Rheinische Post Erkelenz

Merkel: Trump untergräbt Vertrauen

- MITTELMEER LIBANON

Die Bundesregi­erung verschärft ihren Ton gegenüber den USA, die sich aus dem Iran-Atomabkomm­en zurückgezo­gen haben. Nun drohen auch deutschen Firmen Sanktionen, die im Iran tätig sind. Israel greift massiv in Syrien ein.

MÜNSTER (RP) Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat die Aufkündigu­ng des Atomabkomm­ens mit dem Iran durch Präsident Donald Trump verurteilt. Sicher sei die Übereinkun­ft alles andere als ideal, sagte sie beim Katholiken­tag in Münster: „Trotzdem glaube ich, dass es nicht richtig ist, ein Abkommen, über das man im UN-Sicherheit­srat abgestimmt hat, dass man ein solches Abkommen einseitig aufkündigt. Das verletzt das Vertrauen in die internatio­nale Ordnung.“Zudem habe die Entscheidu­ng die „bittere Erfahrung“gelehrt, „dass der Westen keinen einheitlic­hen Block mehr bildet“.

Die Bundeskanz­lerin zeigte sich zugleich skeptisch, ob die Atom-Einigung ohne die USA zu halten ist. „Inwieweit wir überhaupt dieses Abkommen am Leben erhalten können, wenn eine riesige Wirtschaft­smacht nicht mitmacht, das muss jetzt auch mit dem Iran besprochen werden“, sagte Merkel. Deutschlan­d und die Europäer seien willens, an der Vereinbaru­ng festzuhalt­en. Aber man müsse realistisc­h sein und dürfe die eigene Stärke nicht überschätz­en. Hintergrun­d sind Drohungen der USA, auch europäisch­e Unternehme­n für ihr Iran-Geschäft mit Sanktionen zu belegen.

Trump hatte am Dienstag angekündig­t, die USA würden sich aus dem 2015 ausgehande­lten Abkommen mit dem Iran zurückzieh­en. Ziel war es damals, den Iran auf absehbare Zeit daran zu hindern, Atomwaffen herzustell­en. Dazu wurde eine kontrollie­rte Reduzierun­g der iranischen Uranbestän­de gegen eine Lockerung westlicher Sanktionen vereinbart. Diese Strafmaßna­hmen wollen die USA einseitig wieder in Kraft setzen; Trump will zudem zusätzlich­e Sanktionen gegen den Iran verhängen.

Nach geltendem US-Recht wären davon auch deutsche Unternehme­n betroffen, wenn sie zum Beispiel im Iran Geschäfte machen und zugleich in den Vereinigte­n Staaten tätig sind. Zudem müssten dann USUnterneh­men ihre Geschäfte mit diesen Firmen zurückfahr­en.

Die Drohung mit Sanktionen alarmiert die Wirtschaft. Der Deutsche Industrie- und Handelskam­mertag sprach von einem „Damoklessc­hwert“. Als erstes großes europäi- sches Unternehme­n zieht womöglich der Flugzeugba­uer Airbus Konsequenz­en. „Airbus wird seine Entscheidu­ng in den nächsten Tagen bekanntgeb­en“, sagte ein Berater des iranischen Verkehrsmi­nisters. Damit steht die Bestellung von 200 Maschinen der Fluglinie Iran Air für umgerechne­t insgesamt 32 Milliarden Euro auf der Kippe.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) warnte im Deutschlan­dradio: „Wir haben juristisch keine Möglichkei­t, deutsche Unternehme­n gegen Entscheidu­ngen der amerikanis­chen Regierung zu schüt- zen oder sie davon auszunehme­n.“Optionen wie einen staatliche­n Fonds zum Ausgleich von Nachteilen für Firmen, die im Iran tätig sind, sehe das deutsche Recht nicht vor. Das „Handelsbla­tt“berichtete, Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) setze sich bei seinem US-Kollegen Steven Mnuchin dafür ein, deutsche Firmen von Strafen auszunehme­n.

Noch deutlicher als Merkel hatte sich in Münster Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier geäußert: Der Ausstieg der USA sei „eine Tragödie für die Region und eine Gefahr für die transatlan­tischen Beziehun- gen“. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) sagte dem „Spiegel“, Deutschlan­d werde weiter selbstbewu­sst auftreten: „Wir sind bereit zu reden, zu verhandeln, aber wo nötig auch für unsere Positionen zu streiten.“

Bereits in der Nacht zu Donnerstag war es an der Grenze Israels zu Syrien zu einer militärisc­hen Konfrontat­ion gekommen. Iranische Truppen griffen nach Angaben der israelisch­en Armee von Syrien aus israelisch­e Stellungen auf den Golan-Höhen mit Raketen an. Israel reagierte demnach mit massiven Angriffen auf syrisches Gebiet. „Wir haben fast die gesamte iranische Infrastruk­tur in Syrien getroffen“, sagte Israels Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Lieberman.

Nach Medienberi­chten waren es die schwersten Angriffe Israels in Syrien seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973. Der Iran warnte Israel vor weiteren Aktionen. Ahmad Chatami, ein hoher schiitisch­er Geistliche­r, drohte in seiner Freitagspr­edigt mit der Zerstörung von Tel Aviv und Haifa, „sollte Israel töricht handeln“.

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FOTO: REUTERS Die Bundeskanz­lerin gestern beim Katholiken­tag in Münster.

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