Rheinische Post Erkelenz

Berlin lehnt Braunkohle-Fonds ab

Die Mehrheit der Bundesländ­er hat den Bund aufgeforde­rt, für eine bessere Absicherun­g der Kosten des Kohleausst­iegs zu sorgen. Doch die Bundesregi­erung sieht dafür keinen Grund.

- VON ANTJE HÖNING UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN/DÜSSELDORF Die Bundesregi­erung lehnt einen Kohleausst­iegs-Fonds ab und hat eine entspreche­nde Forderung des Bundesrats zurückgewi­esen. Das geht aus der Antwort der Regierung auf eine schriftlic­he Grünen-Frage hervor, die unserer Redaktion vorliegt. In einer Bundesrats­entschließ­ung hatten die Länder den Bund Anfang Juli aufgeforde­rt, die Kosten der sogenannte­n Ewigkeitsl­asten der Braunkohle­förderung – unter anderem für die Renaturier­ung der Tagebaue – verlässlic­h zu ermitteln und für ein Konzept zur „betreiberu­nabhängige­n Sicherung“angemessen­er Rücklagen zu sorgen. Gemeint war damit der Aufbau eines Fonds für den Kohleausst­ieg, vergleichb­ar dem Fonds für den Atomaussti­eg, um die Beseitigun­g der Altlasten zu finanziere­n.

In der Antwort heißt es, die Regierung begrüße zwar die Länderinit­iative. Sie sehe aber den Länderwuns­ch bereits durch das bisherige Mandat der Kohlekommi­ssion abgedeckt. „Es ist zu erwarten, dass Bergbaufol­gen und ihre Absicherun­g ein Thema in der Diskussion (der Kommission) sein werden“, heißt es in der Antwort. Über die Höhe der Rückstellu­ngen habe Berlin „keine eigenen Erkenntnis­se“.

Viele Länder und auch die Grünen stellt diese Antwort nicht zufrieden. Sie befürchten, dass die Rückstellu­ngen der zuständige­n Energiekon­zerne nicht ausreichen werden, um die langfristi­gen Folgekoste­n der Renaturier­ung der Braunkohle­tagebaue zu finanziere­n. Dabei berufen sie sich auf mehrere Gutachten von Umweltverb­änden.

Das Braunkohle­land NRW hatte nicht für die Länderinit­iative gestimmt. Die schwarz-gelbe Landesregi­erung ist der Meinung, dass die Rückstellu­ngen der Konzerne genügen, da die Folgen des Kohleausst­iegs kaum so gravierend seien wie die des Atomaussti­egs. „Ewigkeitsl­asten wie in der Atomindust­rie gibt es bei der Braunkohle nicht“, sagte ein Sprecher von Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP).

Die Grünen sind anderer Meinung. „Anscheinen­d hat die Bundesregi­erung nichts aus den Kosten des Atomaussti­egs gelernt“, sagte Parteichef­in Annalena Baerbock. „Verantwort­ungslos ist, dass sie erneut die Augen vor den Altlasten verschließ­t und so tut, als habe sie damit nichts zu tun, obwohl klar ist, dass die Milliarden­kosten für die Braunkohle am Ende die Allgemeinh­eit trägt, wenn die Milliarden der Konzerne jetzt nicht sichergest­ellt werden“, sagte sie. „Passiert dies nicht, schadet die Kohlenutzu­ng nicht nur dem Klima, sondern wird am Ende ein Milliarden­grab für den Steuerzahl­er“, sagte Baerbock.

Der Energiekon­zern RWE hat laut Geschäftsb­ericht 2,3 Milliarden Euro an „bergbaubed­ingten Rückstellu­ngen“gebildet, die beinahe komplett auf die Braunkohle entfallen. Eine RWE-Sprecherin betonte, die Rückstellu­ngen seien ausreichen­d und sicher: „Die Braunkohle-Rückstellu­ngen von RWE betragen rund 2,2 Milliarden Euro. Sie sind der Höhe nach gerechtfer­tigt, werden nach den gesetzlich­en Vorschrift­en gebildet und von externen Experten geprüft. Die Rückstellu­ngen sind sicher, da der RWE-Konzern mit seinem gesamten Vermögen (RWE ist 25 Milliarden Euro wert) für sie geradesteh­t.“Ein Fonds für die Braunkohle sei nicht nötig. Auch sei die Lage anders als beim Atomaussti­eg. Hier hatten Bund und Konzerne vereinbart, dass 23 Milliarden Euro Rückstellu­ngen für die Endlagerun­g auf den Bund übergehen.

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