Die Zeit der großen Ansiedlungen ist vorbei
In den Gewerbegebieten ist nur noch wenig Platz. Das bremst schon bald das jahrelang große Wachstum mit vielen neuen Jobs aus.
Die fetten Jahre in der Mönchengladbacher Wirtschaft nähern sich dem Ende – jedenfalls was große Unternehmen angeht, die Tausende neue Jobs bringen. „Wir haben einen Mangel an Flächen. Die Zeiten der Großansiedlungen sind vorbei“, sagte Ulrich Schückhaus, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFMG) am Montag bei der Jahrespressekonferenz. Die Ausweisung neuer Gewerbegebiete sei hingegen nicht absehbar. Mönchengladbach ist auf dem Weg zum Dienstleistungsstandort.
Über viele Jahr sind der WFMG Großansiedlungen gelungen, die wie Zalando mehr als 2500 Arbeitsplätze oder künftig Amazon mehr als 1000 Jobs in die Stadt brachten. Dadurch wuchs die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf mehr als 96.000 zum Stichtag 30. Juni 2017. Jetzt sollen es bereits mehr als 98.000 sein. Bis 2020 soll die 100.000er Marke geknackt sein, wenn die Konjunktur das erlaubt. Zum Vergleich: Im Jahr 2006 hatten 79.000 Gladbacher einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz. Allein im Jahr 2017 wurden durch 36 Projekte, die die WFMG betreute, knapp 2100 neue Arbeitsplätze geschaffen (wobei Amazon in dieser Rechnung bereits einkalkuliert ist) und knapp 400 Jobs erhalten. In 15 Fällen erweiterten oder verlagerten Unternehmen ihren Sitz oder ihre Produktionsstätte, hinzu kamen sieben Neuansiedlungen sowie 14 Existenzgründungen. Die Arbeitslosenquote liegt inzwischen deutlich und zehn Prozent. Seit 2008 ist allein die Beschäftigung in der Logistik um 320 Prozent gestiegen. „Wir haben immer darauf geachtet, dass auch viele Arbeitsplätze entstehen“, widerspricht Schückhaus der These von „Flächenfressern“mit wenig Jobs auf viel Fläche. Allein im Regiopark seien so 5000 Arbeitsplätze entstanden. Insgesamt arbeiten jetzt 7800 Gladbacher in der Branche „Verkehr und Lagerei“. Wesentlich mehr Gladbacher arbeiten noch immer im verarbeitenden Gewerbe (knapp 16.000), im Handel (14.700) und im Gesundheits- und Sozialwesen (19.400).
Ewiges Wachstum ist allerdings nur schwierig machbar, und das Ulrich Schückhaus macht sich in den Gewerbegebieten bemerkbar. Im Regiopark, in Güdderath, in Mülfort, im Abtsfeld und in Hardt sind noch Restflächen für kleinteiliges Gewerbe verfügbar. Einzig im Nordpark (wo aber Büros entstehen sollen) und in Rheindahlen ist noch mehr Fläche vorhanden. Dennoch wird der Flächenverkauf an Unternehmen auch in diesem Jahr nicht höher liegen als 2017. Im vergangenen Jahr waren es 66.000 Quadratmeter, in den Jahren davor aber fast immer um die 160.000 Quadratmeter.
Deshalb richtet die Wirtschaftsförderung künftig ihren Fokus weniger auf das klassische Ansiedlungsgeschäft, sondern vor allem auf die Digitalisierung. Einerseits geht es darum, kleinere und mittlere Unternehmen bei der Digitalisierung zu begleiten und ihnen die dafür notwendige Infrastruktur zu bieten (“Gigabit City“). Und andererseits geht es um die Ansiedlung und Entwicklung von Start-ups. Dies sei zwar wenig personalintensiv, und wenn, dann mache sich dies auch erst nach Jahren bemerkbar. „Aber das bringt Innovationen“, sagte Schückhaus. Großes Interesse hätte die Wirtschaftsförderung daran, Teile des alten Polizeipräsidiums für eine hochschulaffine Nutzung und junge Gründer zu entwickeln. Auch hochschulnahe Institute seien dort gut möglich. „Es gibt viele Denkmodelle in dem Bereich“, sagte WFMG-Prokurist David Bongartz. Das Präsidium ist in Landesbesitz, und noch ist offen, was damit geschehen soll. Das Gelände wird vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes vermarktet. Eine konkrete Planung gibt es bisher nicht. „Es darf aber nicht sein, dass dieses Areal jahrelang herumliegt“, sagte Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners am Montag bei der Pressekonferenz.
„Wir haben einen Mangel an Flächen“ Wirtschaftsförderung Mönchengladbach