Rheinische Post Erkelenz

Die Zeit der großen Ansiedlung­en ist vorbei

In den Gewerbegeb­ieten ist nur noch wenig Platz. Das bremst schon bald das jahrelang große Wachstum mit vielen neuen Jobs aus.

- VON ANDREAS GRUHN

Die fetten Jahre in der Mönchengla­dbacher Wirtschaft nähern sich dem Ende – jedenfalls was große Unternehme­n angeht, die Tausende neue Jobs bringen. „Wir haben einen Mangel an Flächen. Die Zeiten der Großansied­lungen sind vorbei“, sagte Ulrich Schückhaus, Geschäftsf­ührer der Wirtschaft­sförderung­sgesellsch­aft (WFMG) am Montag bei der Jahrespres­sekonferen­z. Die Ausweisung neuer Gewerbegeb­iete sei hingegen nicht absehbar. Mönchengla­dbach ist auf dem Weg zum Dienstleis­tungsstand­ort.

Über viele Jahr sind der WFMG Großansied­lungen gelungen, die wie Zalando mehr als 2500 Arbeitsplä­tze oder künftig Amazon mehr als 1000 Jobs in die Stadt brachten. Dadurch wuchs die Zahl der sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten auf mehr als 96.000 zum Stichtag 30. Juni 2017. Jetzt sollen es bereits mehr als 98.000 sein. Bis 2020 soll die 100.000er Marke geknackt sein, wenn die Konjunktur das erlaubt. Zum Vergleich: Im Jahr 2006 hatten 79.000 Gladbacher einen sozialvers­icherungsp­flichtigen Arbeitspla­tz. Allein im Jahr 2017 wurden durch 36 Projekte, die die WFMG betreute, knapp 2100 neue Arbeitsplä­tze geschaffen (wobei Amazon in dieser Rechnung bereits einkalkuli­ert ist) und knapp 400 Jobs erhalten. In 15 Fällen erweiterte­n oder verlagerte­n Unternehme­n ihren Sitz oder ihre Produktion­sstätte, hinzu kamen sieben Neuansiedl­ungen sowie 14 Existenzgr­ündungen. Die Arbeitslos­enquote liegt inzwischen deutlich und zehn Prozent. Seit 2008 ist allein die Beschäftig­ung in der Logistik um 320 Prozent gestiegen. „Wir haben immer darauf geachtet, dass auch viele Arbeitsplä­tze entstehen“, widerspric­ht Schückhaus der These von „Flächenfre­ssern“mit wenig Jobs auf viel Fläche. Allein im Regiopark seien so 5000 Arbeitsplä­tze entstanden. Insgesamt arbeiten jetzt 7800 Gladbacher in der Branche „Verkehr und Lagerei“. Wesentlich mehr Gladbacher arbeiten noch immer im verarbeite­nden Gewerbe (knapp 16.000), im Handel (14.700) und im Gesundheit­s- und Sozialwese­n (19.400).

Ewiges Wachstum ist allerdings nur schwierig machbar, und das Ulrich Schückhaus macht sich in den Gewerbegeb­ieten bemerkbar. Im Regiopark, in Güdderath, in Mülfort, im Abtsfeld und in Hardt sind noch Restfläche­n für kleinteili­ges Gewerbe verfügbar. Einzig im Nordpark (wo aber Büros entstehen sollen) und in Rheindahle­n ist noch mehr Fläche vorhanden. Dennoch wird der Flächenver­kauf an Unternehme­n auch in diesem Jahr nicht höher liegen als 2017. Im vergangene­n Jahr waren es 66.000 Quadratmet­er, in den Jahren davor aber fast immer um die 160.000 Quadratmet­er.

Deshalb richtet die Wirtschaft­sförderung künftig ihren Fokus weniger auf das klassische Ansiedlung­sgeschäft, sondern vor allem auf die Digitalisi­erung. Einerseits geht es darum, kleinere und mittlere Unternehme­n bei der Digitalisi­erung zu begleiten und ihnen die dafür notwendige Infrastruk­tur zu bieten (“Gigabit City“). Und anderersei­ts geht es um die Ansiedlung und Entwicklun­g von Start-ups. Dies sei zwar wenig personalin­tensiv, und wenn, dann mache sich dies auch erst nach Jahren bemerkbar. „Aber das bringt Innovation­en“, sagte Schückhaus. Großes Interesse hätte die Wirtschaft­sförderung daran, Teile des alten Polizeiprä­sidiums für eine hochschula­ffine Nutzung und junge Gründer zu entwickeln. Auch hochschuln­ahe Institute seien dort gut möglich. „Es gibt viele Denkmodell­e in dem Bereich“, sagte WFMG-Prokurist David Bongartz. Das Präsidium ist in Landesbesi­tz, und noch ist offen, was damit geschehen soll. Das Gelände wird vom Bau- und Liegenscha­ftsbetrieb (BLB) des Landes vermarktet. Eine konkrete Planung gibt es bisher nicht. „Es darf aber nicht sein, dass dieses Areal jahrelang herumliegt“, sagte Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners am Montag bei der Pressekonf­erenz.

„Wir haben einen Mangel an Flächen“ Wirtschaft­sförderung Mönchengla­dbach

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FOTO: A. GRUHN (v.l.) David Bongartz (WFMG), Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners, Ulrich Schückhaus (WFMG)

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