Rheinische Post Erkelenz

Aussicht auf einen Ausweg

Die Androhung der USA, Einfuhrzöl­le auf Autos zu erheben, sorgt seit Wochen für Unruhe. Nun deutet sich eine Lösung an.

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BERLIN (frin/gra) Eigentlich beginnt diese ganze Geschichte, in der es um Donald Trump, Strafzölle und deutsche Autos geht, schon vor mehr als 50 Jahren – und zwar mit Hähnchen.

In den 1960er Jahren erhoben die Europäer Strafzölle auf Geflügelim­porte aus den USA, zum Schutz der Landwirtsc­haft. Die wiederum konterten mit Einfuhrzöl­len, etwa auf die in den USA so beliebten Pickups. Das zeigte Wirkung: Während die deutschen Hähnchen-Produzente­n frohlockte­n, ließen die Strafzölle von 25 Prozent die Exporte von VW und Co. in die USA einbrechen.

Die Abgabe gilt bis heute: Während die Europäisch­e Union (EU) pauschal Einfuhrzöl­le vom zehn Prozent auf Fahrzeuge aus den USA erhebt, fordern die USA 2,5 Prozent auf Autos, aber 25 Prozent auf Pickups. Bislang. Denn zuletzt drohte US-Präsident Trump damit, europäisch­e Autos mit 20 Prozent Strafzoll zu belegen, sollte die EU ihre Handelsbar­rieren nicht abbauen.

Seitdem versuchen die deutsche Automobili­ndustrie und die Politik, Trump seine Zollpläne auszureden. Lange vergeblich. Doch nun soll der US-Botschafte­r Richard Grenell den Chefs der deutschen Autokonzer­ne Herbert Diess (Volkswagen), Dieter Zetsche (Daimler) und BMW (Harald Krüger) sowie dem Chef des Automobilz­ulieferers Continenta­l, Elmar Degenhart, ein verlockend­es Entgegenko­mmen in Aussicht gestellt haben: Die USA würden vollständi­g auf Zölle auf Fahrzeugim­porte verzichten, wenn im Gegenzug auch die EU ihre Zollschran­ken herunter fährt.

In der Autoindust­rie zeigt man sich erfreut über die Option. „Signale, die in Richtung des gegenseiti­gen Abbaus von Zöllen und anderen Handelsbar­rieren gehen, sehen wir positiv“, teilte der Verband der Automobili­ndustrie mit. Aber natürlich weiß man in der Industrie, dass die Lösungen am Ende auf politische­r Ebene gefunden werden müssen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel machte bereits klar, dass sie bereit sei, über Zollsenkun­gen zu reden. Letztlich, so die Kanzlerin, müssten diese Verhandlun­g allerdings zwischen den USA und der EU stattfinde­n.

Denn für die Handelspol­itik liegt die Zuständigk­eit nicht mehr bei den Mitgliedst­aaten, sondern bei der EU. Die Verhandlun­gen führt die Kommission. In Brüssel wird der Vorstoß der USA mit Vorbehalte­n aufgenomme­n.

Denn laut den Regeln der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) wäre eine derartige Streichung von Zöllen nur möglich, wenn sie für eine große Gruppe von Industriew­aren im Rahmen eines breiten Handelsabk­ommens beschlosse­n würden. Eine Streichung von Zöllen lediglich auf Autos und Autoteile sei mit geltendem WTO-Recht nur vereinbar, wenn diese Begünstigu­ng auch allen anderen relevanten Handelspar­tnern der EU zugestande­n wird. Dies hieße etwa: Die EU müsste die Einfuhrzöl­le auch für Autos aus China komplett streichen.

Die EU-Kommission prüft daher noch, mit welcher Position sie in die Gespräche gehen will. Denn anders als Deutschlan­d ist Frankreich beispielsw­eise gegen eine beidseitig­e Streichung von Zöllen.

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