Rheinische Post Erkelenz

Auf die Länge kommt es an

- VON ADRIAN TERHORST

Long Driving ist ein spezielles Golf-Format, das in Europa immer populärer wird. Die Regeln: Es gewinnt der, der den Ball am weitesten schlägt. Der gebürtige Paderborne­r Martin Borgmeier ist derzeit der erfolgreic­hste Spieler Europas.

DÜSSELDORF Bier, Burger und Partystimm­ung sind nicht unbedingt Begriffe, die man mit dem Golfsport in Verbindung bringt. Zum „Long Driving“gehören sie fest dazu. Seit den 1990er-Jahren wird das Golf-Format bereits in den USA praktizier­t, seit einiger Zeit mit zunehmende­r Popularitä­t auch in Europa.

„Long Driving ist genau der richtige Schritt, den Golf von seinem spießigem Image

zu befreien“

Martin Borgheimer

Long Driving-Spieler

Das Ziel des Spiels ist schnell erklärt: Es gewinnt der Spieler, der den Golfball am weitesten schlägt. Jeder Spieler hat innerhalb von 2:45 Minuten sechs Versuche, der weiteste wird gewertet. Gültig sind nur Schläge, die im sogenannte­n „Grid“zum Liegen kommen. Dies ist ein zuvor abgemessen­er Zielbereic­h, den die Spieler anspielen müssen. Dieser ist etwa 55 Meter breit. Diese Zone zu treffen, hört sich bei Weiten von bis zu 365 Metern leichter an, als es wirklich ist. Bereits seit 2013 wird die „Long Drivers European Tour“(LDET) ausgetrage­n. Neunmal pro Saison spielen die besten europäisch­en Driver in verschiede­nen Ländern den Pokal für den weitesten Schlag aus. Der derzeit beste Spieler in Europa ist der gebürtige Paderborne­r Martin Borgmeier (26). Er ist aktuell Führender der LDET, im April gewann er in Belgien sein erstes Turnier auf der Tour. Dort gelang ihm auch mit 348 Metern sein bislang weitester Schlag.

Zum Golf kam er bereits mit neun Jahren, sein Talent wurde schnell sichtbar. In der Jugend konkurrier­te er mit Spielern wie dem heutigen Golfprofi Max Kieffer. Als er 15 war, rückten jedoch andere Dinge in den Vordergrun­d. Auf einmal waren „Mädels und Motorräder“interessan­ter, er legte eine Golf-Pause ein. Zum Long Driven kam er dann eher zufällig. „Nach vier oder fünf Jahren habe ich mit einem Kollegen erstmals wieder Golf gespielt. 2017 hat er mich einfach bei den German Long Drive Championsh­ip angemeldet. Ich wurde auf Anhieb Zweiter. Da habe ich gemerkt, dass ich durchaus Talent habe“, sagt der ehemalige BWL- und Wirtschaft­spsycholog­ie-Student, der sein Geld mittlerwei­le in München im Vertrieb eines IT-Konzerns verdient. Als zweites Standbein gründete er 2017 mit einem Freund eine Firma, sie vertreiben Golf-Accessoire­s.

Mit dem normalen Golfsport hat Long Driven weniger zu tun, als es im ersten Moment scheint. Zwar müssen auch Long Driver über eine gute Golftechni­k verfügen, doch die Intensität ist eine ganz andere, es ist viel mehr Kraft gefordert. „Wenn man es beim Long Driven ins Finale schafft und vorher in jeder Runde 18 Bälle in gut zehn Minuten geschlagen hat, macht man abends gar nichts mehr“, sagt Borgmeier. Benötigt wird auch eine andere Athletik und Ausdauer, Long Driver sind meistens kräftig und groß, „und für mich auch eher Athleten als Golfspiele­r“, sagt Borgmeier. „Beim normalen Golf dauert eine Runde etwa vier Stunden und man macht nur circa 70 Schläge, wovon 30 etwa Putts sind“, sagt Borgmeier. Er trainiert pro Woche sechsmal, sowohl im Fitnessstu­dio als auf dem Golfplatz. Täglich vier Stunden.

Um seine Schlag-Geschwindi­gkeit (sein Höchstwert: 241 km/h) weiter zu verbessern, hat er den Mönchengla­dbacher Physiother­apeuten Axel Richter aufgesucht. Dieser ist anerkannt bei Golfern, weil er durch seine EvoSwing-Methode spezielle Druckpunkt­e lockert, „wodurch sich meine Rotation verbessern soll“, hofft Borgmeier. Beim Long Driven steht neben dem sportliche­n aber noch ein anderer Aspekt im Fokus: Der Golfsport soll moderner werden. „Denn er wird immer älter, der Dresscode ist veraltet“, findet der 1,95 Meter große Münchner, der viele Jahre auch erfolgreic­h Basketball spielte. „Long Driving ist genau der richtige Schritt, den Golf von seinem spießigem Image zu befreien“, sagt er. „Es herrscht bei Turnieren eine Stimmung wie bei der Darts-WM. Im Hintergrun­d wird Party gemacht, es wird laut geschrien, die Spieler pushen sich auch mal gegenseiti­g“.

Auf der European Tour liegen die Preisgelde­r zwischen 1000 und 5000 Euro. Auf lange Sicht würde Borgmeier gerne hauptberuf­lich seiner Leidenscha­ft nachgehen. Sein großes Ziel ist die Teilnahme am World Long Drive Championsh­ip im September in den USA. „Das ist noch einmal eine ganz andere Dimension. Das Preisgeld liegt hier bei 250.000 Dollar“, sagt er. Seine Chance: Bei den German Long Drive Open (Hannover) und der German Long Drive Championsh­ip (Köln) erhält der Sieger einen Qualifikat­ionsplatz. „Es muss unbedingt klappen.“Allein schon fürs Bier, die Burger und die Party drumherum.

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FOTO: PRIVAT Beim Abschlag: Longhitter Martin Borgheimer.

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