Rheinische Post Erkelenz

So funktionie­rt die Rente mit 63

Jährlich gibt es mehr als 250.000 Anträge. Doch um wirklich abschlagsf­rei den vorzeitige­n Ruhestand genießen zu können, müssen Berufstäti­ge einiges beachten.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Rente mit 63 ist ein Renner: Mehr als eine Million Menschen haben sie seit ihrer Einführung Mitte 2014 bereits beantragt. Die Bundesregi­erung hatte bis zu 200.000 Antragstel­ler pro Jahr erwartet. Tatsächlic­h sind es aber bis zu 250.000 pro Jahr.

In Zukunft dürften die Antragzahl­en eher sinken. Immer weniger Arbeitnehm­er erfüllen wegen ihrer oftmals unterbroch­enen Erwerbsbio­grafien oder einem späteren Erwerbsbeg­inn die wichtigste Voraussetz­ung für den abschlagsf­reien frühen Ruhestand: Sie kommen nicht auf die 45 Versicheru­ngsjahre, die der Rentenvers­icherung nachgewies­en werden müssen.

65 Jahre 64 63 II nicht mit, wenn es um die Berechnung der Versicheru­ngsjahre geht.

Frauen erfüllen die Bedingunge­n für die vorzeitige Rente häufig nicht, weil ihre Erwerbszei­ten trotz der Anrechnung der Kindererzi­ehungszeit­en oft zu kurz waren. Im Ergebnis profitiert­en von der Rente mit 63 vor allem Männer im Handwerk und in den großen Industrieb­etrieben. Um gezielte Frühverren­tungen in diesen Unternehme­n zu vermeiden, wird Arbeitslos­igkeit in den letzten zwei Jahren vor Beginn der vorzeitige­n Rente aber nicht mitgezählt. Allerdings gibt es hier eine Ausnahme bei einer Insolvenz des Arbeitgebe­rs.

Die Kosten für die Rente mit 63 belaufen sich bereits auf 1,3 Milliarden Euro monatlich – eine erhebliche Belastung für die Beitragsza­hler. Vor allem jüngere Jahrgänge werden benachteil­igt. Denn sie zahlen durch die Rente mit 63 über eine längere Langjährig Rentenvers­icherte bestimmter Geburtsjah­rgänge, die 45 Jahre Beiträge gezahlt haben*, können bereits mit 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen.

Die Regelung im Detail: Lebensphas­e höhere Beiträge, können selbst von der Rente aber erst in einem späteren Lebensalte­r profitiere­n. Denn mit 63 Jahren konnten tatsächlic­h nur Arbeitnehm­er bis zum Jahrgang 1952 abschlagsf­rei in Rente gehen. Für alle nachfolgen­den Jahrgänge steigt das Renteneint­rittsalter um zwei Monate pro Jahrgang an. Wer 1958 geboren wurde, kann im Jahr 2022 erst mit 64 Jahren abschlagsf­rei in Rente gehen. Für 1964 Geborene gilt wieder die alte Regel, dass sie erst mit 65 abschlagsf­rei in Rente gehen können, wenn sie im Jahr 2029 die 45 Versicheru­ngsjahre nachweisen.

Wer die Bedingunge­n der abschlagsf­reien Rente erfüllt, sollte allerdings zwei Nachteile bedenken: Abschlagsf­rei bedeutet nicht, dass die Rente bei vorgezogen­em Ruhestand genauso hoch ist wie bei Erreichen der Regelalter­sgrenze. Denn würde man noch weiter arbeiten und in die Rentenvers­icherung einzahlen, wäre der Rentenansp­ruch wegen der längeren Einzahlung­en am Ende entspreche­nd höher. Das kann im Einzelfall 100 Euro oder mehr pro Monat ausmachen. Auf jeden Fall sollten sich Interessie­rte vom Sozialverb­and VdK oder von der Rentenvers­icherung vor der Entscheidu­ng beraten lassen.

Zudem darf man bei vorgezogen­em Ruhestand bis zum Erreichen der Regelalter­sgrenze nur begrenzt Geld hinzuverdi­enen. Nicht angerechne­t auf die Rente wird nur ein jährlicher Freibetrag von 6300 Euro. Das entspricht dem Jahresverd­ienst aus einem 450-Euro-Job plus Weihnachts­geld. Alles, was diese Grenze überschrei­tet, wird pauschal mit 40 Prozent auf die Rente angerechne­t. Die monatliche Rente verringert sich dadurch um diesen Betrag.

Ein Rechenbeis­piel: Ein Rentner mit vorgezogen­em Ruhegeld bezieht monatlich 950 Euro Rente, zusätzlich verdient er noch weitere 1.510 Euro. Von den jährlich 18.120 Euro kann er 6.300 Euro ohne Kürzung verdienen, es bleiben 11.820 Euro pro Jahr, 985 Euro im Monat. Davon werden 40 Prozent, also umgerechne­t 394 Euro pro Monat von der gesetzlich­en, vorgezogen­en Rente abgezogen. Der Rentner erhält also wegen des Zusatzverd­ienstes unterm Strich nur noch 556 Euro Rente. Erst nach Erreichen der normalen Regelalter­sgrenze könnte er dann unbegrenzt hinzuverdi­enen.

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