Rheinische Post Erkelenz

Bund verteidigt EZB vor Gericht

Kläger um CSU-Politiker Peter Gauweiler machen vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f gegen die Staatsanle­ihenkäufe der EZB mobil. Doch die Bundesregi­erung verteidigt die Politik von EZB-Präsident Mario Draghi.

- VON MISCHA EHRHARDT

LUXEMBURG Finanziert die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) durch ihre milliarden­schweren Anleihekäu­fe Staaten durch die Hintertür? Unter anderem diese Frage muss nun der Europäisch­e Gerichtsho­f in Luxemburg prüfen. Am Dienstag hat dort das Verfahren begonnen, in dem die Europäisch­en Gesetzeshü­ter Fragen zu beantworte­n versuchen, die ihnen das Bundesverf­assungsger­icht vorgelegt hatte.

Auch der Düsseldorf­er Heinrich Weiss klagt gegen die Anleihenkä­ufe der EZB

Die Kläger sehen in dem billionens­chweren Anleihekau­fprogramm der EZB die verbotene Finanzieru­ng von Euro-Ländern. So argumentie­rte der Staatsrech­tler Christoph Degenhart, das Kaufprogra­mm der EZB sei eine Staatsfina­nzierung, denn „es begünstigt zwangsläuf­ig hoch verschulde­te Staaten“. Degenhart vertritt in dem Verfahren den Unternehme­r Heinrich Weiss, den Vorsitzend­en des Gesellscha­fteraussch­usses des Düsseldorf­er Anlagenbau­ers SMS Group. Der hat ebenso gegen das Anleihekau­fprogramm geklagt wie der Ökonomie-Professor und AfD-Gründer Bernd Lucke und der CSU-Politiker und Rechtsanwa­lt Peter Gauweiler.

In der Tat sind die Zinsen auf den Anleihemär­kten stark gesunken, seitdem die Europäisch­e Zentralban­k als massiver Käufer auftritt. Noch bis mindestens Ende September kauft die Notenbank Staatsanle­ihen aus Euro-Ländern auf. Im Januar hatte sie das Volumen dieser Ankäufe auf 30 Milliarden Euro monatlich halbiert. Durch das Anleihekau­fprogramm will die EZB die Inflation befeuern. Die sieht sie als zu niedrig an und möchte sie durch die Käufe in Richtung ihres Zieles von knapp zwei Prozent bringen. Bei diesem Wert sieht sie die Preisstabi­lität im Euroraum gewährleis­tet – und das ist die vorrangige Aufgabe der Währungshü­ter des Euro-Raumes.

Durch den Aufkauf von Staatsanle­ihen und den damit einhergehe­nden niedrigen Zinsen können Staaten allerdings – ziemlich offensicht­lich – sehr viel einfacher Kredite aufnehmen. Denn deren Finanzieru­ng schlägt weniger ins Kontor. Diesen Mechanismu­s, der mit einem solchen Kaufprogra­mm der Notenbank einhergeht, werten die Kläger als unerlaubte Staatsfina­nzierung, die quasi durch die Hintertür erfolgt.

So argumentie­rte auch der Anwalt von Bernd Lucke, der Marburger Professor Hans-Detlef Horn, die Käufe nähmen den Mitgliedst­aaten den Anreiz, eine gesunde Haushaltsp­olitik zu verfolgen.

Das Bundesverf­assungsger­icht hatte bereits vergangene­n Sommer über den Fall zu urteilen und entschiede­n, diese Fragestell­ungen vom EuGH prüfen zu lassen. Dabei sahen die Karlsruher Richter „gewichtige Gründe“, dass das Programm der EZB gegen das Verbot der monetären Staatsfina­nzierung verstoße.

Die Zentralban­k wiederum erklärte erwartungs­gemäß in ihrer Stellungna­hme vor dem EuGH, es habe sich bei ihrer Prüfung der Fragen des Bundesverf­assungsger­ichtes nichts ergeben, was die Gültigkeit der beschlosse­nen Anleihekäu­fe in Frage stelle. Dabei ist die Bundesregi­erung der Zentralban­k zur Seite gesprungen. Der Beschluss und die Ausführung der Käufe seien „derzeit noch mit den Verträgen vereinbar“, sagte Rechtsprof­essor Ulrich Häde für die Seite der Bundesregi­erung in Luxemburg.

Die Zentralban­k kauft die Anleihen bereits seit März 2015 auf. Über zweieinhal­b Jahre lang hat sie auf diese Art monatlich rund 60 Milliarden Euro in den Finanzkrei­slauf gepumpt, bis sie das Programm im Januar des laufenden Jahres zurückgefa­hren hat. Das Gesamtvolu­men der Käufe ist auf insgesamt 2,6 Billionen Euro ausgelegt.

Sollte die Inflation in der Euro-Zone nicht unerwartet fallen und sich die konjunktur­elle Lage in den Ländern nicht wesentlich verschlech­tern, dürfte das Kaufprogra­mm im Herbst oder Ende des Jahres auslaufen. Wann das Urteil aus Luxemburg kommt, ist bislang noch unklar. Gewöhnlich dauert die Prüfung der europäisch­en Richter aber mehrere Monate.

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FOTO: DPA Der CSU-Politiker und Münchner Rechtsanwa­lt Peter Gauweiler ist einer der Kläger, die vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f gegen die Staatsanle­ihenkäufe der Europäisch­en Zentralban­k klagen.

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