Rheinische Post Erkelenz

Monsieur Henri lädt zum Frühstück

Mit viel Herz und Humor erzählt der französisc­he Film die Geschichte einer ungewöhnli­chen Freundscha­ft.

- VON GIOIA FORSTER

BERLIN (dpa) Gegensätze ziehen sich bekanntlic­h an. Und liefern Stoff für herzerwärm­endes Kino. Darum hat wohl die Geschichte einer ungleichen Freundscha­ft immer wieder Erfolg: Zwei Menschen lernen einander kennen, einer jung, aber im Leben verloren, der andere älter und verbittert, vom Leben enttäuscht. Zwei Welten, eine privilegie­rt, die andere nicht, prallen aufeinande­r. „Der kleine Lord“hat es bereits in Verfilmung­en der 30er und 80er Jahre vorgemacht. Im Kino-Hit „Ziemlich beste Freunde“fanden sich der im Rollstuhl gefesselte Philippe und der Ex-Häftling und Pfleger Driss. Nun liefert die ungewöhnli­che Freundscha­ft in der französisc­hen Komödie „Frühstück bei Monsieur Henri“Humor, Drama und Stoff zum Nachdenken.

Im Mittelpunk­t der Geschichte stehen Constance und Henri. Die junge Studentin will ihre trostlose Kleinstadt verlassen und ihrem herrischen Vater entkommen. Sie ist frech und charmant, hat aber tiefe Selbstzwei­fel. Paris scheint für sie die Erlösung zu sein. Also mietet sie sich ein Zimmer in der Wohnung von Henri, der seit dem Tod seiner Frau alleine wohnt.

Dort erwarten sie knarzende Holzböden, ein verstaubte­s Klavier und ein verbittert­er alter Mann, der nur widerwilli­g seine Einsamkeit aufgibt. Zwei Personen unter einem Dach - „für mich ist das schon viel“, faucht er. Schnell stellt sich heraus: Constance kann die Miete nicht bezahlen. Also lässt sie sich auf einen Deal ein. Im Gegenzug für mietfreies Wohnen soll sie Henris Sohn Paul verführen, damit er seine liebevolle aber dusselige Frau Valérie verlässt.

Somit beginnt ein humorvolle­s und zugleich trauriges Täuschungs­spiel. Der Charme der jungen Frau hat große Wirkung: Paul versucht sich für die Studentin vom steifen Steuerbera­ter zum coolen Typen in Lederjacke zu wandeln. Zugleich wachsen Constances Gewissensb­isse und Selbstzwei­fel. Ihr Charme und ihre Verletzlic­hkeit wirken aber auch auf Henri – seine eiskalte Fassade schmilzt langsam dahin. Während sie ihm mit ihrem Klavierspi­elen wieder Freude bereitet, spricht er ihr im Leben Mut zu.

Regisseur und Drehbuchau­tor Ivan Calbérac, der auch das gleichnami­ge, in Paris erfolgreic­he Theaterstü­ck verfasste, spielt zunächst mit Kontrasten: Die dynamische Constance fällt mit ihrem bunten Gepäck und ihrer scheinbare­n Sorglosigk­eit bei Henri ein. Oft liefern sie sich einen verbalen Schlagabta­usch, sie keck, er zynisch. „Sind Sie Soldat im Ruhestand?“, fragt sie, nachdem er ihr die Hausregeln überreicht. „Sicher nicht, ich war Steuerbera­ter.“

Was als Komödie beginnt, entwickelt sich immer mehr zu einem nachdenkli­chen Drama über Verlust und Enttäuschu­ngen. Erfolgreic­h bringt das Jungtalent Noémie Schmidt, zum ersten Mal in einem Spielfilm, die komplexe Gefühlswel­t der Constance rüber. Auch Claude Brasseur, der einst mit Stars wie Jean Gabin vor der Kamera stand, überzeugt als Henri. Dennoch geht seine Rolle nicht weit über das Klischee des verbittert­en, einsamen Mannes hinaus. Auch wird dem Zuschauer nur selten ein Einblick in seinen tiefsitzen­den Schmerz gewährt – eine Diskussion zwischen ihm und seinem Sohn Paul gegen Ende des Films ist eher die Ausnahme.

„Frühstück bei Monsieur Henri“mag wenig Überraschu­ngen bieten. Dennoch erzählt der französisc­he Film eine herzerwärm­ende Geschichte von einer Freundscha­ft und der Suche nach dem Platz im Leben.

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FOTO: DPA Constance (Noemie Schmidt) und Monsieur Henri (Claude Brasseur) pflegen eine besondere Beziehung.

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