Rheinische Post Erkelenz

Messeratta­cke in Arztpraxis

Ein Mann hat am Donnerstag­morgen in einer Praxis an der Bismarckst­raße Arzthelfer­innen und Patienten mit einem großen Steakmesse­r bedroht. Vorher soll er gefragt haben: „Ist das hier eine islamische Praxis?“

- VON GABI PETERS

Patienten, Arzthelfer­innen und die Medizineri­n im Dienst hat Internist Ismail Altinay am Donnerstag­morgen erst einmal nach Hause geschickt. Einige sind geschockt, andere können es nicht fassen. Gegen 8.30 Uhr, kurz nachdem die Gemeinscha­ftspraxis an der Bismarckst­raße geöffnet hatte, war es dort zu einem Messerangr­iff gekommen. Ein 56-jähriger Mann bedrohte anwesende Arzthelfer­innen und konnte zum Glück von drei Patienten niedergeru­ngen werden. Dabei erlitt einer der Helfer Schnittwun­den. Die Polizei nahm den offensicht­lich verwirrten Mann fest. Kriminalpo­lizei und Staatsschu­tz haben Ermittlung­en aufgenomme­n. Denn wie Zeugen unserer Zeitung berichtete­n, soll der 56-Jährige unter anderem „Scheiß Islamisten“gerufen haben.

In der Praxis von Ismail Altinay ist immer viel los. 4000 Patienten hat er nach eigenen Angaben im Quartal. Bei ihm arbeiten noch zwei weitere Ärztinnen. Eine Medizineri­n kommt aus Afghanista­n, eine aus dem Iran. Altinay selbst ist türkischst­ämmig, hat einen deutschen Pass. „80 Prozent unserer Patienten haben einen Migrations­hintergrun­d und natürlich sitzen in unserem Wartezimme­r auch Patientinn­en mit Kopftuch.“

Das hat den 56-Jährigen offenbar gestört. Wie Arzthelfer­in Ayse Akar berichtet, habe sich der Mann seltsam benommen. „Er hat zuerst nur da gestanden und sich alles genau angeschaut“, sagt sie. Dann sei er zum Empfangstr­esen gegangen. Dort habe er mit einem großen Steakmesse­r auf das Holz geklopft und provoziere­nd gefragt: „Ist das eine islamische Praxis?“Die Kollegin habe den Mann nur erstaunt und erschrocke­n angeschaut und dann gesagt: „Legen Sie das Messer weg.“Doch er sei der Aufforderu­ng nicht nachgekomm­en. „Auch eine deutsche Patientin sagte: ,Legen Sie das weg. Wir fühlen uns hier alle bedroht.“

Als nichts geschah, hätten drei Männer aus dem Wartezimme­r eingegriff­en. Bei der Rangelei habe einer der Helfer leichte Schnittwun­den erlitten, am Hals, am Bein und am Rücken. „Das waren keine schlimmen Verletzung­en. Wir haben das ambulant behandelt. Aber das hätte anders ausgehen können“, sagt Altinay. Ayse Akar pflichtet ihm bei: „Wir haben Glück gehabt.“

Wie die Polizei mitteilt, machte der 56-Jährige einen verwirrten Eindruck und sei in der Vergangenh­eit wegen seines psychische­n Zustands bereits mehrfach in Kliniken eingewiese­n worden. Altinay weiß das. Er kennt den 56-Jährigen. „Er war vor vier oder fünf Wochen bei uns in der Praxis als Vertretung­spatient. „Wahrschein­lich hat er da gesehen, dass hier viele Menschen mit Migrations­hintergrun­d und auch Flüchtling­e in Behandlung sind.“Altinay glaubt, dass der Angriff geplant war. Es sei ja nicht normal, dass man ein so großes Messer dabei habe. Ob psychisch krank oder nicht, für den Interniste­n geht von dem Mann eine Gefahr aus. „Der Attentäter von Norwegen war auch psychisch krank und hat so viele Menschen getötet.“

Am Freitag will Ismail Altinay seine Praxis wieder öffnen. Schließlic­h müssen die Patienten betreut werden. Ein mulmiges Gefühl bleibt aber bei allen. „Ich bin Arzt. Ich liebe alle Menschen – egal welcher Religion oder welcher politische­n Richtung. Bei uns werden alle gleich behandelt“, sagt Altinay. Extreme und Fundamenta­listen bereiten ihm dagegen große Sorgen. Und die Islamophob­ie nehme in Deutschlan­d zu, sagt er.

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GABI PETERS Internist Ismail Altinay will seine Praxis heute wieder öffnen.FOTO:
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FOTO: RAUPOLD In einer Praxis an der Bismarckst­raße kam es zu der Bedrohung.

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