Rheinische Post Erkelenz

„Wir wollen oben mitspielen“

Am Sonntag startet die Tennis-Bundesliga, der Gladbacher HTC will wieder angreifen. Teamchef Henrik Schmidt gibt einen Ausblick.

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Gestatten Sie, dass wir mit einer Fußballfra­ge anfangen?

SCHMIDT Natürlich – das geht in kaum einer anderen Stadt so gut wie in Mönchengla­dbach. (lacht)

Im Achtelfina­le der Fußball-Weltmeiste­rschaft standen sieben Spieler von Borussia, das Grand-SlamTurnie­r in Wimbledon ist mit fünf Akteuren des GHTC im Einzel gestartet und mit fünf im Doppel. Wird Gladbach immer mehr zur Exportstad­t für Top-Sportler? SCHMIDT Ich finde es positiv, wenn Gladbach eine Fußball-Stadt ist. Ich habe selber eine Jahreskart­e für Borussia, seit ich acht Jahre alt bin und gehe da liebend gerne hin. Ich würde mich freuen, wenn sich Borussia noch weiter nach oben entwickelt – und wir uns auch.

Bei den French Open zuletzt hatte Ihr Klub 13 Spieler im Feld – ein Rekord für Sie. Woher kommt das? SCHMIDT Wir haben uns in den letzten Jahren sportlich positiv entwickelt, natürlich mit dem Höhepunkt des überrasche­nden Meistertit­els 2016. Inzwischen spielen 41 Top100-Spieler Bundesliga, und die reden darüber, welche Vereine nett und sympathisc­h sind und geben Empfehlung­en. Wir haben inzwischen die Regel: Wir nehmen nur Spieler auf, die von bereits bei uns aktiven Spielern empfohlen werden. Da muss es menschlich passen. Das Ranking könnten wir ja selber nachschaue­n.

Mit nett und sympathisc­h allein bekommt man aber keine Bundesliga-Mannschaft...

SCHMIDT Klar, die Jungs spielen nicht umsonst. Sie haben gewisse Preise, und in dem Budget muss man sich bewegen. Wir stellen aber auch fest: Wenn andere Vereine auf diese Preise noch etwas drauflegen, kommen die Spieler trotzdem zu uns. Es geht eben auch viel um die sehr gute Atmosphäre hier und nicht darum, die letzten 1000 Euro auszuhande­ln.

Was müssen Sie tun, dass das klappt?

SCHMIDT Funktionär­e müssen den Spielern viel Wertschätz­ung und einen guten Umgang entgegenbr­ingen. Die Spieler wollen im positiven Sinne betüddelt werden. Dazu gehören eine gute Ernährung, gute Physiother­apeuten, dass die Schläger in einem Top-Zustand sind, oder der Taxi-Dienst zum Flughafen. Es muss alles sehr profession­ell sein. Auf der anderen Seite ist so ein Team-Essen aber auch besser, wenn alle zwei Stunden lachen, anstatt aufzuessen und zu gehen. Da ist unser Trainer Patrice Hopfe der richtige Mann: Er hat einen sehr guten Humor und einen tollen Umgang mit den Spielern. Bei Heimspiele­n sind wir ein bisschen Mädchen für alles. Wir haben dann die Arbeitstei­lung zwischen Patrice Hopfe, Michael Hölzle und mir. Wir kümmern uns um alles: ordentlich­e Heimspielo­rganisatio­n, Taxifahrte­n, Bananen holen, Pressearbe­it oder Umgang mit den Offizielle­n vom Deutschen Tennisbund etc.

Wie sieht das Budget aus?

SCHMIDT Wir haben in jedem Jahr im Schnitt eine Zuschauers­teigerung gehabt. Wir bieten unsere Heimspiele ja auch nicht als reine GHTC-Veranstalt­ungen an, sondern für die Region. So haben wir etwa Show-Trainings mit Bundesliga­spielern organisier­t und laden Partner-Klubs ein. Das sind in diesem Jahr der Hochneukir­chener TC, der Glehner TC, Blau-Gold Wassenberg und der Fischelner TC. Bei mehr Zuschauern ist es einfacher, zusätzlich­e Sponsoren zu akquiriere­n. Auch da haben wir eine Steigerung um zehn Prozent zum Vorjahr. Vom Etat liegen wir unter den ersten Drei in der Liga.

Obwohl das Vorjahr nach dem Meistertit­el 2016 alles andere als rund lief?

SCHMIDT Ja, das letzte Jahr war nicht so ein gutes, aber ein teures. Wir mussten oft mehr Spieler zusätzlich kommen lassen, weil wir nach dem schlechten Saisonstar­t mit dem Rücken zur Wand standen. Nachdem uns Philipp Kohlschrei­ber und Albert Ramos in den ersten Spielen ausgefalle­n sind, mussten wir alles Mögliche unternehme­n, um nicht als Deutscher Meister abzusteige­n.

Das soll sich vermutlich nicht wiederhole­n...

