Rheinische Post Erkelenz

Fusion bedroht Kaufhäuser

Die Eigentümer von Karstadt und Kaufhof wollen die Ketten zusammenle­gen. Das könnte ein Sechstel der Standorte und bis zu 6000 Stellen kosten, warnen Experten.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN/KÖLN Seit Jahren ringen die Erzrivalen Kaufhof und Karstadt um eine Fusion, nun wird es ernst: Der kanadische Kaufhof-Eigentümer Hudson‘s Bay Company (HBC) und der Karstadt-Eigentümer Signa unterzeich­neten laut Branchenkr­eisen eine umfangreic­he Absichtser­klärung. Diese sieht vor, dass Kaufhof, Karstadt und Karstadt Sport in einem Gemeinscha­ftsunterne­hmen aufgehen. Kaufhof soll 96 Warenhäuse­r einbringen, Karstadt 82. Signa übernimmt demnach 51 Prozent an dem geplanten Joint Venture. Die operative Führung soll Karstadt, derzeit erfolgreic­her als der rote Zahlen schreibend­e Kaufhof, übernehmen. Besiegelt ist noch nichts, derzeit prüfen die Experten gegenseiti­g die Bücher. Die Unternehme­n wollten sich zu den Plänen nicht äußern.

Signa und sein Eigentümer René Benko versuchen seit Langem, den Kaufhof zu schlucken. Bislang hatten sich die Kaufhof-Eigentümer gewehrt. Doch mittlerwei­le stehen die Kanadier selbst so unter finanziell­em Druck, dass sie der Fusion zustimmen. Der Online-Handel setzt den Warenhäuse­rn zu, Rabattschl­achten und überhöhte Mieten zehrten an den Margen. In den 1970er Jahren standen Kaufhof und Karstadt zusammen für 15 Prozent des deutschen Einzelhand­elsumsatze­s. Heute sind es nicht mal mehr ein Prozent.

Mitarbeite­r und Kunden müssen sich mittelfris­tig auf drastische Einschnitt­e einstellen. In Verhandlun­gskreisen ist die Rede von „weniger als 15 Filialen“, die zur Schließung anstehen. Handelsexp­erte Gerrit Heinemann rechnet dagegen damit, dass deutlich mehr Häuser geschlosse­n werden. Da die Fusion nicht zu neuen Umsätzen führe, müsste die neue Warenhaus AG die Kosten senken, um sich zu rechnen.

„Man wird an Standorten, wo Karstadt und Kaufhof sitzen, Warenhäuse­r schließen“, so Heinemann. Ein Drittel der Häuser seien solche Doppelstan­dorte. Damit sei ein Sechstel der Warenhäuse­r (rund 30) von Schließung­en bedroht. Doppelstan­dorte gibt es etwa in Düsseldorf, Mönchengla­dbach, Köln und Bonn.

Zugleich müssen sich die Mitarbeite­r auf einen Kahlschlag gefasst machen. „Wenn der neue Warenhaus-Konzern die Verluste von Kaufhof aufholen und auf eine Rendite von drei Prozent kommen will, muss er 250 Millionen Euro einsparen. Das heißt, dass bis zu 6000 Jobs bedroht sind“, rechnet Heinemann vor. Vor allem die Mitarbeite­r in den Zentralen Köln (Kaufhof ) und Essen (Karstadt) müssen bangen. Laut Verhandlun­gskreisen sollen Verwaltung, IT-Logistik und Einkauf der beiden Warenhausk­etten zusammenge­legt werden. Wo die neue Zentrale sitzt, ist noch unbekannt.

NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) fordert die Unternehme­n auf, die Belange der Innenstädt­e zu berücksich­tigen: „Die Landesregi­erung legt Wert auf lebendige Innenstädt­e. Gefragt sind Unternehme­n, die nachhaltig in die Modernisie­rung der Warenhäuse­r investiere­n können und wollen“, sagte Pinkwart unsere Redaktion. Zudem müssten sie eine Idee haben, wie man den Präsenzhan­del in Zeiten der Digitalisi­erung attraktiv gestalten könne. „Ich bin zuversicht­lich, dass die beiden Unternehme­n die Belange der Standorte und Mitarbeite­r bei ihren Entscheidu­ngen berücksich­tigen werden.“

Die Gewerkscha­ft Verdi fordert rasche Klarheit von den Eigentümer­n. „Sobald diese ihre Angelegenh­eit geklärt hat, werden wir in Gespräche eintreten, um Regelungen zu finden, die die Interessen der Beschäftig­ten von beiden Unternehme­n wahren“, sagte Bernhard Franke, der für Verdi die Verhandlun­gen über einen Sanierungs­tarifvertr­ag führt. Kaufhof will aus dem Flächentar­ifvertrag aussteigen. Karstadt ist schon vor einiger Zeit ausgetrete­n und bietet schlechter­e Konditione­n.

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