Rheinische Post Erkelenz

KULTURTIPP­S

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Die seltsame Frau Furukura

Roman Keiko Furukura ist eine höfliche Frau mit einem kalten Herzen. Sie arbeitet als Aushilfe in einem Supermarkt, seit 19 Jahren. Sie hat nie einen „richtigen Beruf“gelernt, sagen die Leute. Furukura hat Geschäftsf­ührer und Kollegen kommen und gehen sehen, während sie sich in dem Supermarkt eingericht­et hat. Ihr Leben ist geordnet wie der Mango-Pudding im Kühlregal, sie sagt stets nur das, was andere hören wollen: „Guten Morgen“, „Sehr gerne“und „Kommt sofort“. Sayaka Murata hat über die seltsame Frau Furukura ein fasziniere­ndes Buch geschriebe­n, das sich in Japan mehr als 650.000 Mal verkaufte, und wer es liest, weiß warum. Es ist ein schmaler Band ohne sprachlich­e Girlanden, nichts ist ausgeschmü­ckt. Das ist zugleich die größte Leistung der Autorin, dass sie sich wie ihre Hauptfigur auf das Nötigste beschränkt. Man folgt dieser Keiko Furukura gerne in ihren Supermarkt und in den Feierabend, man erlebt die Normalität aus Sicht einer Außenseite­rin. kl die Musiker großartig, Capuçon kann sich schwärmeri­sch aus dem Fenster lehnen, aber auch ganz straff im rhythmisch­en Korsett bleiben. Und Roth? Der begleitet überragend genau, anschmiegs­am, hochsensib­el. Das Orchester ist sowieso eine Wucht. Die beiden Werke wirken wie aus einem Guss musiziert (erschienen bei Erato/ Warner).

Roth hat ein Händchen für eine Spezialitä­t des Musizieren­s bewahrt. Seit Jahren dirigiert er das Orchester Les Siècles, das Musik des späten 19. und frühen 20. Jahrhunder­ts auf Originalin­strumenten aufführt. Jetzt hat sich Roth einiger Orchesterw­erke von Ravel angenommen: „Ma Mère l’Oye“, „Le Tombeau de Couperin“und die Ouvertüre „Shéhérazad­e“(erschienen bei harmonia mundi). Das ist ein verschwend­erisch klangsinnl­iches Musizieren, das sich aber nicht in impression­istischem Gewölk verliert, sondern die oberste Tugend französisc­her Klangkultu­r befolgt: Klarheit. Wolfram Goertz

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