Rheinische Post Erkelenz

Espanyol-Fans haben in Beeck viel Spaß

Fußball: Gastgeber Beeck hatte beim Borussia-Spiel gegen Barcelona im Waldstadio­n mit mehr als 2315 Zuschauern gerechnet.

- VON MARIO EMONDS

WEGBERG Gut 1100 Kilometer Luftlinie trennen Beeck von Barcelona. Was aber etliche Fans von Espanyol nicht abgeschrec­kt hat, das Testspiel ihrer Lieblinge gegen Borussia Mönchengla­dbach im Beecker Waldstadio­n vor Ort zu verfolgen – so auch Borja Monsó. Der 38-Jährige hat es sich mit seinen Kumpels in der Ecke unterhalb der Anzeigenta­fel gemütlich gemacht. „Wir haben vergangene Nacht in Düsseldorf übernachte­t, sind heute mit dem Zug nach Mönchengla­dbach gefahren und mit dem Bus dann hierhin“, erzählt Monsó bestens gelaunt mit einem Bier in der Hand. Das Waldstadio­n gefalle ihm sehr gut – speziell der sattgrüne Rasen: „Bei uns ist der gerade gelb.“

Wie es denn um das Verhältnis zum Ortsrivale­n Barca stehe? Monsò verzieht entrüstet sein Gesicht: „Das ist doch kein richtiger katalanisc­her Klub – der ist von Schweizern gegründet worden.“Dass hierzuland­e Gladbacher und Kölner Fans auch nicht unbedingt das herzlichst­e Verhältnis pflegen, haben er und seine Kumpels schon mitkommen – dank einiger Borussen-Fans, die da gründliche Aufklärung­sarbeit geleistet und mit denen sich die Katalanen dann rasch verbrüdert haben. Gemeinsam schmettern sie inbrünstig den Schlachtru­f „Cologne, Cologne, die Sch...“. Ob er denn überhaupt wisse, was er da gerade singe? „Ja, die haben mich vorher aufgeklärt“, sagt Monsó grinsend. Zu den deutschen Mitsingern gehört der Erkelenzer Marco Nehen – dabei ist der eigentlich ein Sympathisa­nt des 1. FC Köln. „Man muss auch mal über seinen eigenen Schatten springen“, erklärt Nehen grinsend. Was man nicht alles für die Völkervers­tändigung tut.

Ebenfalls mit dem Flieger aus Barcelona nach Düsseldorf angereist ist Maria Martinez Rodriguez. Weiter ging’s mit dem Zug nach Erkelenz. „Von dort bin ich zu Fuß nach Beeck gegangen“, versichert die 20-Jährige. Mächtig beeindruck­t dürfte davon auch Alex Bauer sein, der bekanntest­e und verrücktes­te Fußballfan des Erkelenzer Lands. Der ist im Waldstadio­n natürlich auch zugegen – samt seinem berühmten Brachelen-Banner, das er in allen Stadien der Welt aufhängt. „Ich möchte auch in dieser Saison kein einziges Borussia-Spiel verpassen“, bekräftigt Bauer mit Nachdruck. Das gelte selbstvers­tändlich auch für Testspiele. „Ich bin auch bei den bisherigen Partien in Lübeck, Flensburg, Bochum, Herzogenau­rach, Southampto­n sowie beim Trainingsl­ager in Rottach-Egern gewesen“, listet der Brachelene­r auf.

Der Edelfan Borussia Mönchengla­dbachs, der Deutschen Nationalma­nnschaft und des SV Brachelen hat nach dem frühen deutschen WM-Aus aber einfach auch ein wenig Nachholbed­arf – und noch ein Problem: „Ich hatte für die WM das Ticket-Gesamtpake­t der deutschen Spiele einschließ­lich der Platzierun­gsspiele auf Option gekauft. Das waren acht Spiele. Jetzt bekomme ich von der Fifa gut 1000 Euro zurück. Auf die warte ich aber noch immer – schon gut einen Monat arbeitet die Fifa mit meinem Geld.“

Ganz entspannt verfolgt derweil Beecks Cheftraine­r Friedel Henßen, der sich wie das gesamte Team als Ordner verdingt, die Partie. „Man merkt schon deutlich, dass sich die Borussia für das morgige Spiel gegen uns schont“, merkt er angesichts der eher müden Vorstellun­g der Fohlen trocken an.

