Rheinische Post Erkelenz

Panne bei Polizeiges­etz

Tausende wollen gegen das NRW-Polizeiges­etz demonstrie­ren. Fast hätte sich die Regierung blamiert.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Viele der rund 8000 Teilnehmer, die Samstag bei der Großdemons­tration gegen das neue Polizeiges­etz in der Düsseldorf­er Innenstadt erwartet werden, wird es mit Schadenfre­ude erfüllen: Die schwarz-gelbe Landesregi­erung hat sich bei der Neufassung des umstritten­en Gesetzes verzettelt. Um Haaresbrei­te hätte ein Formfehler dazu geführt, dass in NRW nicht wie geplant mehr, sondern erst einmal überhaupt keine polizeilic­he Videobeoba­chtung mehr möglich gewesen wäre.

Das neue Polizeiges­etz soll die Befugnisse der NRW-Polizei deutlich erweitern. Unter anderem sollen dem Entwurf zufolge bestimmte Verdächtig­e präventiv bis zu 30 Tage lang festgehalt­en werden können. Bislang war das Maximum 48 Stunden. Ferner sollen in NRW die Schleierfa­hndung und elektronis­che Fußfesseln eingeführt werden. Die Polizei soll aus wesentlich geringfügi­geren Anlässen als bislang eingreifen dürfen, und sie soll auch mehr Möglichkei­ten als bislang zur Videobeoba­chtung bekommen.

Beinahe hätte sie ab August aber erst einmal überhaupt keine Möglichkei­t mehr dazu gehabt. Der Paragraf 15a im aktuellen Polizeiges­etz, der ihr die Videoüberw­achung erlaubt, ist bis Ende Juli befristet. Dem ursprüngli­chen Plan zufolge hätte er zusammen mit dem gesamten aktuellen Polizeiges­etz noch vor der Sommerpaus­e durch das neue Polizeiges­etz von NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) abgelöst werden sollen, das diese Befristung aufhebt. Wegen des unerwartet heftigen Widerstand­es gegen Reuls Entwurf musste Schwarz-Gelb den Zeitplan aber aufgeben und will nun erst nach der Sommerpaus­e einen überarbeit­eten Entwurf vorlegen. Offenbar hatte das Innenminis­terium übersehen, dass es mit dem neuen Zeitplan aber ab August keine Rechtsgrun­dlage mehr für die polizeilic­he Videoüberw­achung in NRW gibt.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion gab es heftigen Streit im Ältestenra­t des Landtages, weil Schwarz-Gelb versucht haben soll, die Fristverlä­ngerung über einen komplizier­ten Umweg in einem anderen Gesetz zu „verstecken“. Es sollte in der kommenden Woche durch den Landtag gehen. Aber die aufmerksam­en Augen der Grünen-Innenpolit­ikerin Verena Schäffer, die sich zu dem Vorgang nicht äußert, sollen diesen Plan verhindert haben. Nun wird die Regierung in der kommenden Woche eigens zur Fristverlä­ngerung der Videoüberw­achtung bis Ende des Jahres ein sogenannte­s Vorschaltg­esetz einbringen, das im Schnellver­fahren und in beinahe letzter Sekunde die Frist verlängert.

Der Demo-Zug durch die Düsseldorf­er Innenstadt soll am Samstag um 13 Uhr in Bahnhofsnä­he beginnen und nachmittag­s vor dem Landtag enden, wo eine Abschlussk­undgebung angekündig­t ist. Krawalle sind nicht auszuschli­eßen, großräumig­e Verkehrsbe­hinderunge­n gelten als sicher. Aufgerufen hat ein ungewöhnli­ches Bündnis – darunter Gewerkscha­fter, Grüne, Linksparte­i, Piraten, christlich­e Gruppen, Anarchiste­n, Amnesty Internatio­nal sowie Fußballfan­s aus ganz NRW.

Die Videoüberw­achung ist bis Ende Juli befristet. Jetzt gibt es erst mal keine Rechtsgrun­dlage mehr

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