Rheinische Post Erkelenz

Stadtgesch­ichtsstund­e auf dem Fahrrad

Berühmte Persönlich­keiten, alte Mythen, sagenhafte Tiere – unser Autor erfuhr bei einer Radtour viel über die Stadt.

- VON DOMINIK LAUTER

Mit leicht schleifend­en Bremsen kommt mein Fahrrad zum Stehen. Stadtführe­rin Sylvia Bradtmölle­r hat den Hinterherf­ahrenden das Zeichen gegeben: Hier wird jetzt erst einmal angehalten. Ruhig ist es an diesem Nachmittag auf dem Rheydter Marktplatz. Viele Leute sitzen in den Cafés, einige Kinder spielen im Brunnen vor dem Rathaus. „Hier sind wir im Herzen Rheydts“, erklärt die Stadtführe­rin ihrer kleinen Reisegrupp­e. Zwei davon – Brigitte und Janusz Kolarczyk – sind Ortsansäss­ige. Gabriela und Norbert Kalemba sind gute Freunde aus Bonn. „Die Radtour war ein Geburtstag­sgeschenk für mich“, hat Norbert Kalemba schon zuvor am Treffpunkt Rheydter Hauptbahnh­of berichtet. Kennengele­rnt hat man sich im Urlaub in Tunesien. Nun will man bei einer Stadtrundf­ahrt den anderen die Heimat zeigen.

Der Rheydter Marktplatz ist ein geschichts­trächtiger Ort. „Hier wurden viele Reden geschwunge­n“, erklärt die Stadtführe­rin. „Leider auch von Kindern der Stadt, auf die man im Nachhinein nicht stolz ist.“Nach ein paar Bildern für das eigene Fotoalbum, setzt sich unsere kleine Radlergrup­pe wieder in Bewegung.

Bereits einige Meter weiter nördlich befindet sich die nächste Station. Ein Berufskoll­eg und gegenüber ein Gymnasium. Das Besondere: beide Schulen sind nach Rheydter Berühmthei­ten benannt – Maria Lenssen und Hugo Junkers. Sie, die sich für die Emanzipati­on der Frauen einsetzte und eine reine Mädchensch­ule gründete und er, der als Ingenieur Maschinen – wie die weltberühm­te „Tante JU“– konstruier­te.

Noch ein großer Schluck aus der Wasserflas­che, und weiter geht es. Im ruhigen Tempo fahren wir über die blau-markierte Fahrrad-Straße auf der „grünen“Bruckneral­lee. „Das ist eine der schönsten Alleen der Stadt“, erklärt die Reiseleite­rin vom Fahrrad aus. Nicht nur wegen der vielen Bäume, die die Straße zu dieser Jahreszeit fast schon an einen Park erinnern, sondern auch wegen der vielen schönen Bürgerhäus­er im Jugendstil.

Einen kurzen Halt machen wir am NEW-Blauhaus – quasi das „Zentrum für Nachhaltig­keit“in unserer Stadt. Auch für die seit 1995 hier lebenden Kolarczyks ist das etwas Neues. Wieder schwingen wir uns in den Sattel. Es geht die Blaue Route entlang Richtung Gladbacher Stadtzentr­um. Die vereinzelt­en Autofahrer hinter uns benehmen sich. Eilig haben wir es heute nicht – schließlic­h wollen wir die Stadt und nicht Rücklichte­r und Ampeln sehen.

Im Gladbacher Zentrum angekommen, werfen wir wieder einen Blick auf die Stadtgesch­ichte. Unsere Leiterin erklärt und zeigt uns auf Bildern, wie die Stadt damals entstand – mit allen Mythen und religiösen Hintergrün­den. Die Bilder hat sie dabei, damit man sich alles besser vorstellen kann – denn vieles aus der Stadtgesch­ichte ist heute nicht mehr sichtbar. Immerhin: das Münster, das Rathaus und der Geroweiher sind noch da.

Die Tour führt über den Alten Markt am Kino vorbei nach Eicken, ins Gründerzei­tviertel mit seinen alten Bürgerhäus­ern und dem neu-gestaltete­n Schillerpl­atz. „Ich bin hier zu selten“, stellt Brigitte fest, als wir danach unseren Weg in den Volksgarte­n bahnen. Nachdem wir die Spuren vom „Killerwels Kuno“erkundet haben, führt unsere Route durch die Landschaft nach Schloss Rheydt – dem Ende der Tour. Auch hier bekommen wir noch einen kleinen geschichtl­ichen Input über Otto von Bylandt, der sich hier an der Niers seinen Traum vom eigenen Schloss verwirklic­hte.

„Es war sehr interessan­t“, sagt Brigitte Kolarczyk am Ende der Fahrt. „Man sieht Orte, an denen man sonst einfach vorbeifähr­t.“Die Radtour ist selbst für Untrainier­te leicht zu bewältigen. Und auch der gebürtige Gladbacher lernt auf der Route noch Neues über seine Heimat kennen.

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FOTO: THEO TITZ Unser Autor Dominik Lauter (links) erkundete mit Stadtführe­rin Sylvia Bradtmölle­r (3.v.l.) und vier weiteren Radlern Mönchengla­dbach.
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FOTO: LAUTER Im Geropark berichtet Sylvia Bradtmölle­r von der Entstehung und der Entwicklun­g der Mönchen-Stadt am Gladbach anhand von historisch­en Aufzeichnu­ngen.

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