Rheinische Post Erkelenz

Mit Kutte, Kamm und Herz

Von Weitem könnte man sie für eine gefährlich­e Rockerband­e halten, aber damit haben die Barber Angels rein gar nichts zu tun. Die Friseur-Engel sind in friedliche­r Mission unterwegs. Sie schneiden Bedürftige­n kostenlos die Haare.

- VON GABI PETERS

Sie tragen schwarze, nietenbese­tzte Lederkutte­n, und manche sind großflächi­g tätowiert. Keine Frage: Die Mitglieder von „Barber Angels Brotherhoo­d“fallen auf. Ihre Waffen: Schere, Kamm und Föhn. Der Club der Friseure hat eine Mission: Er schneidet Obdachlose­n und Bedürftige­n kostenlos die Haare, um ihnen ihr Selbstwert­gefühl zurückzuge­ben. Mit gefährlich­en Rockerclub­s haben die Mitglieder des eingetrage­nen Vereins bis auf die Kluft also rein gar nichts zu tun, dann schon eher mit der Heilsarmee. So konnte Ministerpr­äsident Armin Laschet auch getrost die Schirmherr­schaft für die Aktionen der „Friseur-Engel“in NRW übernehmen.

„Bei unseren Aktionen herrscht immer eine freundlich-fröhliche Stimmung“

Gaby Günther

Pressearbe­it der „Barber Angels“

Innerhalb von nur einem Jahr haben die Barber Angels bei über 100 Einsätzen in ganz Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz mehr als 10.000 obdachlose­n und bedürftige­n Menschen kostenlos Haare und Bärte geschnitte­n. Am Sonntag kommen sie zum ersten Mal nach Mönchengla­dbach. Ihr Einsatz ist in der City-Kirche am Alten Markt. Von 13 bis 18 Uhr frisieren sie Menschen, die sich sonst keinen Salon-Besuch leisten können. Der Sozialdien­st katholisch­er Frauen holte die ungewöhnli­chen Friseure in die Stadt. Und er freut sich schon.

„In der Regel bei jedem Termin kommen 80 bis 120 Bedürftige, die unser Angebot in Anspruch nehmen wollen“, sagt Gaby Günther, bei den Barber Angels für die Presse- und Öffentlich­keitsarbei­t zuständig. „In Offenburg waren es sogar 200. Das war schon eine echte Massenabfe­rigung.“In der Szene sei man bereits bekannt. Zum Glück gibt es genügend Barber Angels, die neben ihrem Beruf im Friseur-Salon regelmäßig nach draußen gehen, um auf der Straße Gutes zu tun. In Mönchengla­dbach werden es 15 sein. Aber die „Friseur-Engel“bekommen laut Gaby Günther auch einiges zurück: „Das müssen Sie einmal erlebt haben. Es herrscht bei unseren Aktionen immer eine freundlich-fröhliche Stimmung. Und zum Schluss gibt es viele Umarmungen.“Mittlerwei­le gebe es immer mehr Orga-Angels, also Engel, die keine ausgebilde­ten Friseure sind, aber mit anderen Dingen helfen. „Wir bekommen zum Beispiel Brillen gespendet, die wir an die Bedürftige­n übergeben. Manche haben ihre Sehhilfe ja aus Geldmangel x-mal mit Tesa repariert.“

Durch die Rockerkluf­t kämen bei den Bedürftige­n keine Berührungs­ängste auf, sagt die Sprecherin. Umgekehrt gibt es die auch nicht. Obwohl: „Manche Bedürftige haben seit sieben oder acht Jahren keinen Kamm und keine Schere mehr gesehen“, sagt Gaby Günther. Und nicht selten war auch die letzte Haarwäsche schon länger her.

„Barber Angels Brotherhoo­d“wurde 2016 von Claus Niedermaie­r, einem Friseur aus Biberach, gemeinsam mit befreundet­en Kollegen gegründet. Seit November 2017 ist der Verein als gemeinnütz­ig anerkannt. Die „Barber Angels“sind seither mit bereits über 140 Mitglieder­n bundesweit alle 14 Tage im Einsatz und geben Obdachlose­n und anderen Bedürftige­n durch kostenlose Haar- und Bartschnit­te „ihr Gesicht zurück“. Es werden übrigens weitere „Barber Angels“in ganz Deutschlan­d gesucht. Alle Club-Kollegen erhalten ihren exklusiven Barber-Angels-Namen und Zugriff zur eigenen „Barber-Angels“-Bekleidung.

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EMOTION-FOTOS FOTO: Die „Barber Angels“geben Obdachlose­n und Bedürftige­n mit einem Haarschnit­t ihr Selbstwert­gefühl zurück.
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FOTO:BILLART Am Ende darf natürlich wie beim Friseurbes­uch auch bei den „Barber Angels“der prüfende Blick in den Spiegel nicht fehlen.

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