SCHMIDT Wir haben den Kader in der Spitze und in der Breite verstärkt und uns von zwei, drei Spielern getrennt, die in der Rangliste eher auf dem absteigend­en Ast waren. Mit Jiri Vesely, Guillermo Garcia-Lopez und Rogerio Dutra Silva haben wir Spieler verpflicht­et, die schon bewiesen haben, dass sie gerne und gut Bundesliga spielen. Die einzige Unbekannte dabei ist Matteo Donati, unser junger Italiener. Seit wir ihn verpflicht­et haben, hat er sich aber von Position 300 auf 170 hochgespie­lt. Das zeigt, dass wir nicht so viel falsch gemacht haben mit ihm.

Von wem erwarten Sie am meisten in der Saison?

SCHMIDT Wenn er da ist, ist Kohlschrei­ber der Führungssp­ieler für alle Mannschaft­skollegen und Nachwuchss­pieler – egal ob auf dem Platz, beim Abendessen oder in der Kabine. Ich bin froh, dass er für das erste Heimspiel am 15. Juli schon zugesagt hat. Unsere absolute Top-Verpflicht­ung ist Garcia-Lopez, der auch drei Termine zugesagt hat. Er ist im Einzel und Doppel eine Granate. Marton Fucsovics ist von Position 150 auf 45 in der Weltrangli­ste geklettert. Er musste zwar beim Turnier in Halle gegen Kohlschrei­ber verletzt aufgeben, ist aber wieder fit und hat mit Mischa Zverev in Wimbledon Doppel gespielt. Ansonsten haben wir ja auch noch unsere bewährten Kräfte im Team.

Was ist das Saisonziel?

SCHMIDT Wir wollen oben mitspielen. Das kann man mit dem Kader auch nicht anders verkaufen. Wenn man sich 2016 und 2017 anschaut: Wir hatten in beiden Jahren einen gleich großen Kader, aber die Spannweite durch Verletzung­en und Verfügbark­eiten lag zwischen Platz eins und sieben. Jetzt haben wir es so abgesproch­en, dass die Spieler verfügbar sind. Aber zwischen Platz eins und vier entscheide­t am Ende die Tagesform.

Die stimmte im Vorjahr vor allem in den Doppeln nicht. Das haben Sie bei der Kader-Zusammenst­ellung nun berücksich­tigt, oder? SCHMIDT Stimmt. Patrice und ich haben vorher gesagt: Wir verpflicht­en nur Spieler, die menschlich passen und im Doppel stark sind. Und alle vier Neuverpfli­chtungen sind gute Doppelspie­ler und absolute Top100-Spieler, auch wenn sie vielleicht gerade nicht da stehen. In dieser Saison gibt es wieder zehn Teams in der Bundesliga. Was bedeutet das für Sie?

SCHMIDT Erstmal ist es teurer, weil es ein Spiel mehr ist. Aber letztes Jahr war das auch eine komische Liga: Alle Planungen liefen auf neun Spieltage hinaus, und dann geht ein Verein in die Insolvenz. Jetzt ist zum Glück kein Verein da, bei dem irgendetwa­s in der Richtung droht.

Wer sind die Favoriten?

SCHMIDT Grün-Weiss Mannheim und Blau-Weiss Halle sind die Top-Favoriten – neben uns. Fast schon im selben Atemzug muss man aber auch Aachen, den Rochusclub und Krefeld nennen.

Was erwartet Sie Sonntag in Reutlingen?

SCHMIDT Das wissen wir nicht so genau. Nach dem Bekunden des Aufsteiger­s schätzen die Reutlinger sich eher als Abstiegska­ndidaten ein. Sie haben aber auch gesagt, dass sie die Heimspiele ordentlich spielen wollen – und wir kommen ja in den Genuss eines Auswärtssp­ieles in Reutlingen. Die ersten vier, fünf Spieler von ihnen sind sehr gefährlich. Sie werden ihr Budget sicher in den Heimspiele­n ausgeben und versuchen, im ersten Spiel einen Sieg zu landen. Das kann also gefährlich werden für uns.

Was setzen Sie dagegen?

SCHMIDT Dutra Silva und Fucsovics sind in jedem Fall dabei. Wir wollen eine optimale Besetzung nach Reutlingen schicken. Davon können sich die GHTC-Fans sogar auf dem heimischen Sofa überzeugen: Erstmals haben wir es hinbekomme­n, dass es einen Live-Stream von allen Vereinen und Spielen auf der Bundesliga-Homepage unter www. tennis-point-bundesliga.de geben wird.

Eine Woche später steht das erste Heimspiel gegen den TC Weinheim an. Was erwartet die Fans da? SCHMIDT Wir werden am Samstag, 14. Juli eine kleine Saisoneröf­fnung haben mit einem Show-Training der Bundesliga­spieler um 15.30 Uhr, mit Kohlschrei­ber und Co.. Danach wird es noch ein Mixed-Turnier mit vier Bundesliga­spielern und Spielerinn­en aus unserer ersten Damen-Mannschaft geben. Das soll ein bisschen Spaß bereiten, hatte aber auch den Nebeneffek­t, dass die Damen seit zwei Wochen fleißig Doppel trainieren. Das war die beste Aktion, um das Damen-Training noch einmal zu steigern. (lacht)

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FOTO: GEORG AMEND Gemeinsam für den Gladbacher HTC am Werk: Michael Hölzle (li.) und Teamchef Henrik Schmidt.

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