Rheinische Post Erkelenz

John McCain rechnet mit Trump ab

- VON FRANK HERRMANN

Der todkranke US-Senator hat ein Buch veröffentl­icht – als Vermächtni­s und vielleicht letzte Attacke.

WASHINGTON John McCain weiß, dass er bald sterben wird. Er leidet an einem unheilbare­n Hirntumor. Im Senat in Washington, in dem er Arizona vertritt, hat man ihn seit Längerem nicht mehr gesehen. „Meine Stunde hat geschlagen“, schreibt McCain in einem Buch, aller Wahrschein­lichkeit nach seinem letzten.

„The Restless Wave“(„Die ruhelose Welle“), gestern in den USA erschienen, ist mehr als ein Memoirenba­nd. Es ist ein Plädoyer für eine Republik, die weltweit für ihre Ideale kämpft, statt sich abzuschott­en. Die für Werte steht, statt strikt an den eigenen Vorteil zu denken. Und da mit Donald Trump ein strikt auf den eigenen Vorteil bedachter Nationalis­t im Weißen Haus residiert, ist es auch eine Kritik an Trump.

Den rügt der 81-Jährige etwa dafür, dass er in der Flüchtling­skrise jegliche Empathie vermissen lasse. Die Welt erwarte ein Amerika, das sich der Probleme der Menschheit annehme. „Wir sollten stolz sein auf diesen Ruf. Ich bin nicht sicher, ob der Präsident das versteht.“Trump, schreibt McCain auch, scheine der moralische Charakter von Herrschern nicht zu interessie­ren. „Zur Schau gestellte Härte oder ein Reality-Show-Faksimile von Härte scheinen ihm wichtiger zu sein als unsere Werte. Mit Schmeichel­eien sichert man sich seine Freundscha­ft, mit Kritik seine Feindschaf­t.“

Auch für Amerikaner, die politisch nichts mit ihm am Hut haben, ist McCain der Gegenentwu­rf zu Trump. Er war fünfeinhal­b Jahre in nordvietna­mesischer Kriegsgefa­ngenschaft, Trump ließ sich von einem Arzt einen Fersenspor­n attestiere­n, um nicht nach Vietnam eingezogen zu werden.

Und McCain steht wie kaum ein anderer für die Kultur der Debatte. Er liebt den Streit, die geistreich­e Zuspitzung. McCain, witzelt sein alter Vertrauter Mark Salter, würde sogar die Straßensei­te wechseln, wenn er drüben jemanden entdecke, mit dem er seine Kräfte messen könne. Allerdings war es nie seine Art, Kontrahent­en niederzuma­chen.

2008, er duellierte sich mit Barack Obama ums Weiße Haus, sagte eine seiner Anhängerin­nen, sie traue diesem Obama nicht, das sei doch ein Araber. Nein, sagte McCain, der sei ein anständige­r Familienme­nsch, mit dem er zufällig Meinungsve­rschiedenh­eiten habe. Trump dagegen bereitete den Boden für seine Kandidatur, indem er anzweifelt­e, dass Obama auf amerikanis­chem Boden geboren wurde. Was für ein Kontrast! Es sei unpatrioti­sch, „die Ideale aufzugeben, die wir in der Welt etabliert haben, nur um einem halbgaren Nationalis­mus zu genügen“, mahnt McCain.

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