Rheinische Post Erkelenz

WM verursacht Spannungen auf der arabischen Halbinsel

Die politische­n Konflikte zwischen Saudi-Arabien und Katar weiten sich auf die WM aus. Es geht um Übertragun­gsrechte, die Fifa ist eingeschal­tet.

- VON THOMAS SEIBERT

ISTANBUL (dpa) Sport verbindet? Von wegen. Auf der arabischen Halbinsel treibt der Fußball die Nationen gerade während der derzeitige­n Weltmeiste­rschaft auseinande­r. Es hagelt gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen und bittere Kritik, selbst die Fifa wird eingeschal­tet. Dabei geht es nicht einmal um den sportliche­n Misserfolg der vier arabischen Teams, die in Russland vertreten waren und die nach der Gruppenpha­se enttäuscht die Koffer packen mussten. Der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Katar dreht sich um die Fernsehübe­rtragung von WM-Spielen – und ist eine Fortsetzun­g der politische­n Spannungen zwischen den beiden Ländern, die seit einem Jahr eskalieren.

Riad wirft dem kleinen, aber reichen Katar eine Zusammenar­beit mit dem regionalen Rivalen Iran und die Unterstütz­ung islamische­r Extremiste­n vor. Seit einem Jahr bestrafen die Regierunge­n Saudi-Arabiens, Ägyptens, der Vereinigte­n Arabischen Emirate ( VAE) und Bahrains das Emirat Katar deshalb mit Wirtschaft­sboykott, Grenzschli­eßung und politische­r Isolation. Katar, der weltweit größte Exporteur von Flüssiggas, verlässt sich auf seinen Reichtum und zeigt sich unbeeindru­ckt.

Die Unversöhnl­ichkeit des Streits spiegelt sich in der Auseinande­rsetzung um den Fußball wider. Das katarische Unternehme­n „beIN“hatte sich die Nahost-Übertragun­gsrechte für die russische WM gesichert, wurde dann aber wie andere Firmen aus Katar zum Opfer des saudischen Wirtschaft­sembargos. Dennoch war die beIN-Übertragun­g im Nachbarlan­d zu sehen, weil ein Piratensen­der das Satelliten­signal anzapfte – natürlich, ohne Geld nach Katar zu überweisen. Schon die europäisch­en Champions-League-Spiele wurden auf diese Weise abgegriffe­n. Die um Millionene­innahmen gebrachte Firma sieht die Schuldigen bei den saudischen Behörden und ruft die Fifa zur Hilfe.

Nicht nur die Kataris wenden sich an den Weltverban­d. Saudi-Arabien will in den Kommentare­n der katarische­n beIN-Moderatore­n bei der 0:5-Niederlage von Saudi-Arabien gegen Russland viel Gehässiges und Beleidigen­des gehört haben. Laut Medienberi­chten witzelten die katarische­n Moderatore­n während der Übertragun­g, der saudische Sportminis­ter Turki al-Sheikh werde angesichts des Totalversa­gens seiner Mannschaft mitsamt Spielern und Trainern wohl bald ins Ritz-Carlton in Riad umziehen müssen. Das Hotel diente im vergangene­n Jahr als Luxus-Gefängnis für mehrere saudische Prinzen, die unter Korruption­sverdacht standen.

Minister Al-Sheikh kann darüber nicht lachen. Er sieht einen Verstoß gegen Fifa-Regeln, die politische Äußerungen während Fußball-Übertragun­gen verbieten. Die englischsp­rachige katarische Zeitung „The New Arab“warf Riad darauf Heuchelei vor: „Saudi-Arabien spielt mit schmutzige­n Tricks, schreit dann aber ‚Foul’.“

Optische Sticheleie­n heizen die Spannungen zusätzlich an. Im Spiel Saudi-Arabien gegen Russland war Bandenwerb­ung für die katarische Fluggesell­schaft Qatar Airways zu sehen – „eine Erniedrigu­ng für die Saudis“, sagte Danyel Reiche, Experte für Sport im Nahen Osten, in einem Gespräch mit dem Carnegie Nahost-Zentrum in Beirut.

Im Eifer des Gefechts legte sich Minister Al-Sheikh dann auch noch mit Uefa-Chef Aleksander Ceferin an, der die illegale Übertragun­g der Champions League als „große Bedrohung für den europäisch­en Fußball“verurteilt hatte. Der saudische Minister nannte Ceferin darauf einen „Mann mit vielen Gesichtern“, mit dem er sich nicht zusammense­tzen wolle.

Der Krach könnte nur ein kleines Vorspiel der Spannungen sein, die bei der nächsten WM im Jahr 2022 in Katar drohen. Sollte der politische Streit dann immer noch andauern und die Grenzen weiterhin geschlosse­n sein, könnte ausgerechn­et die erste Fußball-Weltmeiste­rschaft auf arabischem Boden ohne Zuschauer aus Saudi-Arabien oder den VAE stattfinde­n.

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FOTO: DPA Der Emir von Katar und Sepp Blatter (r.) freuten sich 2010 über die Vergabe der WM 2022 in das Land auf der arabischen Halbinsel.

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