Panne bei Polizeigesetz
Tausende wollen gegen das NRW-Polizeigesetz demonstrieren. Fast hätte sich die Regierung blamiert.
DÜSSELDORF Viele der rund 8000 Teilnehmer, die Samstag bei der Großdemonstration gegen das neue Polizeigesetz in der Düsseldorfer Innenstadt erwartet werden, wird es mit Schadenfreude erfüllen: Die schwarz-gelbe Landesregierung hat sich bei der Neufassung des umstrittenen Gesetzes verzettelt. Um Haaresbreite hätte ein Formfehler dazu geführt, dass in NRW nicht wie geplant mehr, sondern erst einmal überhaupt keine polizeiliche Videobeobachtung mehr möglich gewesen wäre.
Das neue Polizeigesetz soll die Befugnisse der NRW-Polizei deutlich erweitern. Unter anderem sollen dem Entwurf zufolge bestimmte Verdächtige präventiv bis zu 30 Tage lang festgehalten werden können. Bislang war das Maximum 48 Stunden. Ferner sollen in NRW die Schleierfahndung und elektronische Fußfesseln eingeführt werden. Die Polizei soll aus wesentlich geringfügigeren Anlässen als bislang eingreifen dürfen, und sie soll auch mehr Möglichkeiten als bislang zur Videobeobachtung bekommen.
Beinahe hätte sie ab August aber erst einmal überhaupt keine Möglichkeit mehr dazu gehabt. Der Paragraf 15a im aktuellen Polizeigesetz, der ihr die Videoüberwachung erlaubt, ist bis Ende Juli befristet. Dem ursprünglichen Plan zufolge hätte er zusammen mit dem gesamten aktuellen Polizeigesetz noch vor der Sommerpause durch das neue Polizeigesetz von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) abgelöst werden sollen, das diese Befristung aufhebt. Wegen des unerwartet heftigen Widerstandes gegen Reuls Entwurf musste Schwarz-Gelb den Zeitplan aber aufgeben und will nun erst nach der Sommerpause einen überarbeiteten Entwurf vorlegen. Offenbar hatte das Innenministerium übersehen, dass es mit dem neuen Zeitplan aber ab August keine Rechtsgrundlage mehr für die polizeiliche Videoüberwachung in NRW gibt.
Nach Informationen unserer Redaktion gab es heftigen Streit im Ältestenrat des Landtages, weil Schwarz-Gelb versucht haben soll, die Fristverlängerung über einen komplizierten Umweg in einem anderen Gesetz zu „verstecken“. Es sollte in der kommenden Woche durch den Landtag gehen. Aber die aufmerksamen Augen der Grünen-Innenpolitikerin Verena Schäffer, die sich zu dem Vorgang nicht äußert, sollen diesen Plan verhindert haben. Nun wird die Regierung in der kommenden Woche eigens zur Fristverlängerung der Videoüberwachtung bis Ende des Jahres ein sogenanntes Vorschaltgesetz einbringen, das im Schnellverfahren und in beinahe letzter Sekunde die Frist verlängert.
Der Demo-Zug durch die Düsseldorfer Innenstadt soll am Samstag um 13 Uhr in Bahnhofsnähe beginnen und nachmittags vor dem Landtag enden, wo eine Abschlusskundgebung angekündigt ist. Krawalle sind nicht auszuschließen, großräumige Verkehrsbehinderungen gelten als sicher. Aufgerufen hat ein ungewöhnliches Bündnis – darunter Gewerkschafter, Grüne, Linkspartei, Piraten, christliche Gruppen, Anarchisten, Amnesty International sowie Fußballfans aus ganz NRW.
Die Videoüberwachung ist bis Ende Juli befristet. Jetzt gibt es erst mal keine Rechtsgrundlage mehr