Rock-Legenden auf Abschiedstour
50 Jahre nach der Gründung spielt Deep Purple ein letztes Mal auf den internationalen Bühnen. In Mönchengladbach gab die Band ihr einziges Konzert in Nordrhein-Westfalen. Der Funke sprang nur bei den Klassikern über.
Es braucht nur die ersten fünf Töne und das Publikum ist vollends begeistert. Es ist „Smoke on the water“von Deep Purple, was da beginnt, und der Funken springt sofort über: Keinen Zuschauer hält es mehr auf seinem Platz. Und genau von solchen begeisternden Momente hätte man noch viele weitere erwartet.
Deep Purple nimmt Abschied. Seit gut einem Jahr bereits touren die Hardrocker durch die Welt und verabschieden sich von ihren Fans. „Es dauert, so lange es dauert“, sagen sie in Interviews zu der Länge ihrer Abschiedstournee, die sie „The Long Goodbye Tour“nennen. Ian Paice erklärt in einem Gespräch: „Das kann bis zu drei Jahre dauern.“Am Sonntagabend waren sie zwischen Auftritten in Mexico City, Moskau, Verona und Chicago in Mönchengladbach, der einzigen Station in Nordrhein-Westfalen. Nordamerika, Südamerika, Japan, Europa – die Fans der Hardrock-Band sind weltweit zu Hause.
Wer erwartet hatte, dass nur die Alt-68er im Sparkassenpark ihren alten Idolen zujubeln, lag falsch. Nachdem am frühen Abend Navarone und Axel Rudi Pell ihre Auftritte beendet haben, verfolgen erstaunlich viele Zuhörer unter 40 den Auftritt der Rocker. Ein Wermutstropfen: Deep Purple spielt im Sparkassenpark vor leider vielen leeren Plätzen.
Die Musiker sind echte Hardrock-Legenden. Im April vor 50 Jahren haben sie die Band gegründet. In all den Jahrzehnten hat es zahlreiche Umbesetzungen gegeben. Sänger Ian Gillan, Ian Paice am Schlagzeug und der Bassist Roger Glover gehören fast von Anfang an dazu, Gitarrist Steve Morse stieß 1994 zur Band und der Keyboarder Don Airey 2002. Sie haben ungezählte gemeinsame Touren hinter sich. Haben etliche Studio- und Liveaufnahmen eingespielt.
Aber von Altersmüdigkeit oder Verlangsamung der Musiker im Alter von 64 bis 73 Jahren ist wenig zu spüren. Knapp zwei Stunden rocken, spielen, singen sich Gillan, Morse, Glover, Paice und Airey mit ungezähmter Kraft und hoher technischer und musikalischer Professionalität durch das Konzert. Geben schier unermüdlich Soli an Gitarre, Schlagzeug, Keyboard und Hammond-Orgel. Spielen harte Stücke, weiche, balladeske. Sie spielen Lieder aus ihren Alben wie „Machine Head“, „Fireball“und vor allem dem neuen: „Infinite“, das sie im April 2017 aufgenommen haben. Das Publikum nimmt diese neuen Stücke eher zurückhaltend an.
Einen besonderen Genuss verschafft das wunderbare, kaum enden wollende Solo von Don Airey am Keyboard. Ein unterhaltsames Detail sind auch die Videos, die hinter der Band auf der Leinwand abgespielt werden. Sie sorgen dafür, dass auch das Publikum, das weit entfernt von der Bühne sitzt, mitverfolgen kann, wie Airey das Keyboard bearbeitete oder Ian Paice sein Schlagzeug.
Es ist schade, dass Ian Gillans Stimme meist zwischen den Instrumenten seiner Kollegen untergeht. Schade auch, dass nicht mehr alte Songs in der Art von „Smoke on the Water“, „Lazy“oder „Black Night“gespielt werden, bei denen der berühmte Funke überspringt. Die Stücke sind, wie es scheint, nicht der Bestenliste der Band entnommen, sondern stellen eine Mischung, einen Querschnitt der Stücke der vergangenen Jahrzehnte dar.
Nach nur zwei Zugaben lässt das Publikum dann die Legenden auch weiterziehen. Mit einem knappen „We love you. Take it easy. Bye bye“, sindGillan, Paice, Glover, Morse und Airey verschwunden.