Aufspaltung soll Siemens schneller machen
Joe Kaeser gibt den Industriesparten mehr Freiheiten. Doch den Anlegern geht die Strategie nicht weit genug.
MÜNCHEN Aus fünf sollen drei werden – so sieht es die neue Strategie von Siemens vor, die den bezeichnenden Namen „2020+“trägt. Bezeichnend, weil der 61-jährige Siemens-Chef Joe Kaeser 2021 seinen Chefposten räumen will. Offenbar soll die neue Strategie über ihn hinaus das Unternehmen prägen. Die Pläne sehen vor, aus den bislang fünf Unternehmensbereichen drei zu machen. Diese sollen mehr Freiheiten und Handelsspielräume bekommen, also weitgehend eigenständige Unternehmensteile bilden.
Die drei neuen Einheiten sind Digitale Industrien, Infrastruktur- und Gebäudetechnik und Energie. Kaeser begründete die Neuordnung mit den rasanten globalen Veränderungen, auf die sich der Konzern einstellen müsse. „Es wäre unverantwortlich, wenn wir uns jetzt auf den erreichten Erfolgen ausruhen würden“, sagte Kaeser.
Wie groß die Freiheiten der neuen Unternehmenteile sein werden, ließ der machtbewusste Konzernchef aber offen. Mit dieser Zukunftsstrategie soll Siemens schneller wachsen und profitabler sein. So strebt Siemens für die in Zukunft eigenständigeren Unternehmenssparten operative Umsatzrenditen von elf bis 15 Prozent an. Vorher peilte Siemens nur elf bis zwölf Prozent an. Auf der anderen Seite soll die Siemens-Zentrale in München schlanker werden. Mitarbeiter und Kompetenzen sollen von dort in die neuen Bereiche wandern.
Konkrete Zahlen nannte Siemens noch nicht. Entsprechend enttäuscht reagierten die Anleger: Die Siemens-Aktie war mit einem Verlust von fast fünf Prozent der größte Verlierer im Dax. Der „große Wurf“sei das nicht, urteilte Sven Diermeier Analyst bei Independent Research. „Man muss die Balance finden zwischen dem Machbaren und dem Wünschenswerten“, so Kaeser. Einsicht des Mannes, der einst dafür plädierte, Gemischwarenläden wie Siemens aufzulösen. Und das hat er auch getan: So hat er die Siemens-Windkraft mit der spanischen Gamesa fusioniert, er hat Healthineers, die Gesundheitssparte an die Börse gebracht und er hat die Weichen gestellt für die Fusion der Siemens-Zugsparte mit dem französischen TGV-Produzenten Alstom.
Die drei eigenständigen Töchter Healthineers, Siemens-Gamesa und das künftige Gemeinschafts-Unternehmen für Bahntechnologien sollen neben den drei künftigen operativen Siemens-Unternehmensbereichen stehen. Damit wählt Siemens einen Mittelweg zwischen dem früheren „Gemischtwarenladen“und einer Holding mit unabhängigen Töchtern.
Daneben gerieten die Quartalszahlen zur Nebensache: Der Umsatz stagnierte, der Gewinn unter dem Strich gab auch aufgrund einer höheren Steuerquote um 14 Prozent auf rund 1,2 Milliarden Euro nach. Unauffällig profitabel könnte man dazu sagen.