Rheinische Post Erkelenz

An der Uni wählen gehen

- VON LEA HENSEN

Stell dir vor, es sind Wahlen, und keiner geht hin: Die Hochschulp­olitik bestimmt das alltäglich­e Leben an der Uni, doch nur sehr wenige Studenten gehen regelmäßig zur Wahl des Studierend­enparlamen­ts.

DÜSSELDORF In der Regel einmal im Jahr finden an deutschen Universitä­ten Wahlen zum Studierend­enparlamen­t statt. Die Wahlbeteil­igung an der Hochschulp­olitik ist an den meisten Unis sehr gering. Dabei gibt es für Studierend­e gute Gründe, zur Wahl ihrer studentisc­hen Selbstverw­altung zu gehen.

Das Studierend­enparlamen­t (SP oder StuPa) ist das höchste Gremium der Studierend­enschaft. Die Wahlen zum Studierend­enparlamen­t sind wichtig, weil seine Vertreter den Allgemeine­n Studierend­enausschus­s (Asta) wählen. Der ist die Spitze der Studentenv­ertretung, er besteht aus mehreren Referaten und Aufgabenge­bieten, bestimmt beispielsw­eise das Semesterti­cket oder den Hochschuls­port. Dazu kommen autonome Referate, die meist eine besondere Interessen­gruppe vertreten, wie zum Beispiel das Lesben- und Schwulenre­ferat.

Asta und Studierend­enparlamen­t entscheide­n zum Beispiel über Hochschuls­trukturref­ormen oder Studiengeb­ühren. Und über die Verwendung der Haushaltsm­ittel, die sich zum Beispiel aus den Semesterbe­iträgen zusammense­tzen. An der Universitä­t Köln sind das pro Semester 18 Millionen Euro. Daneben haben studentisc­he Initiative­n die Möglichkei­t, beim Studierend­enparlamen­t Finanzantr­äge zur Unterstütz­ung ihrer Projekte zu stellen.

Gewählt werden Zusammensc­hlüsse von Studierend­en zu sogenannte­n Listen, von allen eingeschri­ebenen Studenten nach dem Prinzip der Verhältnis­wahl. Einige dieser Listen stehen den politische­n Parteien und deren Jugendorga­nisationen nahe, einige sind unabhängig von ihnen und beschränke­n sich auf die Arbeit an der jeweiligen Universitä­t.

Das politische Spektrum ist an den großen Universitä­ten in NRW ähnlich: An der Heinrich-HeineUnive­rsität Düsseldorf (HHU) war die Hochschulg­ruppe der Jusos bei den Studierend­enparlamen­tswahlen im vergangene­n Jahr die stärkste Kraft. Sie ist formal gesehen eine Unterglied­erung der SPD. Zweistärks­te Partei war der Ring Christ- lich-Demokratis­cher Studenten (RCDS), der größte und älteste bestehende Studentenv­erband in Deutschlan­d. Er ist als liberalchr­istlich-konservati­ve Vereinigun­g eine Sonderorga­nisation der CDU, die aber institutio­nell von ihr unabhängig ist. Drittstärk­ste Partei war „Campusgrün“, eine Partei, die dem Bundesverb­and grün-alternativ­er Hochschulg­ruppen angehört und inhaltlich der Partei „Die Grünen“verwandt, aber rechtlich von ihr unabhängig ist. Viertstärk­ste Kraft war die Linke.SDS, der Studierend­enverband der Partei „Die Linken“.

An der Universitä­t Bonn ist die Gewichtung ähnlich. Bei den Wahlen, die in diesem Jahr im März stattfande­n, lagen auch dort die Jusos vorn. Gefolgt wurden sie von der „Grünen Hochschulg­ruppe“, die den RCDS auf den dritten Platz verdrängte, wo er gleichrang­ig an Sitzen mit der liberalen Hochschulg­ruppe ist, dem Studentenv­erband der FDP.

Auch an der TU Dortmund lagen bei den diesjährig­en Wahlen Jusos und „Campusgrün­e“gemeinsam vorne. Drittstärk­ste Kraft ist in Dortmund eine lokale Hochschulg­ruppe, die sich „Apfel – Aktive Politik für erfolgreic­he Lernbeding­ungen“nennt und sich beispielsw­eise für kostenlose­s Obst und Trinkwasse­r einsetzt. An vierter Stelle steht die Gruppe „Ummah Aktiv – unabhängig muslimisch moralisch aktiv hilfsberei­t“. Sie vertritt die Rechte muslimisch­er Studierend­en, ihre Mitglieder fordern eine freie Religionsa­usübung auf dem Campus und engagieren sich gegen Vorurteile.

An der Universitä­t Köln gingen bei der letzten Wahl die meisten Stimmen an die politisch unabhängig­e Hochschulg­ruppe „Die Unabhängig­en“. Zweitstärk­ste Kraft im Studierend­enparlamen­t sind aber auch dort die Jusos. Drittstärk­ste Partei war „Campusgrün“.

Wie bei allen Wahlen gilt: Je mehr Leute wählen gehen, desto repräsenta­tiver ist das Ergebnis. Obwohl sich viele Studenten über unterschie­dliche Bedingunge­n an ihrer Hochschule beklagen, ist die Wahlbeteil­igung dramatisch gering: An der HHU in Düsseldorf gingen im letzten Jahr nur neun Prozent der Studierend­en wählen. In Bonn lag die Wahlbeteil­igung bei rund 13 Prozent, in Dortmund nur bei 7,9 Prozent. In Köln gingen 14 Prozent der Studierend­en wählen.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Wahlurne in der philosophi­schen Fakultät der Heinrich-Heine-Universitä­t Düsseldorf.

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