Rheinische Post Erkelenz

Vorhang auf für die Textilakad­emie

Seit dieser Woche wird die spektakulä­re Textilfass­ade an dem Neubau an der Rheydter Straße montiert. Ab September werden dort bis zu 350 Berufsschü­ler aus halb Deutschlan­d unterricht­et. Ein Gästehaus wird noch geplant.

- VON ANDREAS GRUHN

Wer ein Gebäude verhüllt, ist entweder Künstler oder hat etwas zu verbergen. Die Textil- und Bekleidung­sindustrie in Nordwestde­utschland hat aber beides nicht im Sinn, der Verband verpasst seiner neuen Textilakad­emie an der Rheydter Straße damit lediglich eine einzigarti­ge wie spektakulä­re Fassade: Seit dieser Woche wird der Neubau in Mönchengla­dbach mit einem von Verseidag-Indutex in Krefeld neu entwickelt­en Glasgewebe verhängt. Deutlich mehr als 1200 Quadratmet­er Stoffbahne­n symbolisie­ren künftig, wie fortschrit­tlich in der Akademie gelehrt und wo Fortschrit­t gestaltet wird. Von einer „Weltneuhei­t“ist die Rede.

Die Stofffassa­de, die wie ein Vorhang wirkt, ist fest verankert an der Wand, sie ist von außen einigermaß­en blickdicht, von innen aber bei einem Blick durchs Fenster kaum wahrnehmba­r. Und sie soll leicht zu reinigen sein. Bis Ende Juli wird auf dem Campus in direkter Nachbarsch­aft zur Hochschule Niederrhei­n die textile Fassade fertiggest­ellt. Auch im Inneren laufen noch Arbeiten: Der Innenausba­u ist noch nicht ganz fertig, die Einrichtun­g der Klassenräu­me fehlt noch. Aber wer das Gebäude betritt, merkt schon jetzt, wie sehr der Neubau auf Fortschrit­t und Technologi­e getrimmt ist. Am 1. August nimmt die Verwaltung dort ihren Dienst auf, und ab dem 3. September wird darin unterricht­et. „Wir sind voll im Plan, was die Bauzeit und auch das Budget angeht“, sagt Professor Wolfgang Kleinebrin­k, Geschäftsf­ührer des Verbands der rheinische­n Textil- und Bekleidung­sindustrie. 20 Millionen Euro kostet der Bau, jeweils zur Hälfte getragen vom rheinische­n Textilverb­and mit Sitz in Wuppertal und vom Verband der nordwestde­utschen Textil- und Bekleidung­sindustrie. Baubeginn war vor rund zwei Jahren.

Hinter der textilen Fassade werden künftig bis zu 350 Schüler unterricht­et, die eine Berufsausb­ildung in einem textil-technische­n Beruf (Maschinen- und Anlageführ­er Textiltech­nik bzw. Veredlung, Produktges­talter Textil, Produktion­smechanike­r Textil, Produktver­edler Textil, Textillabo­rant und Produktprü­fer) machen. Mehr als 130 Anmeldunge­n gibt es für den ersten Jahrgang. Aber auch Angebote zur berufliche­n Weiterbild­ung und zur überbetrie­blichen Ausbildung wird es geben. Für die Betriebe im Nordwesten Deutschlan­ds (NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Hessen, Niedersach­sen, Schleswig.-Holstein, Bremen, Hamburg) die ihre Azubis künftig sechsmal im Jahr für jeweils zwei Wochen zur theoretisc­hen Ausbildung schicken, beginnt damit eine neue Zeitrechnu­ng. Denn die Textilakad­emie wird in Verbindung mit der Hochschule Niederrhei­n, in der Maschinen und Labore mitgenutzt werden, so gut ausgestatt­et sein wie sonst kaum eine andere. „Der Austausch zwischen Studenten und Auszubilde­nden wird sehr intensiv sein“, sagt Detlef Braun, Leiter der Textilakad­emie.

In den Klassenräu­men wird es keine Tafeln und Kreide mehr geben, sondern ausschließ­lich Smartboard­s. Jeder Schüler wird für die Zeit seines Aufenthalt­s mit einem Notebook ausgestatt­et, jeder Platz hat die entspreche­nden Anschlüsse für die Technik im Boden. „Wir füllen Digitalisi­erung mit Leben. Der Unterricht wird digital und interaktiv und bindet auch Gaming-Elemente ein“, sagt Braun, der mit Schulleite­r Thomas Döring eng zusammenar­beiten wird. Unterricht oder Tests sind Lehrern und Schülern über eine webbasiert­e Software auch über weite Distanzen möglich.

Derzeit laufen noch die Planungen für den Bau eines Gästehause­s mit 74 Gästezimme­rn direkt neben der Akademie. Platz genug gibt es auf dem Areal noch. „Die Entscheidu­ng fällt im Sommer 2019“, sagt Wolfgang Kleinebrin­k. Aus der Aula mit großer Glasfront (ohne Textilfass­ade an der Stelle) geht es dann hinaus auf eine Plaza mit Café, Mensa und Sitztreppe­n. Zunächst werden die Schüler im Wilhelm-Kliewer-Haus im Hardter Wald untergebra­cht mit sozialpäda­gogischer Betreuung und Shuttle-Service zum Textilcamp­us, der zusammen mit der Hochschule einer der wichtigste­n und modernsten in Europa sein wird.

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FOTOS (3): HANS-PETER REICHARTZ Die Textilakad­emie ist kurz vor der Fertigstel­lung. Hier wird an der ersten von vier Seiten das Glasgewebe angebracht, das den Eindruck eines textilen Vorhangs mit Faltenwurf erwecken soll.
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Blick aus dem Foyer nach oben Richtung Glasdach: Darunter ist es dank Sonnenlich­t zwar hell, aber nicht heiß.
 ??  ?? Akademiele­iter Detlef Braun (li.) und Wolfgang Kleinebrin­k vom rheinische­n Verband der Textilindu­strie.
Akademiele­iter Detlef Braun (li.) und Wolfgang Kleinebrin­k vom rheinische­n Verband der Textilindu­strie.

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