Kein Schlussstrich
Rechtsradikale jubeln und ein Angehöriger schreit vor Verzweiflung – das Urteil im NSU-Prozess spaltet. Über das Ende eines Verfahrens, das mit Gewohnheiten bricht.
2006 in Kassel ermordete, erträgt die milden Strafen nur schwer. Während Götzl das Urteil verkündet, steht er plötzlich auf und schreit einen Ruf der Verzweiflung in den Saal. Yozgat versteht die Welt nicht mehr. Warum nur kommen diese Männer, die halfen, seinen geliebten Sohn zu töten, so leicht davon? Er beruhigt sich erst, als Manfred Götzl androht, ihn herauszuwerfen.
Mehr als fünf Jahre hat dieser Prozess gedauert und mehr als 65 Millionen Euro hat er gekostet. Der Prozess gegen den NSU am Oberlandesgericht München hat mit Gewohnheiten gebrochen und Rekorde aufgestellt. Er geht in die Geschichtsbücher als ein Prozess ein, der einerseits nüchtern die Tatsachen erforscht hat, der aber andererseits viele Fragen offenließ.
Vielleicht offenlassen musste. Das Gericht hatte die Schuld der fünf Angeklagten zu überprüfen, und an diesen Plan hat sich Richter Götzl penibel gehalten. Auch wenn er Abweichungen zuließ, wenn er die Angehörigen sprechen ließ, betrieb er keine weitergehende Aufklärung. Warum tötete der NSU ausgerechnet diese zehn Menschen? Hatten die Terroristen weitere Unterstützer? Warum blieben sie 13 Jahre lang im Untergrund unentdeckt? Warum tauchte an einem Tatort ein V-Mann des Verfassungsschutzes auf? Weshalb haben Verfassungsschützer sensible Akten zum NSU geschreddert? Auf all diese Fragen gibt es auch heute keine befriedigenden Antworten. Das Urteil beschäftigte sich nicht damit.
Es dürfe nun „keinen Schlussstrich“unter das Kapitel NSU geben, fordern etwa die Bundesminister Horst Seehofer (CSU) und Heiko Maas (SPD). Die Machenschaften des NSU müssten weiter aufgeklärt werden. Es ist schon erstaunlich, dass nach 13 parlamentarischen