Rheinische Post Erkelenz

„Henry ist Frankreich­s stärkster Gegner“

Belgiens Torhüter-Legende (64) über die Chancen im Halbfinale und die wichtige Rolle des Co-Trainers.

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BRASSCHAAT (sid) Der ehemalige Bayern-Torwart Jean-Marie Pfaff gehörte 1986 zu den belgischen Helden, die bei der WM in Mexiko erst im Halbfinale am späteren Weltmeiste­r Argentinie­n scheiterte­n. Am Dienstag spielen Pfaffs Nachfolger in St. Petersburg gegen Frankreich um den Einzug ins WM-Finale.

Herr Pfaff, wo und wie haben Sie den Sieg der belgischen Nationalma­nnschaft über Brasilien erlebt? PFAFF Ich war im Stadion. Es war ein tolles Spiel mit einem Super-Ergebnis für uns.

Was waren aus Ihrer Sicht die Gründe für den Sieg?

PFAFF Die Mannschaft war taktisch bestens eingestell­t. Von der ersten Minute an hat man gesehen, dass unsere Spieler unbedingt gewinnen wollten. Wir haben Brasilien im Grunde mit seinen eigenen Waffen geschlagen. In den vergangene­n Jahren galt Belgien immer als Geheimtipp, zum großen Wurf hat es aber nie ganz gereicht. Was macht Trainer Roberto Martínez anders als sein Vorgänger Marc Wilmots?

PFAFF Der Trainer arbeitet sehr viel im mentalen Bereich. Und aus meiner Sicht ist es enorm wichtig, dass Thierry Henry mit im Trainertea­m ist. Mit ihm tauscht sich Martínez ständig aus, er ist ein Vertrauter.

Ein ganz wichtiger Baustein im Spiel Belgiens ist Kevin De Bruyne. Auf welcher Position kann er seine Stärken am besten ausspielen? PFAFF Man muss De Bruyne einfach frei spielen lassen, ohne große defensive oder besondere taktische Verpflicht­ungen. Lasst ihn kreativ sein! Dann ist er für die Mannschaft am wertvollst­en.

Am Dienstag trifft Belgien in St. Petersburg auf Frankreich. Kann Belgien den ganz großen Wurf tatsächlic­h schaffen?

PFAFF Ja. Entscheide­nd werden möglicherw­eise die Torhüter Thibaut Courtois und Hugo Lloris sein, denn sowohl Frankreich als auch Belgien verfügen über eine starke Offensive.

Wie kann man Frankreich­s Offensivpo­wer in den Griff bekommen? PFAFF Belgien muss gegen Frankreich im Grunde genauso spielen wie gegen Brasilien. Defensiv sicher stehen, schnell umschalten und die sich bietenden Chancen nutzen. Dazu die ein oder andere taktische Variante einfließen lassen – dann kann es mit dem Finale klappen. Ich erwarte ein offenes Spiel.

Im Trainersta­b von Roberto Martínez befindet sich in Thierry Henry ein französisc­her Weltmeiste­r von 1998. Glauben Sie, dass Henry einige nützliche Tipps geben kann? PFAFF Ich gehe sogar so weit zu sagen: Frankreich­s größter Gegner sitzt auf der belgischen Bank. Henry ist für Martínez enorm wichtig. Mit ihm tauscht er sich regelmäßig aus, ihm hört er zu.

Können Sie verstehen, dass bei Henry am Dienstag zwei Herzen in der Brust schlagen? PFAFF Er arbeitet jetzt für den belgischen Verband und wird sicherlich alles dafür tun, mit dem Team ins Finale einzuziehe­n. Während der 90 Minuten wird es für ihn nur das belgische Herz geben.

Wo sehen Sie die belgische Mannschaft in den kommenden Jahren? Kann sie auf Dauer zu einer der Top-Mannschaft­en werden?

PFAFF Wir haben schon jetzt eine enorme Euphorie im Land. Der Erfolg ist da, die Basis ist gelegt. Ob man sich auf Dauer in der Spitze etablieren kann, hängt dann auch davon ab, inwieweit sich das Gesicht der Mannschaft in den kommenden Jahren verändert.

Was fehlt Belgien noch im Vergleich zu den anderen Topteams in Europa?

PFAFF Ein Titel.

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FOTO: DPA Jean-Marie Pfaff als belgischer Fan in Rostow am Don.

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