Experimentelle und künstlerische Mode am Adenauerplatz
Studierende der Hochschule haben ihre Arbeiten am und im Café Kontor präsentiert. Sie ließen sich von Künstlern, der Natur und dem Sport inspirieren.
Nicht die Staffeleien ziehen auf dem sonnigen Adenauerplatz die Aufmerksamkeit auf sich, die Blicke richten sich vielmehr auf sieben Studentinnen, die um sie herumstehen. Jede von ihnen trägt ein ausgefallenes Kleidungsstück, bunte Farben, abstrakte Formen. Es sind die eigentlichen Ausstellungsstücke der Werkschau in und vor dem Café Kontor, die die Arbeiten des Kurses von Anna Koch, Dozentin im Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein, zeigt.
Der interdisziplinäre Wahlkurs des vergangenen Semesters thematisierte experimentelle künstlerische Formenfindung in der Gestaltung von Textilien. Die Studierenden entwickelten Techniken der Mustergestaltung, und setzten sie mit dem Bildbearbeitungsprogramm Photoshop digital um. Abgeschlossen wurde der Kurs mit einem selbst gestalteten Kleidungsstück. „Abgabetermin der Abschlussarbeiten ist erst in zwei Wochen“, sagt Anna Koch. Zu sehen gab es also Werke von Studierenden, die früher fertig geworden sind.
Wie zum Beispiel das von Marike Steinacker. Die 26-Jährige hat zwei Leidenschaften, die eine ist Mode – deswegen entschied sie sich für den Studiengang Design-Ingenieur für Mode. Die andere ist Leichtathletik, Disziplin Diskuswerfen. Marike Steinacker ist Leistungssportlerin. Ihr Entwurf „Rhythmische Drehung“, eine Kreation aus Sporthose und langärmeligem Top, verbindet beides. Die Studentin hat den spezifischen Rhythmus des Diskus-Wurfs, „ein An- und Entspannen der Muskeln“, und die Klänge ihres Lieblingsliedes, von dem sie sich vor dem Wurf antreiben lässt, in einem Muster aus sich drehenden Linien verarbeitet. Gedruckt auf einen Sportbekleidungsstoff in blauen Pastelltönen ist eine Kreation entstanden, mit der sie sehr zufrieden ist. „Es ist oft so, dass fertiggestellte Stücke mir am Ende doch nicht mehr so gefallen“, sagt sie. „Diesmal ist das anders.“Die Sportbekleidung werde sie wahrscheinlich selbst zum Training tragen.
Jule Hanselmann (25) studiert Textile and Clothing Management, ein eher wirtschaftlich ausgerichteter Studiengang, der wenig Raum lässt für kreatives Gestalten. Ohne dass ihr der Kurs angerechnet werden kann, wollte sie einfach mal mitmachen. „Ich hatte Lust auf etwas Farbiges und Luftiges“, sagt sie. Das Ergebnis: Eine bunte Culotte-Hose, mit geometrischem Muster, das ein bisschen an die 1980er Jahre erinnert. Inspiriert habe sie die russische Avantgarde und der niederländische Künstler M.C. Escher, sagt Hanselmann. „Mich interessiert, wie Kunst in der Mode auftritt“, sagt sie. In die Collage, die für den Druck eingescannt wurde, hat sie einen Teppichunterleger mit eingearbeitet.
Andere Werke sind zum Beispiel eine Wendejacke von Laura Krause, deren Blauschattierungen inspiriert sind von den zufälligen Strukturen im Meer und in der Natur. Oder Joline Kaumanns Blazer „Celluar“, der Formen aus der biologischen Umwelt, wie die Feingliederungen eines Blattes oder die Wasserspiegelungen vom Mondlicht, verarbeitet. Die Kleidungsstücke erzählen vom Fokus der Studentinnen und sind dadurch nicht bloß experimentell, sondern sehr persönlich.