Vorhang auf für die Textilakademie
Seit dieser Woche wird die spektakuläre Textilfassade an dem Neubau an der Rheydter Straße montiert. Ab September werden dort bis zu 350 Berufsschüler aus halb Deutschland unterrichtet. Ein Gästehaus wird noch geplant.
Wer ein Gebäude verhüllt, ist entweder Künstler oder hat etwas zu verbergen. Die Textil- und Bekleidungsindustrie in Nordwestdeutschland hat aber beides nicht im Sinn, der Verband verpasst seiner neuen Textilakademie an der Rheydter Straße damit lediglich eine einzigartige wie spektakuläre Fassade: Seit dieser Woche wird der Neubau in Mönchengladbach mit einem von Verseidag-Indutex in Krefeld neu entwickelten Glasgewebe verhängt. Deutlich mehr als 1200 Quadratmeter Stoffbahnen symbolisieren künftig, wie fortschrittlich in der Akademie gelehrt und wo Fortschritt gestaltet wird. Von einer „Weltneuheit“ist die Rede.
Die Stofffassade, die wie ein Vorhang wirkt, ist fest verankert an der Wand, sie ist von außen einigermaßen blickdicht, von innen aber bei einem Blick durchs Fenster kaum wahrnehmbar. Und sie soll leicht zu reinigen sein. Bis Ende Juli wird auf dem Campus in direkter Nachbarschaft zur Hochschule Niederrhein die textile Fassade fertiggestellt. Auch im Inneren laufen noch Arbeiten: Der Innenausbau ist noch nicht ganz fertig, die Einrichtung der Klassenräume fehlt noch. Aber wer das Gebäude betritt, merkt schon jetzt, wie sehr der Neubau auf Fortschritt und Technologie getrimmt ist. Am 1. August nimmt die Verwaltung dort ihren Dienst auf, und ab dem 3. September wird darin unterrichtet. „Wir sind voll im Plan, was die Bauzeit und auch das Budget angeht“, sagt Professor Wolfgang Kleinebrink, Geschäftsführer des Verbands der rheinischen Textil- und Bekleidungsindustrie. 20 Millionen Euro kostet der Bau, jeweils zur Hälfte getragen vom rheinischen Textilverband mit Sitz in Wuppertal und vom Verband der nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie. Baubeginn war vor rund zwei Jahren.
Hinter der textilen Fassade werden künftig bis zu 350 Schüler unterrichtet, die eine Berufsausbildung in einem textil-technischen Beruf (Maschinen- und Anlageführer Textiltechnik bzw. Veredlung, Produktgestalter Textil, Produktionsmechaniker Textil, Produktveredler Textil, Textillaborant und Produktprüfer) machen. Mehr als 130 Anmeldungen gibt es für den ersten Jahrgang. Aber auch Angebote zur beruflichen Weiterbildung und zur überbetrieblichen Ausbildung wird es geben. Für die Betriebe im Nordwesten Deutschlands (NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Hessen, Niedersachsen, Schleswig.-Holstein, Bremen, Hamburg) die ihre Azubis künftig sechsmal im Jahr für jeweils zwei Wochen zur theoretischen Ausbildung schicken, beginnt damit eine neue Zeitrechnung. Denn die Textilakademie wird in Verbindung mit der Hochschule Niederrhein, in der Maschinen und Labore mitgenutzt werden, so gut ausgestattet sein wie sonst kaum eine andere. „Der Austausch zwischen Studenten und Auszubildenden wird sehr intensiv sein“, sagt Detlef Braun, Leiter der Textilakademie.
In den Klassenräumen wird es keine Tafeln und Kreide mehr geben, sondern ausschließlich Smartboards. Jeder Schüler wird für die Zeit seines Aufenthalts mit einem Notebook ausgestattet, jeder Platz hat die entsprechenden Anschlüsse für die Technik im Boden. „Wir füllen Digitalisierung mit Leben. Der Unterricht wird digital und interaktiv und bindet auch Gaming-Elemente ein“, sagt Braun, der mit Schulleiter Thomas Döring eng zusammenarbeiten wird. Unterricht oder Tests sind Lehrern und Schülern über eine webbasierte Software auch über weite Distanzen möglich.
Derzeit laufen noch die Planungen für den Bau eines Gästehauses mit 74 Gästezimmern direkt neben der Akademie. Platz genug gibt es auf dem Areal noch. „Die Entscheidung fällt im Sommer 2019“, sagt Wolfgang Kleinebrink. Aus der Aula mit großer Glasfront (ohne Textilfassade an der Stelle) geht es dann hinaus auf eine Plaza mit Café, Mensa und Sitztreppen. Zunächst werden die Schüler im Wilhelm-Kliewer-Haus im Hardter Wald untergebracht mit sozialpädagogischer Betreuung und Shuttle-Service zum Textilcampus, der zusammen mit der Hochschule einer der wichtigsten und modernsten in Europa sein wird.