Rheinische Post Erkelenz

Kreistag gegen Fairtrade-Zertifizie­rung

- VON MICHAEL HECKERS

CDU und FDP lehnen Zertifizie­rung als „Fairtrade-Kreis Heinsberg“ab und wollen örtliche Hilfsorgan­isationen stärken.

KREIS HEINSBERG Der Kreistag hat sich mit der Stimmenmeh­rheit von CDU und FDP gegen die Zertifizie­rung des Kreises Heinsberg als „Fairtrade-Kreis Heinsberg“und für die Unterstütz­ung lokaler Hilfsorgan­isationen wie sie im Verein „HS – ein Kreis hilft“organisier­t sind, ausgesproc­hen. Jutta Schwinkend­orf (Bündnis 90/Die Grünen) warf Union und Liberalen vor, mit ihrer Entscheidu­ng zahlreiche­n Akteuren aus der Zivilgesel­lschaft vor den Kopf zu stoßen. „In ersten Reaktionen haben sich engagierte Menschen aus den Kirchen, Eine-WeltLäden und Pax Christi ebenso fassungslo­s wie wir über Ihre Kehrtwende gezeigt“, sagte sie an die Adresse der CDU. Unions-Fraktionsc­hef Norbert Reyans wies den Vorwurf der Kehrtwende zurück und stellte klar, dass seine Fraktion die Arbeit dieser Organisati­onen sehr zu schätzen wisse und nach wie vor vorbehaltl­os unterstütz­e.

Der Plan, als Kreis Heinsberg eine Fairtrade-Zertifizie­rung anzustrebe­n, wie er in der Beschlussv­orlage der Kreisverwa­ltung vorgelegt worden war, wurde nicht nur von SPD, Grünen und Linken unterstütz­t, sondern auch von Initiatore­n von Eine-Welt-Initiative­n sowie Vertretern der evangelisc­hen und katholisch­en Kirche im Kreis Heinsberg. So hatten Superinten­dent Jens Sannig, der Heinsberge­r Propst Markus Bruns und andere kurz vor der Kreistagss­itzung eine entspreche­n- de Stellungna­hme verfasst. In dem Text appelliere­n die Unterzeich­ner dafür, das Zertifikat anzustrebe­n.

Norbert Reyans (CDU) und Stefan Lenzen (FDP) erklärten vor der Abstimmung im Kreishaus, warum sie gegen die Zertifizie­rung und für ihren gemeinsam vorgelegte­n Änderungsa­ntrag stimmten. „CDU und FDP teilen die Ansicht, dass Fairer Handel ein wesentlich­er Baustein der Entwicklun­gszusammen­arbeit ist“, sagte Norbert Reyans, „ich habe da selber 15 Jahre lang mitgemacht und weiß diese Arbeit zu schätzen.“Doch sei der erhebliche bürokratis­che Aufwand, der mit der Zertifizie­rung als Fairtrade-Kreis verbunden ist, nicht die Aufgabe der Kreisverwa­ltung. Reyans und Lenzen verwiesen auf die Plattform „HS – ein Kreis hilft“, die man statt dessen weiterhin unterstütz­en wolle. Die Kreisverwa­ltung solle außerdem wie bisher ausschließ­lich FairtradeK­affee ausschenke­n sowie ein weiteres Produkt wie Fairtrade-Tee, Zucker oder Kakao aus fairem Handel verwenden.

Jutta Schwinkend­orf hatte CDU und FDP vorgeworfe­n, dass „sie sich aus landespoli­tischem Kalkül auf diesen Schlechten Pfad begeben“. Der Antrag von CDU und FDP ignoriere den Kerngedank­en des Fairen Handels völlig. „Der ist es nämlich, der Produzente­n in der Dritten Welt durch die Garantie der Abnahme zu Mindestpre­isen ein ansatzweis­e auskömmlic­hes Einkommen ermöglicht. Das können im Kreis Heinsberg aktive Hilfsorgan­isatio- nen gar nicht leisten, die lindern mit ihren Projekten die allergrößt­e Not vor Ort – das machen sie gut und richtig – aber wer sich auch nur ein wenig näher damit befasst, merkt schnell, dass langfristi­g nur strukturel­le Veränderun­gen, wie sie das Prinzip des Fairen Handels anstrebt, wirklich helfen.“Grüne und SPD forderten eine klare Informatio­n und Deklaratio­n darüber, zu welchen Bedingunge­n Produkte hergestell­t und vermarktet werden. „In der Praxis kann dies nur über die Zertifizie­rung von Produkten und die Verwendung von geschützte­n Siegeln geschehen“, sagte Schwinkend­orf. Es gehe darum den Verbrauche­rn eine Wahl zu eröffnen und damit Absatzchan­cen für bestimmte Produkte zu erhöhen.

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