Sehnsuchtsort Champions League
Bayer Leverkusens Trainer Herrlich peilt einen Platz im internationalen Fußball an.
LEVERKUSEN Für die Schwergewichte der Bundesliga ist in der Vorbereitung auf die neue Saison erstmal Reisestress angesagt. Der FC Schalke 04 ist auf PR-Tour in China. Borussia Dortmund und Bayern München fliegen noch im Juli in die USA. Die Pläne von Bayer Leverkusen wirken dagegen beschaulich: Ab Samstag radelt Trainer Heiko Herrlich mit seinen Profis von Bad Bertrich über Koblenz nach Bonn und schließlich wieder zurück nach Leverkusen.
Die dreitägige „Tour de Bayer“ist als Rad-Trainingslager gedacht, erklärt der 46-Jährige. „Man kann ja nicht immer nur laufen. Das geht brutal auf die Gelenke.“Radfahren sei schonender und schaffe eine gute Grundlage für die weitere Trainingsarbeit. Herrlich hat dabei freilich im Blick, dass es für den Europa-League-Teilnehmer eine fordernde Hinrunde werden dürfte – mit bis zu neun Englischen Wochen und womöglich einigen strapaziösen Auswärtsreisen.
Bevor es auf den Sattel geht, bittet der Coach sein Team zur ersten Einheit auf den Rasen. WM-Fahrer Julian Brandt weilt noch im Urlaub und wird erst im Trainingslager im österreichischen Zell am See/Kaprun (29. Juli bis 5. August) zum Team stoßen. Ebenfalls nicht dabei sind Julian Baumgartlinger, Aleksandar Dragovic und Jonathan Tah (Sonderurlaub). Tin Jedvaj steht mit Kroatien im Viertelfinale der WM gegen Gastgeber Russland (20 Uhr).
Bayers 18,5-Millionen-Euro-Zugang Paulinho feiert am 15. Juli noch seinen 18. Geburtstag in Brasilien, ehe er zwei Tage später in Leverkusen ankommt. Das Toptalent ist neben den Torhütern Lukas Hradecky sowie Thorsten Kirschbaun und Mitchell Weiser einer von vier Neuen im Kader, dem Herrlich gern noch zwei Wunschspieler hinzufügen würde: einen Linksverteidiger als Vertretung für Wendell und einen kopfballstarken Mittelstürmer. Er fordert diese Ergänzungen nicht, hebt aber Vorzüge deutlich hervor.
Wenn mit den bei Bayer traditionell bevorzugten spielerischen Lösungen kein Tor gelinge, müsse eben auch mal ein einfacheres Rezept her, betont der 46-Jährige. „Es ist kein Geheimnis, dass wir schnelle Außenspieler haben. Der gezielte hohe Ball auf einen kopfballstarken Stürmer ist immer eine Alternative, wenn die Gegner aufgerückt sind. Für diese Erkenntnis braucht man keinen Trainerschein.“Es gebe manchmal Situationen, in denen es nicht anders gehe.
Spieler, die sein Anforderungsprofil erfüllen und Bayer weiterbringen können, sind allerdings selten und kostspielig. Zudem müsste ein Stürmer gefunden werden, der sich unter Umständen ohne zu murren auf die Bank setzt und dann als Spezialist eingesetzt werden kann, wenn seine Qualitäten gefragt sind – keine einfache Aufgabe für den neuen Sportdirektor Jonas Boldt. „Ich äußere einen Wunsch und dann schauen wir, was passiert“, sagt Herrlich. Sollte sich auf dem Transfermarkt nichts mehr bewegen, arbeite er eben mit den vorhandenen Spielern. Weitere Zu- und Abgänge gelten jedoch als wahrscheinlich. Das Transferfenster schließt am 31. August.
An der Zielsetzung der Werkself ändert sich nichts. Die Champions League bleibt der erklärte Leverkusener Sehnsuchtsort – auch wenn die finanziellen Möglichkeiten der Konkurrenz größer seien, wie Herrlich betont. Die vergangene Saison beendeten er und sein Team punktgleich mit Dortmund auf Rang fünf. Letztlich fehlten in der Endabrechnung nur drei Tore für die Königsklasse. „Dass wir die Champions League so knapp verpasst haben, war natürlich enttäuschend. Aber wir haben eine sehr gute Mannschaft. Unser Ziel ist wieder der internationale Wettbewerb – und wir möchten uns verbessern.“
Im Klartext: mindestens Platz vier ist anvisiert.