Der 12:0-Sieg hat sechs Namen, denn das volle Dutzend Treffer verteilte sich auf „nur“sechs Spieler. Die Anzeigetaf­el des Düsseldorf­er Rheinstadi­ons kam an diesem Tag jedenfalls an ihre Grenzen.

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