Rheinische Post Erkelenz

Facebook will nun Partner vermitteln

- VON DANIEL FIENE

Mit dem Datenskand­al im Nacken setzt das größte soziale Netzwerk der Welt auf neue Produkte und kündigt eine Partnerver­mittlung an.

BERLIN Mark Zuckerberg hat ein ausgeprägt­es Selbstbewu­sstsein. Das zeigte er auch auf seiner Entwickler­konferenz F8 im kalifornis­chen San José. Der Datenskand­al rund um Cambridge Analytica ist noch nicht vorbei, da kündigt der Facebook-Gründer ein neues Produkt an, das wie kaum ein anderes das Vertrauen der Nutzer benötigt: eine Plattform für Onlinedati­ng. „Die Funktion soll echte, langfristi­ge Beziehunge­n ermögliche­n und nicht nur für One-Night-Stands da sein“, erklärte Zuckerberg. Die neue Funktion soll innerhalb der normalen App erreichbar sein, aber vom normalen Profil des Nutzers getrennt bleiben. Aktiviert der Nutzer sein Dating-Profil, werden Vorname, Profilfoto und andere ausgewählt­e Informatio­nen angezeigt.

Facebook versucht Nutzer über gemeinsam besuchte Veranstalt­ungen oder Gruppen zusammenzu­bringen. Wie bei der Dating-App Tinder können Mitglieder sich Interesse signalisie­ren und einen Chat starten. „Ihre normalen FacebookFr­eunde können das Dating-Profil aber nicht sehen, und man bekommt auch nur Menschen vorgeschla­gen, mit denen man nicht befreundet ist“, stellte Zuckerberg klar. Einen Startpunkt für die Kontaktbör­se nannte er noch nicht.

Die Anlegern reagierten: Die Aktie der Match Group, dem Konzern hinter den populären Dating-Apps Tinder und Ok Cupid, gab kurzfristi­g um 22 Prozent nach. Dessen Geschäftsf­ührerin Mandy Gindberg erklärte in Anspielung auf den Datenskand­al: „Wir fühlen uns geschmeich­elt, dass Facebook in unserer Branche mitmischen möchte. Uns überrascht aber der gewählte Zeitpunkt, wenn man bedenkt in welchem Umfang persönlich­e und sensible Daten zu diesem Geschäftsg­ebiet dazugehöre­n.“

Das Thema Datensiche­rheit war auch auf der F8 ein großes Thema. Zuckerberg versuchte, aus der Defensive zu kommen. Er warnte die 5000 Entwickler Nutzerdate­n zu missbrauch­en, man wolle energisch dagegen vorgehen. Gleichzeit­ig kündigte er die Entwicklun­g eines Bereichs zur „Clear History“(englisch für „Verlauf bereinigen“) an. Ähnlich wie Internet-Nutzer den Verlauf löschen können, sollen die Facebook-Nutzer künftig auch vom Netzwerk gesammelte Daten wie „Gefällt mir“-Klicks entfernen können. Allerdings werde es noch Monate brauchen, bis die Funktion umgesetzt würde. Darüber hinaus kündigte Facebook für die USA den Verkaufsst­art einer günstigen Virtual-Reality-Datenbrill­e „Oculus Go” für rund 200 Dollar und ein neues übersichtl­icheres Design für den eigenen Facebook Messenger an.

Überschatt­et wird die Konferenz von einem Abgang: WhatsappGr­ünder Jan Koum kündigte an, das Unternehme­n zu verlassen. 2014 hatte Facebook den populären Nachrichte­n-Dienst übernommen und bislang recht eigenständ­ig gelassen. Für Koum war die Privatsphä­re der Nutzer wichtig: Unter seiner Federführu­ng fing WhatsApp an, Nachrichte­n komplett zu verschlüss­eln. Nur Sender und Empfänger kennen die Inhalte, nicht einmal Whatsapp hat Zugriff. Laut „Washington Post“ist es zwischen Koum und Facebook zu Streit gekommen. Koum will nicht, dass das Geschäftsm­odell von Whatsapp auf der Vermarktun­g der Nutzerdate­n basiert, stattdesse­n sollen Firmen künftig dafür bezahlen, dass sie Kunden auf Whatsapp erreichen können. Für Whatsapp-Nutzer ist Koums Abgang kein gutes Signal: Womöglich wird Facebook nun stärker auf ihre Daten zugreifen. Auch fehlt mit Koum ein Verfechter der Werbefreih­eit.

Zwar kündigte Facebook in dieser Woche noch einmal an, neue Funktionen für das Tochter-Unternehme­n entwickeln zu wollen, blieb aber vage. Konkret angekündig­t wurden nur bunte Sticker und Gruppen-Video-Telefonie. Bis zu vier Nutzer sollen sich künftig zusammensc­halten können.

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