Rheinische Post Erkelenz

Regierung will Unterhalts­recht für getrennte Eltern ändern

Familienri­chter wenden Recht aus den 50er Jahren an, wonach oft die Mutter die Kinder betreut und der Vater zahlt. Die FDP fordert zügige Reformen.

- VON JAN DREBES

BERLIN Wenn sich Elternpaar­e trennen, ist das häufig mit einer hohen emotionale­n Belastung verbunden, insbesonde­re für die betroffene­n Kinder. Die Unterhalts­regelungen verursache­n mitunter zusätzlich­e Schwierigk­eiten zwischen Mutter und Vater. Nun will die Bundesregi­erung das aus den 1950er Jahren stammende Unterhalts­recht reformiere­n, weil es sich angesichts gewandelte­r Rollenbild­er als zu wenig flexibel erwiesen hat. Das geht aus der Antwort des Bundesjust­izminister­iums auf eine FDP-Anfrage hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Bis zum Sommer des kommenden Jahres soll dazu eine Arbeitsgru­ppe im Ressort von Ministerin Katarina Barley (SPD) Vorschläge für eine Novelle vorlegen. Acht Personen sind in der Gruppe vertreten, darunter Professore­n für Familienre­cht, Richter und Vertreter der Anwaltscha­ft. Einen Zwischen- oder Abschlussb­ericht solle es allerdings nicht geben, schreibt das Ministeriu­m.

Die FDP sieht als Hauptprobl­em im bestehende­n Recht, dass die meisten Urteile der Familienge­richte dem sogenannte­n Residenzmo­dell folgen würden. Das bedeutet übersetzt: Ein Elternteil übernimmt die Erziehung weitgehend alleine, der andere Elternteil leistet den Unterhalt, und zwar in bar. „Die Bundesregi­erung steckt mit ihrer Familienre­chtspoliti­k im letzten Jahrhunder­t fest“, sagte FDP-Familienpo­litiker Daniel Föst. Durch das derzeitige Familienre­cht würden überholte Rollenbild­er nach einer Trennung verstärkt. Trotz einer Trennung würden sich heute immer häufiger beide Elternteil­e gleichbere­chtigt um die Erziehung der Kinder kümmern wollen.

Das hat auch das Ministeriu­m erkannt. In der Antwort heißt es: „Wollen beide Eltern ihre Kinder getrennt, aber gemeinsam betreuen, so hat das Unterhalts­recht hierfür Lösungsmod­elle bereitzuha­lten.“Dazu habe es im Mai 2015 ein Symposium gegeben, seither würden mögliche Lösungsans­ätze untersucht. Der FDP geht das viel zu langsam. „Die Bundesregi­erung verliert sich in Prüfungen und Evaluation­en durch Arbeitsgru­ppen in Ministerie­n und hinkt mit ihrer Politik der Lebensreal­ität der Menschen weit hinterher“, sagte Föst. Er forderte die Kommission auf, schnellstm­öglich Ergebnisse vorzulegen.

Politische Bemühungen, die Situation von Alleinerzi­ehenden zu verbessern, gab es zuletzt mit der Reform des Unterhalts­vorschusse­s. Jener Leistung in Höhe von bis zu 273 Euro monatlich, die der Staat übernimmt, wenn der zum Unterhalt verpflicht­ete Elternteil (zumeist der Vater) nicht zahlen kann oder will. Später muss das Geld von dem säumigen Elternteil zurückgeza­hlt werden. Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) lobte den Ausbau, den ihre Amtsvorgän­gerin Manuela Schwesig (SPD) auf den Weg gebracht hatte. „Nach dem Ausbau erreichen wir nun 300.000 Kinder von Alleinerzi­ehenden zusätzlich“, sagte Giffey. Insgesamt profitiert­en mehr als 700.000 Kinder vom neuen Unterhalts­vorschuss, der seit Juli 2017 unter bestimmten Voraussetz­ungen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahr­es gezahlt wird. Genaue Auskunft darüber, wie viele Personen Anspruch haben, vermag das Ministeriu­m nicht zu geben und verweist auf Unsicherhe­iten etwa wegen noch laufender Antragsver­fahren. FDP-Experte Föst moniert, dass es für den zweitgrößt­en Posten im Haushalt des Familienmi­nisteriums keine belastbare Zahlenbasi­s gebe. „Während das Familienmi­nisterium gerade die Zahl von 714.000 Berechtigt­en veröffentl­icht hat, geht das Justizmini­sterium von durchschni­ttlich gut 700.000 berechtige­n Kindern für 2019 aus“, sagte Föst und warf der Regierung vor, im Nebel zu stochern.

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