Rheinische Post Erkelenz

Fünf Wasserbüff­el blockieren A3

- VON BERND BUSSANG, THOMAS GRULKE UND FRANZISKA HEIN

Die ungewöhnli­chen Hinderniss­e sorgten gestern für lange Staus auf der Autobahn 3. Stundenlan­g ging gar nichts mehr, weil die entlaufene­n Tiere kreuz und quer über die Fahrbahn liefen. Schließlic­h betäubte eine Tierärztin die Büffel.

LEVERKUSEN Für Elke Quanz aus Leichlinge­n-Witzhelden ist die Sache klar: Ihre Leitkuh Lotti wollte zu ihr nach Hause. Quanz ist die Besitzerin der fünf Wasserbüff­el, die in der Nacht zu gestern die komplette Autobahn 3 bei Leverkusen lahmgelegt haben. Am Sonntagabe­nd gegen 22.45 Uhr trafen erste Anrufe bei der Polizeilei­tstelle in Köln ein, dass sich große Kühe auf der Autobahn befinden. Schnell stellte sich heraus: Es handelte sich nicht um Kühe, sondern um Wasserbüff­el.

Leitkuh „Lotti“hat offenbar einen ausgeprägt­en Freiheitsd­rang und wollte von der Weide bei Leverkusen wieder heim nach Leichlinge­n. Bulle Prinz, Kuh Branca und zwei Kälber folgten Lotti vermutlich bis zur Autobahn. Die Weide sei zwar eingezäunt und mehrfach mit Stacheldra­ht gesichert worden, versichert Tierhalter­in Quanz. Doch bei dem Unwetter am Sonntagabe­nd sei ein Baum auf den Zaun gestürzt und habe eine Bresche hinein geschlagen. So war der Weg in die Freiheit für die Tiere frei.

Für viele Autofahrer bedeutete das eine Geduldspro­be, mussten sie doch wegen der Sperrung die ganze Nacht auf der Autobahn verbringen. Die Autobahn war zeitweise in beide Richtungen gesperrt. Bei dem Einsatz mussten Polizei und Feuerwehr improvisie­ren: Erst trieben sie die fünf Tiere mit Hilfe zweier Lkw, die ebenfalls im Stau standen, und Einsatzwag­en vor einer Betonschra­mmwand in die Enge. Dann baten sie eine Tierärztin des Kölner Zoos, die Büffel zu betäuben. Die Feuerwehr Köln organisier­te einen Kran mit einem Tragegesch­irr für Vierbeiner. Ein Landwirt stellte einen Tiertransp­orter zur Verfügung. Erst am frühen Morgen konnte die Fahrbahn wieder freigegebe­n werden. Allerdings waren die Auswirkung­en auch noch für die Pendler im Berufsverk­ehr spürbar.

Die Weide, von der die Wasserbüff­el ausbüxten, liegt im Landschaft­sschutzgeb­iet Pescher Busch unweit der Autobahn. Das Gebiet gehört der Stadt Leverkusen und dem Land NRW. Betreut wird es vom Naturschut­zbund (Nabu), der dort eine Naturschut­zstation betreibt. Dort werden die Wasserbüff­el als Weidetiere eingesetzt, sagt der Geschäftsf­ührer der Station, Sönke Geske. „Sie halten die Natur im Gleichgewi­cht.“

Dass weder Mensch noch Tier etwas passiert ist, ist Glück im Unglück. Auch nachdem die Einsatzkrä­fte die Tiere eingekesse­lt hatten, versuchte ein Rind über die Betontrenn­wand zu klettern und verkeilte sich dabei. Wasserbüff­el-Bullen bringen bis zu eine Tonne Gewicht auf die Waage. Außerdem sind die Tiere sehr agil. Sie können bis zu 40 Kilometer in einer Stunde zurücklege­n, sagt Landwirt Martin Mölders, der seit 2004 Wasserbüff­el züchtet. Die Situation auf der Autobahn sei gefährlich gewesen.

„Wasserbüff­el sind sehr sensible und scheue Tiere. Wenn man lange mit ihnen arbeitet, werden sie anhänglich und treu. Doch in einer Stresssitu­ation können die Büffel schnell auf stur stellen und aggressiv werden”, erklärt der Leiter des Büffelhofs Kragemann in Bocholt. Wasserbüff­el seien Herdentier­e. „Die europäisch­en Wasserbüff­el stammen von ihren umgänglich­eren Artgenosse­n in Asien ab und nicht von der deutlich aggressive­ren und gefährlich­eren Büffel-Art in Afrika“, sagt Mölders. „Wasserbüff­el sind viel schlauer als Rinder und lassen sich nicht so einfach austrickse­n.“

Es ist nicht das erste Mal, dass Tiere aus der Herde ausbrechen. Ende Mai 2013 überwanden schon einmal einige Exemplare den Zaun. Plötzlich standen sie auf dem benachbart­en Reiterhof. Damals konnten sie allerdings eingefange­n werden, bevor sie Schaden anrichtete­n. Zwei Jahre später, Anfang Mai 2015, schafften es dann drei Wasserbüff­el bis zur Bahnstreck­e zwischen den Stadtteile­n Rheindorf und Opladen. Auch damals war Leitkuh „Lotti“verantwort­lich für den Ausbruch.

Zur Frage, wer für die Kosten des Einsatzes aufkommen muss, wurden zunächst keine Angaben gemacht. Bei Nutztieren komme grundsätzl­ich der Halter dafür infrage, sagt der Anwalt Jens Dötsch, ein Experte für Verkehrs- und Versicheru­ngsrecht. Es sei denn, dieser könne beweisen, keine Fehler gemacht zu haben.

Für die fünf Tiere hatte die Exkursion indes ein gutes Ende: Nachdem sie aus der Narkose aufgewacht waren, fanden sie sich in einem Kuhstall mit viel Heu wieder. Ab heute sollen sie dann wieder auf ihrer Weide grasen.

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FOTO: PATRICK SCHÜLLER Die Wasserbüff­el wurden erst mit Einsatzwag­en der Polizei sowie zwei Lkw eingekesse­lt und dann von einer Tierärztin betäubt. So ließen sich die bis zu einer Tonne schweren Tiere gefahrlos abtranspor­tieren.

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