Erlebnisse einer Kaufhaus-Angestellen
Die Ich-Erzählerin dieses faszinierenden Romans arbeitet in Japan in einem Convenience-Store. Zunächst war das nur ein Nebenjob, dann wurde es zu ihrem Leben. Der Ablauf der immer gleichen Handlungen gibt ihrem Alltag Struktur, in dieser Struktur fühlt sie sich geborgen.Sayaka Murata schreibt mit kristallklarer Sachlichkeit, die einen zunächst in Sicherheit wiegt und irgendwann wahnsinnig macht, weil man diese Erzählerin schütteln möchte und ihr so gerne zeigen würde, was es noch so gibt. Ein bisschen klingt „Die Ladenhüterin“wie eine Variante von „Schimmernder Dunst über Coby County“von Leif Randt. Eines Tages tritt ein Mann in das Leben dieser ungewöhnlichen Frau, und ihre Angehörigen freuen sich bereits, weil nun offenbar die große Veränderung ansteht. Der Mann ist ein Rebell, auch er hat in dem Laden gearbeitet, aber er mochte sich nicht fügen. Sein Einfluss gibt dem Buch die entscheidende Wendung
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hat er sich selbst beigebracht. Aber von Anfang an war da die Idee eines Klangs und eines Raums, von dem der Klang erzählt. Unverkennbar befinden wir uns in der Zone der Gamelan-Musik, also jenseits unseres mitteleuropäischen Harmoniesystems. Tibbetts hat sich oft mit Musik aus Nepal und Indonesien beschäftigt, dieser Einfluss ist unverkennbar. Mit seinen langjährigen Gefährten Marc Anderson (Percussion) und Michelle Kinney (Cello) hat Tibbetts, der mittlerweile auch Klavier spielt, jetzt seine privateste CD vorgestellt, wie immer bei ECM: Sie heißt „Life Of“, und die meisten Stücke des Albums sind nach Freunden und Familie, nach Leben und Vergangenheit benannt. Dieser Familie möchte man gern angehören, die Leute sind offenbar mit sich in völliger Harmonie.
Wolfram Goertz