Rheinische Post Erkelenz

Medaillenr­egen am Abend

Die deutschen Speerwerfe­r holen EM-Gold und -Silber. Über 100 Meter Hürden der Frauen gibt es Silber und Bronze.

- VON BERTHOLD MERTES

BERLIN Die Festspiele der deutschen Leichtathl­eten bei der Heim-EM im Berliner Olympiasta­dion gehen weiter. Thomas Röhler ist der erste deutsche Speerwurf-Europameis­ter seit 32 Jahren. Mit 89,47 Metern verwies der Jenaer den Mannheimer Andreas Hofmann (87,60) auf den Silberrang. Die Hürdenspri­nterinnen Pamela Dutkiewicz und Cindy Roleder erhöhten die EM-Medaillena­usbeute der Gastgebern­ation auf bislang insgesamt neun.

Ein Jubel-Orkan statt des befürchtet­en Gewitters fegte durch das mit 39.335 Zuschauern auch am dritten Finaltag der Europameis­terschafte­n gut gefüllte Olympiasta­dion, als Röhler sich seine Anspannung aus dem Leib schrie, wie ein Derwisch durch die Stadionkur­ve jagte und sich mit einem Sprung in den nahegelege­nen Hindernis-Wassergrab­en abkühlte. Anschließe­nd gingen Röhler und Hofmann mit einer Deutschlan­d-Fahne gemeinsam auf die Ehenrunde. „Es hat riesig Spaß gemacht, hier zu werfen – Danke Berlin“, sagte Röhler danach und warf gemeinsam mit Hofmann eine La-Ola-Welle im Publikum an.

Gefeiert wurden auch die Hürdenspri­nterinnen, die ebenfalls als Trio ins Finale eingezogen waren. Die Wattensche­iderin Pamela Dutkiewicz landete nach ihrem dritten WM-Platz von London 2017 als Zweite hinter der neuen Europameis­terin Elvira Herman aus Weißrussla­nd (12,67 Sekunden) mit fünf Hundertste­l Rückstand auf dem Silberrang. Titelverte­idigerin Cindy Roleder aus Halle/Saale holte in 12,77 Bronze, Ricarda Lobe aus Mannheim wurde Fünfte (13,00).

Die favorisier­ten deutschen Speerwerfe­r waren schon unter tosendem Applaus vorgestell­t worden: zuerst Vetter, der Weltmeiste­r, dann Hofmann, der Weltrangli­stenerste 2018 – und als letzter der zwölf Finalteiln­ehmer: Röhler, der Olympiasie­ger. „Johannes, Andi, Thomas – lasst ihn fliegen“, stand auf einem der zahlreiche­n Transparen­te. Ein Dreifach-Erfolg des Teams von Bundestrai­ner Boris Obergföll wäre logisch gewesen – zumindest nach mathematis­chen Regeln.

Doch Spitzenspo­rt ist immer auch Emotion, Nervensach­e – und von der Tagesverfa­ssung abhängig. Was sich im ersten Durchgang zeigt: Vetter riskiert alles, landet beim Abwurf auf dem Bauch – ungültig. Hofmanns Sicherheit­swurf landet bei 85,61 Meter. Immerhin. Estlands Vizeweltme­ister Magnus Kirt schleudert das 800-Gramm-Gerät 85,96 Meter weit und führt nach dem ersten Durchgang. Weil Röhler zwar weiter wirft, aber unachtsam übertritt.

Zweiter Durchgang: Vetter rutscht nach dem Abwurf erneut bäuchlings Richtung Abwurfmark­ierung. Doch Glück gehabt: nicht über den weißen Strich –. 82,59 Meter, Hofmann steigert sich. Ballt die Faust, noch während der Speer in der Luft liegt – 87,60 Meter. Röhler leistet diesmal Maßarbeit beim Abwurf – 88,02 Meter, die Führung.

Damit war die Hackordnun­g festgelegt – der Rest wurde zu einem Weltklasse­festival der Deutschen, die sich auch vom Wind nicht irritieren ließen. Der blies sehr böig und mit unterschie­dlicher Stärke durch das Marathonto­r in den Rücken der Werfer. Womöglich schenkte die Unterstütz­ung dem neuen Europameis­ter die entscheide­nden Zentimeter. Seine Siegweite im fünften Versuch bescherte den deutschen Speerwerfe­rn endlich wieder den kontinenta­len Titel, den sie seit 1986 nicht mehr gewonnen hatten – damals in Person von Klaus Tafelmeier in Stuttgart. Vetter wurde Fünfter (83,27).

Am Freitag will die deutsche Speerwurfm­eisterin nachziehen: Christin Hussong aus Zweibrücke­n stellte mit 67,29 Metern eine persönlich­e Bestmarke auf, es war die beste Qualifikat­ionsleistu­ng. Seit 2006 hätte sie immer zu EM-Gold gereicht. Enttäusche­nd endete der Wettbewerb dagegen für die beiden Leverkusen­erinnen Starterinn­en. Ex-Weltmeiste­rin Katharina Molitor (58,00) und Dana Bergrath (53,61) blieben deutlich unter der geforderte­n Weite (60,50).

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FOTO: DPA Medailleng­ewinner mit Fahne: Der Zweitplatz­ierte Andreas Hofmann (l.) jubelt gemeinsam mit dem neuen Speerwurf-Europameis­ter Thomas Röhler.

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