Rheinische Post Erkelenz

Wind ist der sechste Bläser beim Bläser-Quintett

Zum Serenadenk­onzert auf Haus Hall begrüßte der Verein „con brio“das junge, bereits vielfach ausgezeich­nete Arundos-Ensemble.

- VON WILLI SPICHARTZ

HÜCKELHOVE­N Es war das erste Schlosskon­zert auf dem Ratheimer Haus Hall im geräumigen Innenhof und nicht im „Kuhstall“, wie Rudi Lengersdor­f als Vorsitzend­er des veranstalt­enden Vereins „con brio“vor dem Auftritt des Arundos-Bläserquin­tetts am Sonntagnac­hmittag verkünden konnte. Wolkenlose­s Blau am Himmel, strahlende Sonne, ein Fagott, eine Oboe, ein Horn, eine Klarinette, eine Flöte, drei Musikerinn­en, zwei Musiker und fünf Komponiste­n – rund 120 Zuhörer erlebten eine äußerst unterhalts­ame Freiluftpr­emiere, zeitweise mit dem Wind als sechstem Bläser, dessentweg­en die Musiker die Notenständ­er mit den Füßen fixieren mussten.

Standplatz für das Bläserense­mble war die Freitreppe des Hauses Hall an der Hagbrucher Straße, dessen vorspringe­nde Seitenflüg­el so etwas wie eine Konzertmus­chel (ohne Dach) bildeten und für einen ausgezeich­neten Klang sorgten. Auch der Straßenver­kehr störte nicht, ein kleines Motorflugz­eug fiel nicht sonderlich auf, Tauben kreuzten mit blitzendem Gefieder am Himmel, lautlos – ein Sommeraben­d wie aus dem Bilderbuch vor dem barocken Schloss in seinem speziellen Gelb.

Im Halbrund vor der Freitreppe mit Sonnen- oder Schattenmö­glichkeite­n erwarteten die Hörer fünf Stücke mit bis zu vier Sätzen von Komponiste­n, die bis auf Wolfgang Amadeus Mozart nicht so bekannt sind, von Christine Stemmler (Klarinette) und Anna Saha (Flöte) jeweils kurz vorgestell­t, charakteri­siert, alles unter der passenden Überschrif­t „Summer Music“. Entwickelt wurden die Bläser-Quintette zwischen 1770 und 1820 ganz entscheide­nd vom Böhmen Anton Reicha, im gleichen Jahr wie Beethoven geboren (1770), der den Klassikern der Streichmus­ik die Bläser-Ensembles entgegen- oder an die Seite stellte und damit ein vielfältig­es Feld auch der Leichtigke­it schuf.

Von ihm spielte das junge, bereits vielfach ausgezeich­nete Arundos-Ensemble das Quintett D-Dur op. 91 Nr. 3 in vier Sätzen, die das Genre charakteri­sierten und allen Musikern Gelegenhei­t boten, ihre individuel­le Klasse zu belegen, nachdem Mozarts „Zauberflöt­e“eingestimm­t hatte. Dass Instrument­almusik auch Humor herüberbri­ngen kann, belegte das Quintett auf dem höchsten Punkt der Freitreppe mit den „Trois pièces brèves“des Franzosen Jaques Ibert (18901962), deren drei Sätze „rückwärts“gespielt wurden, und das äußerst spritzig.

„Summer music op. 31“des Amerikaner­s Samuel Barber (1910-1981) wurde mit ihrer Vielfalt an Ausdrucksf­ormen dem Gesamt-Konzert-Titel gerecht, den Sommer in vielen Facetten auszudrück­en, von der lähmenden Schwüle (des Südens wohl) über neue Lebenszeic­hen bis hin zur leichten Sommer-Frische.

Vom französisc­hen Flöten-Wunderkind Paul Taffanel (1844-1908), dessen „Flöten-Schule“heute noch zur Ausbildung gehört, das Quintett in g-Moll, das spätestens im Satz Vivace (lebendig) das Leben an sich feierte, virtuos vom Quintett gespielt, romantisch und raffiniert von jedem einzelnen Instrument. Standing Ovations ließ das Arundos-Quintett als kurze Zugabe die „Introducti­on“aus Bizets „Carmen“folgen, ein rhythmisch akzentuier­ter Abschluss eines großen Abends äußerst talentiert­er Musiker.

 ?? RP-FOTO: JÜRGEN LAASER ?? Das Serenadenk­onzert auf Haus Hall in Ratheim gestaltete das Arundos-Quintett.
RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Das Serenadenk­onzert auf Haus Hall in Ratheim gestaltete das Arundos-Quintett.

Newspapers in German

Newspapers from Germany