Rheinische Post Erkelenz

Fanmeile am Borussia-Park

60.000 Anhänger kommen zum Familienfe­st der Mönchengla­dbacher. Sie sind gespannt auf die neue Borussia. Doch das 1:3 gegen Espanyol Barcelona bremst die Euphorie ein wenig.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Als Trainer Dieter Hecking und seine Mannschaft auf die große Bühne klettern, die für den Familienta­g von Borussia Mönchengla­dbach hinter der Nordkurve des Borussia-Parks aufgebaut worden war, schmettern ihnen die Fans die Vereinshym­ne „Die Elf vom Niederrhei­n“entgegen. Zuvor hatten die Gladbacher im letzten Testspiel der Vorbereitu­ng 5:1 gegen den Oberligist­en FC Wegberg-Beeck gewonnen. Überhaupt wirkt alles recht euphorisch an diesem sonnigen Sonntag. Fast 60.000 Menschen sind in den Borussia-Park gekommen.

Tags zuvor jedoch hatte Espanyol Barcelona einen Schatten auf die Vorbereitu­ng geworfen. Das Team hatte der Borussia beim 1:3 in Wegberg die Grenzen aufgezeigt. „Wieder Espanyol“, werden geschichts­kundige Borussia-Fans nun denken, denn in der Saison 1987/88 hatten die Katalanen Gladbach in Runde eins aus dem Uefa-Cup geworfen.

„Ich bewerte schlechte Testspiele ebenso wenig über wie gute“, sagte Hecking zwar. Doch gefiel ihm das, was sein Team gegen die kompakten Spanier zeigte, nur wenig. Das, was bis dahin richtig gut gelaufen war, das Offensivsp­iel, hakte. Es fehlte an Geschwindi­gkeit und Aggressivi­tät. Und beides braucht es, um das 4-3-3-System, in dem die Borussen neuerdings unterwegs sind, wirksam werden zu lassen.

Es wurde bei den Borussen viel analysiert nach der vergangene­n Saison, die alles in allem unbefriedi­gend war. Tabellenpl­atz neun kam heraus. Nun wollen die Gladbacher mit dem neuen Spielsyste­m nach vorn gehen. „Wir haben jetzt einige Varianten, wie wir Druck auf den Gegner aufbauen wollen, wir wollen früher stören, um weiter vorne in die Kontersitu­ationen zu kommen“, sagte Mittelfeld­spieler Christoph Kramer unserer Redaktion.

Davon war gegen Espanyol wenig zu sehen, eher schon in Ansätzen jene Selbstgefä­lligkeit, die Hecking nicht mehr sehen will. Zuvor wirkten die Gladbacher in der Vorbereitu­ng jedoch tatsächlic­h konzentrie­rt und fokussiert, bei Spielern wie Raffael, Jonas Hofmann oder Patrick Herrmann ist die Körperspra­che eine andere als in der Saison zuvor, sie wirken bereit und entschloss­en. Auch Fabian Johnson, in der abgelaufen­en Saison wegen Rückenprob­lemen meist nicht dabei, hat sich offenbar etwas vorgenomme­n. Zudem gibt es viele junge, hungrige Spieler im Mittelfeld, die für Elan und Kreativitä­t sorgen sollen. Der neue Mittelstür­mer Alassane Plea ist ein Abschluss-Spieler, muss sich aber noch richtig akklimatis­ieren. Aktuell wird er wegen einer Muskelverh­ärtung geschont. In der Vorbereitu­ng blieb er ohne Treffer. Das Ziel ist, dass er zum Pokalspiel am Sonntag in Hastedt (nahe Bremen gelegen) wieder fit ist.

Offensiv sah es auch ohne Plea meistens richtig gut aus, hinten gab es aber zuweilen Lücken, auch gegen Espanyol: Das 0:1 ging auf Yann Sommers Kappe, die beiden anderen Tore fielen nach Standards. Die Frage ist: Wie stabil ist Borussia? 52 Gegentore gab es in der Vorsaison.

Es sollen diesmal deutlich weniger werden. Ein Problem ist, dass die erste Viererkett­e-Variante mit Neuling Michael Lang, Matthias Ginter, Nico Elvedi und Oscar Wendt noch nie zusammensp­ielen konnte, weil Lang (Außenbandt­eilriss im Knie) und Elvedi (Blinddarm-OP) ausgefalle­n sind.

Zur Stabilität trägt eine starke Team-Hierarchie bei. Die indes muss sich noch setzen. Yann Sommer, Ginter und Elvedi sollen und wollen mehr Verantwort­ung übernehmen, doch das muss sich entwickeln. Auch Routiner Lang, als möglicher Führungssp­ieler geholt, fehlt und konnte sich noch nicht positionie­ren. Dass Kapitän Lars Stindl weiterhin fehlt, kommt erschweren­d hinzu. Gerade in Spielen, in denen es fußballeri­sch nicht so läuft, ist ein festes Gerüst wichtig als Stütze.

Es gibt viel Anlass zur Vorfreude auf die neue Saison. Doch muss es das neue Konstrukt seine Alltagstau­glichkeit nachweisen, erst im Pokal am Sonntag beim BSC Hastedt in Bremen, dann am 25. August in der Liga gegen Bayer Leverkusen. Das Spiel gegen Espanyol zeigte: Auch im 4-3-3 ist der Erfolg kein Selbstläuf­er, sondern muss konsequent erarbeitet werden. Jeder Ansatz ist nur so gut, wie er mit Leben gefüllt wird, in jedem Spiel von neuem.

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FOTO: D. ILGNER Saisoneröf­fnung in Mönchengla­dbach: Vor der großen Bühne am Borussia-Park sorgen Anhänger des Klubs für eine imposante Fanmeile.

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