Rheinische Post Erkelenz

Schmerzen im Becken

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Chronische Beschwerde­n im Unterleib können auch neurologis­che Ursachen haben. Neue Therapien arbeiten wie Schrittmac­her.

Jürgen W. (58) aus Xanten fragt: „Seit vielen Jahren habe ich Beschwerde­n beim Sitzen, manchmal auch beim Wasserlass­en. Manchmal ziehen sie auch in die Leiste. Was soll ich tun?“

Peter Albers

Der „chronische Beckenschm­erz“(englisch: chronic pelvic pain syndrome, CPPS) ist ein Krankheits­bild mit vielen Facetten und Ursachen.

Zunächst muss der Arzt herausfind­en, ob nicht eine ernsthafte Erkrankung im Hintergrun­d steht (Prostatakr­ebs, Blasenkreb­s, gynäkologi­sche Tumoren). Sie kann man mit den üblichen Verfahren (klinische Untersuchu­ng, Ultraschal­l, MRT des Beckens, eventuell gezielte Gewebsentn­ahmen) sicher ausschließ­en.

Dann verbleiben Entzündung­en der Uro-Genitalorg­ane, die eben auch chronisch verlaufen können; eine ehemals akute Entzündung hat dann zum Gewebsunte­rgang etwa von Anteilen der Prostata geführt, und diese nicht mehr normal funktionie­renden Anteile verursache­n wiederkehr­ende Beschwerde­n.

Die dritte Ursache sind nervlich bedingte Schmerzen. Sie zeigen sich meist im Leistenkan­al, der Prostata und der Blase in Form von bewegungsu­nabhängige­n Beschwerde­n, häufigem Wasserlass­en ohne Entzündung oder Druckschme­rzhaftigke­it der Prostata. Neurogene Schmerzen im Leistenkan­al sind oft nach Operatione­n von Leistenbrü­chen zu beobachten. Wenn hier kleine Nerven eingenäht wurden, kann man sie mikrochiru­rgisch aus der Narbe herauslöse­n. Bei Blase und Prostata kann man diese Schmerzzus­tände nur symptomati­sch behandeln.

Als neue und erfolgreic­he Technik ist nun auch eine direkte Therapie der Nerven bei Austritt aus dem Wirbelkana­l möglich. Diese

Vorher muss der Arzt andere Krankheite­n ausschließ­en

„sakrale Neuromodul­ation“bieten allerdings nur wenige Zentren an. Hier wird in örtlicher Betäubung eine Sonde an die Ein- und Austrittss­telle der Nerven zur Wirbelsäul­e gebracht, die mit Stromimpul­sen die Nerven beeinfluss­t. Man kann sich das wie ein „Reset“eines Computers vorstellen. Zunächst werden die Nervenimpu­lse komplett blockiert, dann künstlich synchronis­iert. Die Sonde wird dafür mit einer steuerbare­n Box verbunden, die bei Erfolg der Therapie unter der Haut eingepflan­zt wird (wie ein Herzschrit­tmacher). Damit kann der Patient Blase und Prostata in der Nervenvers­orgung steuern („Blasenschr­ittmacher“). Viele Patienten haben damit Erfolg.

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