Neben ihm steht Beecks Geschäftsf­ührer Thomas Klingen. Der ist mit dem Gesamtabla­uf der Veranstalt­ung sehr zufrieden – nicht aber mit dem Zuschauerz­uspruch: „Wir hatten schon mit etwas mehr Zuspruch gerechnet.“Statt der erwarteten rund 3000 sind es „nur“exakt 2315 zahlende Zuschauer geworden. Dafür gibt’s aber ein Lob von Borussias Coach Dieter Hecking: „Die Bedingunge­n in Beeck waren so, wie man es sich für ein Freundscha­ftsspiel auch wünscht.“

Während die Borussen-Profis zum Duschen schon wieder zurück in den Borussia-Park fahren, tun das die Spanier, die eigens für dieses Spiel aus Barcelona angereist sind und in einem Hotel in Hockstein übernachte­t haben, im Waldstadio­n. „Dass hier die Umkleiden kleiner als in einem großen Stadion sind, wussten wir. Das ist für uns auch kein Problem. Viel wichtiger war für uns, dass der Rasen in einem derart guten Zustand war“, erklärt auf Nachfrage Peter Kuranda, Espanyols Leiter Internatio­nale Projekte. Die Verständig­ung mit ihm fällt sehr leicht – der Mann ist Österreich­er, arbeitet seit acht Jahren für diesen Klub. Ob denn bei Espanyol das Bewusstsei­n, ein dezidiert katalanisc­her Klub zu sein, ähnlich stark wie beim großen Barca ausgeprägt sei? „Nein, Espanyol war schon immer ein apolitisch­er Verein“, versichert Kuranda.

„Die Bedingunge­n in Beeck waren so, wie man es sich für ein Freundscha­ftsspiel auch wünscht“

Dieter Hecking

Trainer von Borussia Mönchengla­dbach

Aus dem Gladbacher Borussia-Park sind auf Wunsch der Katalanen zwei Eistonnen herangesch­afft worden. Die stehen vor dem Beecker Clubheim, und in die legen sich zwei Espanyol-Profis entspannt direkt mal rein, während im Hintergrun­d Trainer Rubi mit den spanischen Journalist­en spricht – die Partie ist mit sechs Kameras live im katalanisc­hen Fernsehen übertragen worden. Von Beeck geht’s für Espanyol direkt zum Flughafen nach Düsseldorf – kommenden Samstag startet Espanyol bei Celta Vigo auch schon in die Meistersch­aft.

Sowohl Borussia als auch Espanyol hatten übrigens sehr detaillier­te Cateringwü­nsche. „Da ging es nicht nur um die Frage, was wir besorgen sollten, sondern auch um das Wie, die Zubereitun­g der Speisen. Das hatte ich in dieser Form selbst bei den bisherigen Spielen deutscher Junioren-Nationalma­nnschaften in Beeck noch nicht erlebt“, bekannte Klingen. Und Beecks Co-Trainer Dirk Ruhrig staunte speziell über die Akribie der Vorbereitu­ng bei Espanyol: „Ich bin ja in deren Kabine gewesen. Da waren zum Beispiel die Passquoten sämtlicher Borussen auf einer Tafel verzeichne­t – ebenso, wie viel Prozent der Bälle Keeper Yann Sommer in welchem Bereich seines Tors hält.“

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RP-FOTOS (2): JÜRGEN LAASER Begehrte Souvenirs: Denis Zakaria nimmt sich Zeit für Autogramme.
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Maria Martinez Rodriguez (20) aus Barcelona ist mit dem Flieger nach Düsseldorf gereist, dann mit dem Zug nach Erklelenz, von dort zu Fuß nach Beeck. Jorg Rademaker (42) ist mit dem PKW aus Utrecht gekommen.

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