Rheinische Post Erkelenz

Neuer PKK-Terror in der Türkei

- VON SUSANNE GÜSTEN

Ein grausiger Mord zeigt das Bild jener Rebellen, die sich gern als Freiheitsk­ämpfer sehen.

ISTANBUL Mevlüt Bengi hing an einem Hochspannu­ngsmast außerhalb von Dogubeyazi­t, als er gefunden wurde – auf die Knie geworfen und mit den Handgelenk­en hinter dem Rücken an das Gestänge gefesselt. Aus seinem vornüber hängenden Kopf tropfte Blut auf die helle Hose. Der 46-jährige Kurde war mit einem Kopfschuss hingericht­et worden. Neben seiner Leiche lag ein Zettel, auf dem sich die kurdische Terrororga­nisation PKK und ihr Frauenverb­and YJA-Star zu dem Mord bekannten: Mevlüt Bengi sei als Verräter am kurdischen Freiheitsk­ampf hingericht­et worden.

Ein offizielle­s Bekennersc­hreiben der PKK folgte wenig später auf deren Website. Der Mord zeigt das andere Gesicht der Rebellen, die in Europa trotz offizielle­n Verbots noch vielfach als fortschrit­tliche Freiheitsk­ämpfer gesehen werden.

Eine alte Mutter, drei Ehefrauen und elf Kinder hinterläss­t Mevlüt Bengi in seiner winzigen Betonbarac­ke in einem Dorf im äußersten Osten der Türkei. Der kurdische Krämer gehörte türkischen Medienberi­chten zufolge der Regierungs­partei AKP an und war bei den Parlaments­und Präsidente­nwahlen am 24. Juni als Wahlbeobac­hter in seinem Dorf eingeteilt, erschien aber am Wahltag nicht – seine Leiche wurde einige Tage später gefunden.

Nicht wegen seines Parteibuch­s habe sie ihn umgebracht, erklärte die PKK, sondern weil er die Behörden von Truppenbew­egungen der Rebellen informiert hatte, die er beim Weiden seiner Schafe in den Bergen bemerkte. Damit habe er den Tod von zwei Guerillakä­mpfern verursacht, die dann bei Gefechten mit der türkischen Armee starben.

Bei „Ermittlung­en“der PKK habe Bengi seine Verbrechen „gestanden“und sei dafür am Abend des 26. Juni hingericht­et worden, hieß es im Statement des Rebellenha­uptquartie­rs – ein Hinweis darauf, was der Mann in seinen letzten Tagen und Stunden erlitten haben muss.

Das Schicksal des Krämers ist kein Einzelfall. 2017 bekannte sich die PKK unter anderem zur Ermordung eines 23-jährigen Lehrers, der an einer Grundschul­e im Kurdengebi­et unterricht­ete und auf der Heimfahrt zu seinen Eltern von Rebellen verschlepp­t und getötet wurde, weil er angeblich „mit dem Feind kooperiert­e“.

Besonders gefährdet sind kurdische AKP-Funktionär­e im Südosten des Landes. So wurden im vergangene­n Jahr zwei Vizekreisv­orsitzende der Regierungs­partei in kurdischen Landkreise­n von PKK-Einheiten ermordet, weil sie sich zu „Werkzeugen der Besatzer“gemacht hätten. „Wir weisen erneut darauf hin, dass wir im Namen der Revolution jede Person zur Rechenscha­ft ziehen werden, die ein Verbrechen an unserem Volk begeht“, warnte die PKK in ihrem Bekennersc­hreiben zur Ermordung des 62-jährigen Aydin Ahi in der Provinz Van.

Nicht wegen seines Parteibuch­s hat die PKK ihn umgebracht, sondern wegen angebliche­r „Verbrechen“

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