Asylwende durch Ordnung
Union und SPD haben einen Kompromiss im Asylstreit gefunden.
BERLIN Transitverfahren statt Transitzentren, Absprachen statt Alleingänge – Fragen und Antworten zur künftigen Asylpolitik:
Welche Probleme löst die Einigung?
Die Einigung ist ein Signal nach außen, dass Deutschland seine Flüchtlingspolitik restriktiver gestalten will. Das kann perspektivisch dazu führen, dass sich weniger Menschen auf eine gefährliche Flucht begeben. Auch die klare Botschaft, dass Deutschland sich an einem besseren Schutz der EU-Außengrenzen beteiligt, trägt zu diesem Effekt bei.
Was wird sich effektiv ändern?
Klar ist, dass zumindest in Bayern die Schleierfahndung im Grenzbereich auf bis zu 30 Kilometer hinter der deutschen Grenze erweitert wird. Es ist zu erwarten, dass weitere Bundesländer folgen, um Ausweichbewegungen entgegenzuwirken. Die Bundespolizei darf die aufgegriffenen Menschen bis zu 48 Stunden festhalten. In dieser Zeit kann überprüft werden, ob Deutschland überhaupt für ein Asylverfahren zuständig ist.
Wer verhandelt jetzt was?
Seehofer soll am Mittwoch in Innsbruck mit seinen Amtskollegen aus Österreich und Italien über Verwaltungsabkommen verhandeln, durch die Deutschland Asylbewerber zu ihnen zurückschicken kann, wenn sie dort zuerst registriert wurden (Artikel 36 der Dublin-Verordnung). Sollten Wien und Rom das verweigern, besagt der Koalitionsbeschluss, dass solche Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze abgewiesen werden – auf der Grundlage einer Vereinbarung mit Österreich. Die Dublin-Rücküberstellungen sollen mit möglichst vielen EU-Ländern vereinbart werden.
Wie sind die Erfolgsaussichten für den deutschen Wunsch nach Abkommen?
Sichere Zusagen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von Griechenland und Spanien. 14 weitere Länder galten als kooperationswillig, osteuropäische Länder distanzierten sich aber davon. Und Seehofer weichte bereits bei seinem ersten Gespräch mit dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz am Donnerstag seine zuvor harte Haltung der Zurückweisung von Flüchtlingen in das Nachbarland auf.
Der Minister, der eigentlich nationale Alleingänge geplant und damit fast die Regierung Angela Merkel gestürzt hatte, erklärte überraschend, Deutschland werde „weder jetzt noch in der Zukunft“Österreich für Flüchtlinge verantwortlich machen, für die es nicht zuständig sei. Darauf berief sich Kurz am Freitag und erklärte, sein Land wäre ohnehin nicht bereit gewesen, solche Verträge abzuschließen. Solange es aber keine klaren Regelungen mit den EU-Partnern gibt, wer wen unter welchen Umständen zurücknimmt, wird man die Menschen nicht einfach wieder auf österreichischem Boden absetzen. Dann wiederum warnte Seehofer im „Spiegel“, ohne bilateralen Vereinbarungen „müssten wir darauf zurückgreifen, direkt an der Grenze abzuweisen“.