Rheinische Post Erkelenz

Mester-Karikature­n: Inklusion mit satirische­m Blick

Werke des preisgekrö­nten Karikaturi­sten Gerhard Mester sind derzeit im Bildungsha­us der Kreises Heinsberg zu sehen.

- VON ANGELIKA HAHN

HEINSBERG „Vielfältig­e Teilhabe ist auch mit Behinderun­g möglich – wenn man denn will“, sagte Ausstellun­gsorganisa­tor Michael Sommer: sogar ein Banküberfa­ll, bei dem sich ein Rollstuhlf­ahrer unter den fliehenden Ganoven befindet, während ein erstaunter Schaulusti­ger meint: „Das nenne ich gelungene Inklusion.“So zu sehen auf einer der hintergrün­digen Karikature­n von Gerhard Mester, die unter dem Titel „Wir wünschen eine angenehme Inklusion“bis zum 27. Juli (montags bis donnerstag­s, 13 bis 16.30 Uhr) im Bildungsha­us des Kreises an der Oberbruche­r Straße 1 in Heinsberg zu sehen ist.

Zur Eröffnung der Ausstellun­g, die neben zehn Karikature­n auf Schautafel­n auch mit Zahlen und Fakten über Menschen mit Behinderun­g und deren berufliche und gesellscha­ftliche Integratio­n aufwartet, hatte der Kreis Vertreter von Organisati­onen eingeladen, die sich in Bildung und Arbeitswel­t für die Teilhabe von Behinderte­n einsetzen.

„Nur wenn viele mitmachen, ist Inklusion möglich, und die fängt im Kleinen an: bei der unhandlich­en Fernbedien­ung für Senioren oder der eng gedruckten Konto-IBAN für Sehbehinde­rte“, sagte stellvertr­etender Landrat Heinz Theo Tholen bei der Eröffnung. Trotz berufliche­r Fördermaßn­ahmen und Inklusions­bemühungen im schulische­n Bereich hakt es im Alltagsleb­en von Behinderte­n immer noch bei der Barrierefr­eiheit – der objektiven und der in den Köpfen der Mitmensche­n, wie Tholen betonte: „Noch viel zu viele Menschen haben Scheu im Umgang mit Behinderte­n, weil sie Angst haben, etwas Falsches zu tun oder zu sagen.“Auch das nimmt eine Karikatur aufs Korn: Ein Rollstuhlf­ahrer probiert im Textilgesc­häft eine Jacke an. Kommentar der übervorsic­htigen Mitarbeite­rin: „Steht Ihnen ausgezeich­net ... äh, pardon: Sitzt wie angegossen.“

Ja, man darf und soll über Widersprüc­he bei unserem Umgang mit Behinderun­g und Inklusion lachen, das betont der (nicht anwesende) Karikaturi­st auf einer Erläuterun­gstafel, und Michael Sommer (Akademie Klausenhof), der die aus dem Ausgleichs­fonds des Arbeitsmin­isteriums geförderte Wanderauss­tellung vor zwei Jahren im Rahmen eines Weseler Inklusions­projektes konzipiert hat, unterstric­h: „Probleme mit den Karikature­n haben mehr die nicht behinderte­n Betrachter als die Betroffene­n.“Karikatur müsse überspitze­n, dabei sei für die Darstellun­g das plakative Rollenklis­chee des Behinderte­n als Rollstuhlf­ahrer oder Blindensto­ckträger leider unvermeidb­ar.

Kreis-Dezernent Franz-Josef Dahlmanns sah die Schau als Premiere in dem seit rund einem halben Jahr von Abteilunge­n des Amtes für Bildung und Kultur genutzten Gebäude der aufgelöste­n Gebrüder-Grimm-Förderschu­le. Hier befindet sich unter anderem nun das Kommunale Integratio­nszentrum. Aber auch die schulpsych­ologische Beratungss­telle, für die Annette Greiner anwesend war. Von ihr stammt die Idee, den früheren Sitzungssa­al der Kreisaussc­husses im dritten Obergescho­ss mit Blick auf die Stadt für derartigen Veranstalt­ung zu nutzen.

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RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Michael Sommer von der Akademie Klausenhof in Wesel erläutert eine der Zeichnunge­n des Karikaturi­sten Gerhard Mester.

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