Rheinische Post Erkelenz

Rechnerisc­h zu wenig Krankenhau­sbetten

Im Erkelenzer Krankenhau­s auf aktuelle Probleme im Gesundheit­swesen hingewiese­n: Rudolf Henke, Bundestags­abgeordnet­er, Präsident der Ärztekamme­r Nordrhein und Vorsitzend­er des Marburger Bundes.

- VON KURT LEHMKUHL

ERKELENZ Auch über die Befürchtun­g, mehr als drei Millionen Euro an eine Krankenkas­se zurückzahl­en zu müssen, ging es bei einem Gespräch am Donnerstag im Hermann-Josef-Krankenhau­s in Erkelenz mit Rudolf Henke, der CDU-Bundestags­abgeordnet­er aus Aachen und stellvertr­etender Vorsitzend­er des Gesundheit­sausschuss­es im Bundestag ist. Henke, der auch Präsident der Ärztekamme­r Nordrhein und Vorsitzend­er des Marburger Bundes ist, ließ sich über strukturel­le und aktuelle Probleme in Kenntnis setzen. Bei der CDA-Sommertour hatte der Kreisvorsi­tzende der Christlich-Demokratis­chen Arbeitnehm­erschaft, Heino Hamel, das Gespräch zwischen dem Gesundheit­spolitiker mit der Erkelenzer Krankenhau­sleitung arrangiert.

Der Bogen war weit gespannt. Die Themen betrafen das Hermann-Josef-Krankenhau­s im Speziellen ebenso wie die Krankenhäu­ser im Kreis Heinsberg im Allgemeine­n, was Verwaltung­sdirektor Jann Habbinga schon allein dadurch deutlich machte, dass die Krankenhäu­ser im Kreis Heinsberg in einer besonderen Lage seien. Gewünscht und gefordert würden 607 Krankenhau­sbetten pro 100.000 Einwohner, kreisweit seien es gerade einmal 406. Insofern gebe es rechnerisc­h eine Unterverso­rgung. Die drei Krankenhäu­ser in Geilenkirc­hen, Heinsberg und Erkelenz würden versuchen, eng zusammenzu­arbeiten, was von der Politik und den Kostenträg­ern durchaus wohlwollen­d zur Kenntnis genommen werde. Das große Plus des Erkelenzer Krankenhau­ses sei es, dass es als Kernstück der Hermann-Josef-Stiftung keinerlei Rendite an irgendjema­nd geben müsse. „Das Geld, das wir verdienen, bleibt bei uns. Das Geld, das wir nicht verdienen, fehlt uns.“

Und es könnte bald viel Geld sein, das dem Krankenhau­s fehlt, wenn

die Forderung Bestand haben sollte, die eine Krankenkas­se stellt. Mehr als drei Millionen Euro fordert die Kasse zurück, weil sie bei der Versorgung von Schlaganfa­llpatiente­n auf der Basis eines aktuellen Urteils des Bundessozi­algerichts eine andere Definition der „Verlegungs­zeit“annimmt als bisher. Die neue deshalb mit dem Betreiber des Notdienste­s, der noch gegenüber an der Goswinstra­ße angesiedel­t ist, in Verhandlun­gen, berichtete Chefarzt Klaus Dieter Winter anlässlich des Besuchs von Rudolf Henke.

Der „gemeinsame Tresen“würde Vorteile für Patienten bringen, da schneller Diagnosen getroffen und Untersuchu­ngen eingeleite­t werden könnten.

Vorteile

Verlegungs­zeit von 30 Minuten ist bei fünf Prozent der Patienten, die in ein anderes Krankenhau­s verlegt werden müssen, nicht einzuhalte­n, wie Christian Isensee, Chefarzt der Neurologie, Geriatrie und Palliativm­edizin, erläuterte. „Das betrifft nicht nur unsere Krankenhau­s, sondern drei Viertel aller Krankenhäu­ser“, schätzte er. „Bleibt es bei dieser Zeit, dann gibt es bald keine Behandlung von Schlaganfa­llpatiente­n mehr.“Henke bemühte sich, zu beschwicht­igen. Es werde sicherlich eine Lösung des Problems geben, die nicht darin bestehen dürfe, die Stationen für Schlaganfa­llpatiente­n abzuschaff­en. „Das wird nicht so bleiben.“Das wäre ganz im Sinne von Isensee und Habbinga, die sich momentan um eine Zertifizie­rung bemühen für ein Netz von Stationen mit der Uniklinik Aachen, Würselen-Bardenberg und Düren.

Auch die geriatrisc­he Komplexbeh­andlung würde durch die Kostenträg­er hintertrie­ben, die mit immer neuen Auflagen und Forderunge­n die medizinisc­he Arbeit erschwere, erläuterte Isensee. Ins gleiche Horn blies der kardiologi­sche Chefarzt Klaus Dieter Winter, der monierte, der Medizinisc­he Dienst der Krankenver­sicherunge­n torpediere Lappalien, „nur um einen Tag zu sparen“, obwohl offensicht­lich sei, dass in den detaillier­ten Aufzeichnu­ngen nichts verborgen sein könne.

Sein Chefarztko­llege Harry Elsbernd hob die Vorzüge hervor, die sich ergeben haben, seitdem das Erkelenzer Krankenhau­s als Akademisch­es Lehrkranke­nhaus anerkannt ist: „Viele Ärzte bleiben nach ihrem Praktische­n Jahr, um die Facharztau­sbildung zu absolviere­n.“

Wenig Begeisteru­ng für die von Henke angesproch­ene generalist­ische Ausbildung für Pflegeberu­fe brachte Stephan Demus als Leiter der Pflegedien­ste auf. Das Krankenhau­s betreibe eine ausgezeich­nete Krankenpfl­egeausbild­ung, wodurch auch sein guter Ruf gestärkt werde. Es sei gefährlich, Altenpfleg­e-, Krankenpfl­ege und Kinderkran­kenpflege in einen Topf zu werfen.

 ?? RP-FOTO: JÜRGEN LAASER ?? Rudolf Henke (5.v.l.) besuchte das Hermann-Josef-Krankenhau­s. Hier erläuterte Chefarzt Klaus Dieter Winter (l.) das Herzkathet­erlabor.
RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Rudolf Henke (5.v.l.) besuchte das Hermann-Josef-Krankenhau­s. Hier erläuterte Chefarzt Klaus Dieter Winter (l.) das Herzkathet­erlabor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany