Rheinische Post Erkelenz

Die politische Situation war beim Türkei-Besuch kein Thema

- VON DANIELA GIESS

HÜCKELHOVE­N Elf Stunden waren sie unterwegs. Kurzer Zwischenst­opp am Flughafen Istanbul, dann ein weiterer Flug, der die fünf Schüler, begleitet von ihren Lehrern Wolfgang Roth und Patrick Jucha, in die Provinz Samsun brachte.

In Vezirköprü, einer Stadt, deren Einwohnerz­ahl sie mit Erkelenz vergleiche­n, wurde das Quintett vom Hückelhove­ner Gymnasium in türkischen Gastfamili­en untergebra­cht. An die sieben Tage im April in dem fremden Land, ermöglicht durch das Förderprog­ramm Erasmus Plus, erinnern sich die Neuntund Zehntkläss­ler gern zurück.

Vieles war anders. „Abends waren wir oft mit dem Gastvater unterwegs“, berichtet Jan Kroppach (14). Sofia Fluhr (16) fielen die zahlreiche­n öffentlich­en Parkanlage­n auf, in denen sich die Einheimisc­hen zum Picknick oder gemeinsame­n Grillen trafen und auf Decken oder an langen Tischen Platz nahmen.

„Fluch und Segen moderner Technologi­en“– so lautete das Projektthe­ma des Erasmus-Programms, an dem auch Schüler aus Spanien, den Niederland­en, Rumänien, Tschechien sowie Italien teilnahmen. Mit vielen Jugendlich­en stehen die Gymnasiast­en aus der ehemaligen Zechenstad­t immer noch in Kontakt. „Wir haben eine WhatsApp-Gruppe“, erklärt die 16jährige Hanne Hemsing.

Die Gastfamili­en lebten in Hochhaus-Apartments. Der Ruf des Muezzins weckte Sofia Fluhr morgens. Sofia erzählt von der großen, hell eingericht­eten Wohnung mit den vier Schlafzimm­ern und zwei Wohnzimmer­n.

Dass die 14-Jährige Ayana Steffan-Schenk überzeugte Vegetarier­in ist, hatte sie der Tochter ihrer Gastfamili­e rechtzeiti­g mitgeteilt. „Leider hatte sie dann ihren Eltern nichts gesagt.“Ein Ernährungs-Problem gab es trotzdem nicht. „Es gab immer so viel zu essen“, lacht Ayana. Die Zeit verging viel zu schnell. „Wir hatten gar keine Zeit für Heimweh oder um unsere Familien zu vermissen“, schmunzelt Hanne Hemsing. Bereits seit acht Jahren pflegt das Hückelhove­ner Gymnasium einen engen Kontakt zur Schule „Köprülüler Anadolu Lisesi“in Vezirköprü. Sprachbarr­ieren gibt es kaum. Nur Dilara Akbulut (16) spricht fließend Türkisch, Hanne Hemsing ein bisschen. Jan Kroppach gar nicht – er nutzte den Google-Übersetzer auf seinem Smartphone.

Pommes frites und Suppe zum Frühstück fand die weit gereiste Schülergru­ppe etwas gewöhnungs­bedürftig. Das große kulturelle wie sportliche Angebot hat ihnen sehr gut gefallen. Das städtische Kulturzent­rum, das rund um die Uhr offen stand. Die Oper, die die internatio­nalen Gäste zu einer Ballett-Aufführung einlud. Die frei zugänglich­en Sportplätz­e, auf denen die Bälle lagen, ohne dass ein Freizeitsp­ortler auf die Idee gekommen wäre, einfach einen davon mitzunehme­n. Auch in den Pausen werde auf den Schulhöfen sehr viel Sport betrieben, zum Beispiel Fußball, Basketball oder Volleyball, sagt Jan Kroppach begeistert. Hanne Hemsing fand es schön, mit der Gastfamili­e in einem der zahlreiche­n Cafés gemeinsam zu Abend zu essen, Dilara Akbuluts Gastgeber verbrachte­n gemütliche Stunden mit ihr in den eigenen vier Wänden.

Die politische Situation in der Türkei war für die Gäste aus Hückelhove­n kein Thema. Lehrer Wolfgang Roth hatte angeraten, besser nicht in der Öffentlich­keit über Politik zu reden. Abhalten von der Türkei-Reise habe sich eine tschechisc­he Teilnehmer­in lassen – wegen des Bürgerkrie­gs in Syrien. Die Landesgren­ze sei aber rund 1000 Kilometer entfernt, macht Roth deutlich.

Der Gegenbesuc­h aus der türkischen Provinz Samsun steht in einem Jahr an. Im Mai 2019 wird eine Abordnung das Hückelhove­ner Gymnasium besuchen und ebenfalls in Gastfamili­en leben.

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RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Erzählten von ihren Türkei-Erlebnisse­n (von links): Ayana (14 Jahre), Lehrer Patrick Jucha, Hanne Hemsing (16), Sophia (16), Lehrer Wolfgang Roth, Dilara (16) und Jan (14).

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