Rheinische Post Erkelenz

Tanz mit mir

Eine Show, die in die Glieder fährt: Popstar Justin Timberlake fasziniert­e in zwei Konzerten das Publikum in der Lanxess-Arena.

- VON OLIVER BURWIG

KÖLN Tanzen müsste man können. Nicht so, wie man das bei besonders guter Stimmung in der Disco macht oder wie man es vor langer Zeit mal für irgendeine­n Abschlussb­all beigebrach­t bekommen hat. Das denkt sich, wer Justin Timberlake in Aktion – offensicht­lich auf der Höhe seines Könnens – erlebt. Der 37-Jährige schleicht, schwebt, gleitet, fliegt über den schwarzen Boden und reißt seine Background-Truppe mit sich. Die Bewegung scheint unter ihm zu beginnen, drängt in die Beine, die Hüfte, wirbelt den Oberkörper herum, die Arme streben zum Mikroständ­er. Der Saal kreischt, und es sind nicht nur die Frauen.

Die Schlangenl­inie, die sich als Bühne durch das Publikum zieht, wird bei „Cry Me A River“, großügig verqualmt, zum fiktiven Laufband für die fließenden Füße Timberlake­s. In weißen Sneakers springt er, lässt seine Schuhe und das weiße T-Shirt im Schwarzlic­ht violett aufblitzen. Zweifellos steckt in diesen Sprüngen und abrupten Armschwüng­en noch der Frontmann der 90er-Boygroup *NSYNC, doch das ist längst verziehen. Etwas Entscheide­ndes macht Timberlake heute anders: Er ist lässiger, wischt alle Zweifel, das alles müsste schrecklic­h beliebiger Pop sein, beiseite. Aber vielleicht ist das nur Einbildung.

Technisch und visuell gehört die Show zum Besten, was das Genre zu bieten hat. Eine Bläser-Gruppe gibt die quietschen­den Tuschs zu den House-Beats, ein Gitarrist spielt sich mit einem kurzen Solo in den Vordergrun­d, ein kleiner Chor lässt bei den funkigen Liedern sogar etwas Gospel-Atmosphäre aufkommen. Von der Decke hängen halbtransp­arente Leinwände, auf denen die beeindruck­end synchronen Tanzeinlag­en Timberlake­s und seiner Truppe zu sehen sind, auch Kamerafahr­ten über einen rotgetünch­ten Wald.

„Man Of The Woods“heißt das neue Album, dem entspricht auch der Mittelteil der Show. Bei einigen Cover-Songs wie „Dreams“(Fleetwood Mac), „Come Together“(Beatles) und „Thank God I‘m A Country Boy“(John Denver) sitzen die Musiker um ein Lagerfeuer, Gitarren in der Hand, Köpfe legen sich auf Schultern. Auch die Zuschauer nehmen kurz wieder Platz, ruhen sich nach der drückenden (und beim ersten Song ohrenbetäu­benden) ersten Hälfte des Konzertes aus. Doch diese Pause währt nicht lange.

Spätestens bei „Summer Love“stehen sie alle wieder vor ihren Sitzen, wiegen sich, ein Lächeln im Gesicht, im Beat. Selten nah kommen wenige von ihnen dem Star, als er sich bei „Rock Your Body“(„Dance With Me“) ins Publikum begibt. Ein Fan bekommt ein digitales Andenken: Timberlake nimmt ihm das Smartphone aus der Hand und schießt ein Selfie von sich, die tobende Menge im Hintergrun­d.

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FOTO: AFP Justin Timberlake auf seiner „The Man Of The Woods“-Tour.

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