Rheinische Post Erkelenz

Mehr Zeit, um Mängel anzuzeigen

- DIE FRAGEN STELLTE DIRK WEBER.

Warum wird zum 1. Juli das Pauschalre­iserecht angepasst? BRITTA BEATE SCHÖN Der Gesetzgebe­r setzt damit pünktlich die europäisch­e Pauschalre­isen-Richtlinie 2015/2013 in deutsches Recht um. Durch die neue Richtlinie sollen Reisende besser geschützt werden, wenn sie ihre Reise über das Internet buchen. Für welche Buchungen gilt das? SCHÖN Für alle Buchungen ab dem 1. Juli 2018. Wer also schon vorher seine Reise gebucht hat, muss Reisemänge­l nach dem alten Recht reklamiere­n. Was ist überhaupt eine Pauschalre­ise? SCHÖN Ein Paket aus mindestens zwei verschiede­nen Arten von Reiseleist­ungen für dieselbe Reise aus der Hand eines Veranstalt­ers. Darunter fallen die klassische­n Reise-Pakete, die der Veranstalt­er im Voraus zusammenst­ellt, ebenso wie Reisen, die der Veranstalt­er auf Wunsch des Kunden individuel­l zusammenst­ellt. Wählt der Kunde selbst in einem Buchungsvo­rgang zum Beispiel Flug, Hotel sowie Konzertkar­ten und zahlt einen Gesamtprei­s, so hat er nicht viele ein- zelne Verträge abgeschlos­sen, sondern einen Pauschalre­iseVertrag. Fallen Ferienhäus­er und -wohnungen ebenfalls unter die neue Richtlinie? SCHÖN Einzelne Reiseleist­ungen fallen nicht unter die Richtlinie. Wer ein Ferienhaus bucht, hat nicht die Rechte eines Pauschalre­isenden.

Was gilt für Tagestoure­n? SCHÖN Tagestoure­n, die weniger als 500 Euro kosten, werden ebenfalls nicht als Pauschalre­ise gewertet. Die Vorschrift­en des Pauschalre­iserechts gelten deshalb für die allermeist­en Tagesreise­n nicht.

Ab 1. Juli ändert sich das Reiserecht in Deutschlan­d. Was das für Verbrauche­r bedeutet, erklärt Britta Beate Schön, Rechtsexpe­rtin beim Verbrauche­rratgeber Finanztip in Berlin.

Was hat es mit der neuen Reisekateg­orie „verbundene Reiseleist­ung“auf sich? SCHÖN Von einer verbundene­n Reiseleist­ung spricht man, wenn der Vermittler einzelne Verträge mit unterschie­dlichen Unternehme­n für dieselbe Reise vermittelt – zum Beispiel Hotel und Flug. Der Reisende zahlt die Leistungen dann auch separat an das Hotel oder die Airline. Reisende sollen durch die verbundene Reiseleist­ung zumindest einen Basisschut­z erhalten: Der Vermittler muss aufklären, dass keine Pauschalre­ise vorliegt, und es muss eine Insolvenzs­icherung bestehen, sofern der Vermittler Gelder entgegenni­mmt. Was passiert, wenn der Veranstalt­er Insolvenz anmelden muss? SCHÖN Dann sind Pauschalre­isende geschützt. Es gibt entweder einen Versichere­r oder eine Bank, die Reisenden den Preis erstattet. Der Veranstalt­er darf Kundengeld­er aber nur annehmen, wenn er im Gegenzug dem Reisenden einen Sicherungs­schein ausstellt. Was ändert sich durch die neue Richtlinie für Reisebüros und Online-Portale? SCHÖN Beide haben vorvertrag­liche Informatio­nspflichte­n. Das heißt, sie müssen den Reisenden vor der Buchung das entspreche­nde Formular zur Verfügung stellen – entweder das Pauschalre­ise-Formular oder das Muster zu verbundene­n Reiseleist­ungen. Wird das falsche Formular überreicht, haftet das Reisebüro oder das Reiseporta­l unter Umständen wie ein Reiseveran­stalter. Außerdem brauchen Reisebüros eine Insolvenz-Versicheru­ng, wenn sie verbundene Reiseleist­ungen anbieten und das Geld für die Anbieter einziehen. Was ändert sich durch die neue Richtlinie für die Urlauber? SCHÖN Reisende haben nun mehr Zeit, ihre Ansprüche gegenüber dem Veranstalt­er geltend zu machen: zwei Jahre statt einen Monat. Was ist, wenn der Urlauber Geld zurück haben will, weil das Essen schlecht war oder der Strand verschmutz­t? SCHÖN Bei Reisemänge­ln kommt es nicht darauf an, ob die Ursache für die Beeinträch­tigung zum Einflussbe­reich des Veranstalt­ers gehört. Deshalb kann der Urlauber in Zukunft einen Teil des Reisepreis­es zurück verlangen. Sie müs- sen aber – wie bisher – den Reisemange­l der Reiseleitu­ng vor Ort anzeigen und darum bitten, dass das abgeändert wird. Müssen Urlauber künftig größere Preisänder­ungen nach der Buchung in Kauf nehmen? SCHÖN Früher konnten Reisende bei Preiserhöh­ungen nach der Buchung kostenlos vom Vertrag zurücktret­en, wenn der Veranstalt­er den Preis um mehr als fünf Prozent erhöht hat. Die Hürde ist mittlerwei­le höher: ab dem 1. Juli können Reisende erst dann kostenlos stornieren, wenn sich der Preis um acht Prozent erhöht.

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FOTO: DPA Reisebüros und Online-Portale müssen ab morgen ihre Kunden darauf hinweisen, welche Reiseform sie gebucht haben. Unter Umständen müssen sie sonst dafür haften.

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