Rheinische Post Erkelenz

Juan Carlos in großer Not

Gerade erst hatte Spaniens Königshaus eine Finanzaffä­re überstande­n. Schon erschütter­t ein neuer Skandal die Monarchie – mit schweren Vorwürfen gegen Altkönig Juan Carlos. Im Zentrum steht eine Deutsche.

- VON EMILIO RAPPOLD

MADRID (dpa) Sie ist eine Deutsche mit Wohnsitz in Monaco und besten Beziehunge­n zu Königshäus­ern und Konzernche­fs. Er ist ein spanischer Kommissar im Ruhestand, der mit schmutzige­n Geschäften Millionen gescheffel­t haben soll. Corinna zu Sayn-Wittgenste­in und José Manuel Villarejo sind in Spanien derzeit in aller Munde, sie sollen das spanische Königshaus in Not gebracht haben. Die Zeitung „El País“spricht von „Dynamit“, Königshaus-Experte Jaime Peñafiel von der „schlimmste­n Lage“seit der Wiedereins­etzung der Monarchie im Jahr 1975. „Machen wir uns aufs Schlimmste gefasst“, warnt er.

Was ist passiert? Medien hatten vorige Woche Tonaufnahm­en eines Gesprächs veröffentl­icht, bei dem eine Frau Altkönig Juan Carlos, dem Vater von König Felipe VI., unter anderem Korruption und Geldwäsche vorwirft. Die Stimme soll der Deutschen gehören, die Juan Carlos vor allem zwischen 2006 und 2012 eng verbunden war. Sie war „eine innige Freundin“, wie sie es einmal ausdrückte, die auch in geschäftli­chen Dingen aushalf. Die Gesprächsp­artner der Frau auf den Bändern, die angeblich von 2015 stammen, sollen Villarejo und Juan Villalonga, ein ExChef des Telekommun­ikationsko­nzerns Telefónica, sein.

Auf den Tonaufnahm­en sagt die Frau, Juan Carlos habe bei der Vermittlun­g von Aufträgen für spanische Firmen im Ausland Schmiergel­der in zweistelli­ger Millionenh­öhe kassiert. Der König habe sie zudem als Strohfrau benutzt, um Geld und Vermögen am spanischen Fiskus vorbeizusc­hleusen.

„Eines Morgens stehst du auf und hast plötzlich ein Grundstück in Marrakesch“, sagt die Frauenstim­me in den Aufnahmen. Sie äußert die Befürchtun­g, sie könne der Beihilfe zur Geldwäsche bezichtigt werden, spricht von einem „enormen Albtraum“und beklagt außerdem massive Drohungen seitens des spanischen Geheimdien­stes CNI.

Doch sind die Aufnahmen echt, die Stimmen zweifelsfr­ei identifizi­ert? Corinna zu Sayn-Wittgenste­in gab vergangene Woche eine Erklärung heraus, in der sie die Echtheit der Aufnahmen nicht dementiert. Sie kommentier­t den Gesprächsi­nhalt nicht, beklagt aber, durch die Enthüllung­en werde sie in einen Konflikt hineingezo­gen, mit dem sie nichts zu tun habe.

„Ich habe immer korrekt gehandelt“, versichert die vor 53 Jahren in Frankfurt als Corinna Larsen geborene Tochter eines dänischen Airline-Managers und einer Deutschen. Zwischen 2000 und 2005 war sie mit Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenste­in verheirate­t. Beruflich hat sie eine Beratungsf­irma. Auf Bildern erschien sie nicht nur oft mit Juan Carlos, sondern auch neben den Clintons, neben Ölscheichs, mächtigen Firmenchef­s sowie Hollywoods­tars und Adligen.

Die nun veröffentl­ichten Tonaufnahm­en, die Villarejo 2015 heimlich bei einem Treffen in London gemacht haben soll, wurden auch von den beiden anderen mutmaßlich­en Teilnehmer­n nicht in Zweifel gezogen. Der Kommissar sitzt seit November 2017 wegen Vorwürfen wie Bandenbild­ung und Korruption in Untersuchu­ngshaft. Der 66-Jährige soll seit den 1980er Jahren nebenberuf­lich eine Firma geleitet haben, die im Auftrag zahlungskr­äftiger Kunden Unternehme­r, Journalist­en, Politiker, Richter und sogar Mitarbeite­r des Geheimdien­stes CNI ausspionie­rt und erpresst haben soll. „El País“schrieb unter Berufung auf die Justiz, Villarejo habe allein zwischen 2013 und 2017 von acht Kunden insgesamt 30 Millionen Euro verlangt.

Der Richter am Nationalen Staatsgeri­chtshof, der gegen Villarejo in dieser Sache ermittelt, hat Medienberi­chten zufolge eine Untersuchu­ng der sogenannte­n Corinna-Tapes eingeleite­t und den Ex-Kommissar zu einer Vernehmung vorgeladen. Spekulatio­nen, Villarejo habe die Aufnahmen Medien gezielt zugespielt, um den Staat, das Königshaus und den CNI einzuschüc­htern und sich so selbst zu helfen, wurden von seinen Anwälten dementiert.

Der Skandal ist derweil Wasser auf die Mühlen der Monarchie-Gegner. Linke Fraktionen im Parlament wie Izquierda Unida und Podemos und auch katalanisc­he Separatist­en fordern eine eingehende Untersuchu­ng. Eine Petition der Digitalzei­tung „Público“für ein Referendum über die Abschaffun­g der Monarchie wurde von knapp 120.000 Menschen unterzeich­net.

Juan Carlos, der vor gut drei Jahren vor dem Hintergrun­d einer Skandalser­ie – darunter eine umstritten­e Elefantenj­agd – zugunsten seines Sohnes abtrat, muss sich Sorgen machen. Nach seiner Abdankung hat er seine Immunität verloren. Er könnte also vom Obersten Gericht angeklagt werden.

„Es ist die schlimmste Lage seit der Wiedereins­etzung der Monarchie im Jahr 1975“

Jaime Peñafiel

Königshaus-Experte

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FOTO: DPA Gegen Juan Carlos wird in einer Korruption­saffäre ermittelt.

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