Die deutsche Krampfdrohne
Die Bundeswehr mietet nun waffenfähige Drohnen in Israel an. Sie schult ihre Piloten daran, will sie ab 2020 in die Einsätze schicken – aber die Bewaffnung einstweilen weggelassen. Geklärt ist damit nichts.
Als nach fünfjähriger Debatte die Fachausschüsse des Bundestages den Weg freimachten, hatte es die Wehrverwaltung eilig: Nur wenige Stunden lagen zwischen dem grünen Licht für die ersten Kampfdrohnen der Truppe und der Unterschrift unter dem Nutzungsvertrag. Schon in diesem Jahr werden die ersten Bundeswehrsoldaten nach Israel fliegen und dort lernen, wie man die G-Heron-TP steuert. 2020 sollen bis zu zwei Auslandseinsätze gleichzeitig mit den Fluggeräten gesichert werden.
„Heron“ist das englische Wort für Reiher. TP steht für „Turboprop“und das G für „German“, also die deutsche Version. Die Bundeswehr least fünf Exemplare und vier Bodenstationen. Was nach Beseitigung aller Unklarheiten klingt, ist in Wirklichkeit der Auftakt für neue Undurchsichtigkeit. Zwar werden 50 Millionen des bis zu 1,2 Milliarden Euro kostenden Projektes für die Herstellung einer „technischen Bewaffnungsfähigkeit“ausgegeben. Doch ob die Kampfdrohne auch kämpfen können soll, steht noch in den Sternen.
Es war der Kompromiss zwischen Union und SPD. Noch in der vergangenen Wahlperiode war das Heron-Vorhaben von der SPD ausgebremst worden. Nun hatten sich CDU, CSU und SPD in den Koalitionsverhandlungen auf eine Zwei-Stufen-Lösung verständigt: Erst einmal wird das Leasingmodell für eine bewaffnungsfähige Drohne auf den Weg gebracht, dann erst kommt die Entscheidung über die Bewaffnung, und zwar nach „ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung“.
SPD-Verteidigungsexperte Fritz Felgentreu hat schon einen Terminkorridor für die Ethikdebatte im Auge: „Ich halte das Halbjahr nach Abschluss der Haushaltsberatungen für einen geeigneten Zeitraum“, sagte er unserer Redaktion. Einstweilen freut er sich über die Entscheidung. „Mit der Anschaffung der Heron TP wird der Schutz deutscher Truppen im Einsatz verbessert und bleibt für die nächsten zehn Jahre gesichert“, sagt Felgentreu. Sein CSU-Kollege Florian Hahn unterschreibt das: Es gehe um den bestmöglichen Schutz für die Soldaten im Einsatz; deshalb sei die Heron-TP-Entscheidung überfällig. Hahn geht bereits einen Schritt weiter: „Ich hoffe, dass wir bald zum Schluss kommen, dass auch eine Bewaffnung des Systems sinnvoll ist“, erklärte Hahn.
Linken-Bundeswehrfachmann Alexander Neu sieht seine Befürchtungen bestätigt, „dass die technische Bewaffnungsfähigkeit der Drohne nur eine Vorstufe für die reale Bewaffnung“sein soll. Jedenfalls habe das Verteidigungsministerium die Bedenken „nicht überzeugend entkräften“können. Es handele sich somit lediglich um eine Rücksichtnahme auf die SPD, die „die Bewaffnungsfähigkeit subtiler erreichen“wolle. Ähnlich argumentieren die Grünen. Deren Militärhaushaltsexperte Tobias Lindner hält es für eine „falsche Entscheidung, eine bewaffnungsfähige Drohne zu leasen, bevor die völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Fragen geklärt sind“. Eine solche Debatte hätte vor der Beschaffung geführt werden müsse, wenn sie tatsächlich ergebnisoffen sein solle.
Doch diese Debatte dreht sich seit Jahren im Kreis. Sie wird befeuert von fiktiven Horrorgeschichten auf der einen und realen Einsätzen auf der anderen Seite. Mit Drohnen, so argumentieren die Gegner, würden die Schwellen zum Einsatz von Tötungsinstrumenten gesenkt. Es handele sich zudem um den ersten Schritt, dass Algorithmen an die Stelle menschlicher Entscheidungen träten und Maschinen ohne menschliche Einflussnahme Krieg zu führen begännen. Wiederholt wird kritisiert, dass vor allem die USA durch den Drohneneinsatz ferngesteuert bereits Tausende von Menschen getötet hätten und damit Grundsätze des Rechtsstaates eklatant verletzten. Immer wieder würden
Ob die Kampfdrohne kämpfen können soll, steht in den Sternen