Rheinische Post Erkelenz

Deep Purple spielen zum langen Abschied

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

MÖNCHENGLA­DBACH Deep Purple betreten die Bühne des Mönchengla­dbacher Sparkassen­parks zu Gustav Holsts „Mars, der Kriegsbrin­ger“.

So ganz wollen die furiosen, martialisc­hen Klänge des Orchesters­tücks nicht zum eher gemächlich­en Tempo passen, mit dem Gründungsm­itglied Ian Paice (Schlagzeug, seit 1968 dabei), Roger Glover (Bass, mit Unterbrech­ungen seit 1969), Ian Gillan (Gesang, mit Unterbrech­ungen seit 1969) und ihre Bandmitgli­eder die Bühne betreten. Gut, die grauen Männer sind alle Anfang 70 und befinden sich auf „Long Goodbye“-Tour.

Schon im Eröffnungs­stück „Highway Star“, zu dem U-Bahn-Tunnelbild­er über die Videowand sausen und ordentlich Tempo generieren, ist jedoch alles da, wofür Deep Purple stehen: Harter, geschwinde­r Rock mit kompakten Gitarre-Riffs von Steve Morse, die rollende, grollende, fauchende, keifende Hammond-Orgel, die Don Airey seit 2002 im Geiste des verstorben­en Jon Lord spielt, Ian Gillans Gesang, der in die hohen Lagen mittlerwei­le eher presst als gleitet und manchmal von Unisono-Gitarrenli­nien unterstütz­t wird.

„Highway Star“ist vom 1972 erschienen­en Meisterwer­k „Machine Head“, einem der meistverka­uften Alben aller Zeiten, das mit Led Zeppelins „IV“und Black Sabbaths „Paranoid“als Dreifaltig­keit des Hardrock gilt. Ganze fünf Stücke spielen Deep Purple davon, es dominiert klar das gut 90-minütige Set, das eine Feier ihrer größten Zeit in der klassische­n Besetzung ist. Eine Feier in konstant hohem Tempo, mit maximaler Spielfreud­e und Energie, bei der sich die jubelnden Fans irgendwann fragen: Wie lange halten die das noch durch?

Plötzlich kündigt Ian Gillan tatsächlic­h Beruhigung an: „Genug ‚Marching Tunes‘, jetzt kommen die Folksongs!“„Sometimes I Feel Like Screaming“beginnt tatsächlic­h zumindest wie eine Rockballad­e und auch das Hammond- und Schlagzeug-Duett von „Uncommon Man“klingt kurz nach irischem oder schottisch­em Folk.

Eine weitere Ausnahme bildet das zweite Keyboard-Solo Don Aireys, bei dem er im Schnelldur­chlauf die scheußlich­sten Synthesize­r-Effekte der vergangene­n Jahrzehnte präsentier­t. Doch Deep Purple kommen immer schnell auf ihre funktional­ste Formel zurück: hart, schnell, laut. Die langen Instrument­al-Parts haben Jam-Session-Charakter und der Sound hat Feuer – das bis zum unweigerli­chen „Smoke On The Water“brennt. Ob der Gassenhaue­r das letzte Mal in diesen Breitengra­den erklungen ist? Abwarten. Aus der „Long Goodbye“-Tour scheint sich eine „Never Ending Good bye“-Tour zu entwickeln.

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